Seit Jahrzehnten greift die US-Erfolgsserie Die Simpsons gesellschaftliche Fragen auf. Auch das Thema Homosexualität diskutiert sie - lange Zeit unbemerkt vom breiten Publikum. Das analysiert der Autor Erwin In het Pnhuis in seinem Buch "Hinter den schwulen Lachern: Homosexualität bei den Simpsons". Für die Huffington Post hat er die wichtigsten Thesen zusammengestellt.
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Religion spielt in den USA eine größere Rolle als in Europa. Die Vereinbarkeit von Homosexualität und Glauben und die Homo-Ehe werden in den USA kontrovers diskutiert. Bei den Simpsons ist die Kirche sehr präsent, was u. a. daran zu erkennen ist, dass die Protagonisten jeden Sonntag in die Kirche gehen, auch wenn sie meistens unkonzentriert sind und zum Teil sogar einschlafen.
Obwohl fast alle Weltreligionen in der Serie vorkommen, wird Homosexualität und Religion fast ausschließlich in Verbindung mit der protestantischen Kirche behandelt. Viele Szenen stehen in Verbindung mit dem christlichen Fundamentalisten Ned Flanders und in neueren Folgen mit der Homo-Ehe.
Die Homo-Ehe und registrierte Partnerschaften
Am offensivsten ist die schwul-lesbische Hochzeitsfolge Drum prüfe, wer sich ewig bindet (16/10), die sich in der Tendenz für die Homo-Ehe ausspricht. Bei der Kritik geht es vor allem um eine befürchtete Abwertung der bürgerlichen Ehe und um die Frage, welche weiteren Verbindungen in Zukunft wohl ebenfalls der Ehe gleichgestellt werden könnten. Der Zeitpunkt für diese Folge war gut gewählt, weil im Monat der Erstausstrahlung (Februar 2005) auch im wichtigen Nachbarland Kanada ein Gesetz über die Anerkennung von Lebenspartnerschaften eingeführt wurde.
Die Simpsons waren die erste Zeichentrickserie, die sich so intensiv mit der Homo-Ehe beschäftigte, andere Serien zogen erst später nach. Sowohl hier als auch in anderen Folgen machen sich die Simpsons ironisch über die Ängste von Gegnern der Homo-Ehe lustig. Mit der politisch aktuellen Zeitungsschlagzeile Massachusetts erlaubt gleichgeschlechtliche Ehe (16/8) wurde die Homo-Ehe optisch mit dem Fegefeuer und damit mit dem Ende der Welt in Verbindung gebracht.
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Die Botschaft ist klar: Die Welt wird mit der Einführung der Homo-Ehe nicht untergehen. Die Homo-Ehe wird aber meistens eher wie ein privates und weniger wie ein politisches Thema behandelt. Selbst die Hochzeit zwischen Abraham Lincoln und George Washington (20/4) ist, trotz deutlich emanzipatorischer Züge, von einem politischen Statement weit entfernt. Die Segnung oder Trauung in einer Kirche und die amtlich registrierten Partnerschaften lassen sich weder in der öffentlichen Diskussion noch bei den Simpsons klar voneinander trennen. So ist mal von Smithers Verpartnerungs-Zeremonie und mal von seiner Homo-Hochzeit die Rede (20/1).
Weitere christliche Motive
Dass die Simpsons regelmäßig in die Kirche gehen, bedeutet nicht, dass sie einen christlichen Lebenswandel führen. Ganz im Gegenteil. Wenn sich Homer mit gekreuzten Fingern wünscht, dass sich Flanders als schwul outet (Kinofilm), wird sein Aberglauben sogar sehr deutlich. Homers Äußerungen über das Christentum wie Liebe Deinen Nächsten. Das klingt ja wie ein Schwulen-Porno (18/9) wirken in erster Linie respektlos. In einigen Fällen wird der St. Patrick's Day in einem schwulen Zusammenhang erwähnt (7/1; 8/18, 20/1), was daran liegt, dass Schwule bei diesen Feierlichkeiten gezielt ausgeschlossen werden.
In anderen Szenen im christlich schwulen Kontext greifen die Produzenten auf leicht zuzuordnende christliche Themen zurück. So wird die Hölle mit dem Teufel mehrfach als Kulisse für ironisch gebrochene Gruselgeschichten eingesetzt. Burns wird manchmal als Teufel dargestellt und Abe knutscht sogar leidenschaftlich mit dem leibhaftigen Teufel herum (17/21). Der Schrecken, den die Hölle repräsentiert, ist hier eine satirische Abrechnung mit dem Christentum, das seit Jahrhunderten eine sehr ernst gemeinte Angst vor der Verdammnis verbreitet.
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Der Himmel ist selten ein Thema, u.a. in einer Folge, als Lisa in dem schwulen Theaterstück Engel in Amerika einen Engel spielt (22/1). Auch der Himmel wird nicht in einem engen christlichen Sinn thematisiert, sondern mehrfach als kitschige Kulisse für schwule Träume. Der Himmel ist mit der Hölle als abwechslungsreiche Kulisse durchaus vergleichbar. Ironischerweise wird er damit sogar austauschbar. Der Schauspieler, der Gott synchronisiert, ist übrigens der gleiche, der auch den Teufel spricht.
Fazit
Religion wird bei den Simpsons thematisiert, aber nicht praktiziert. Dabei werden die Amtskirchen in ihrer ablehnenden Haltung und die Einstellung christlicher Fundamentalisten deutlicher Kritik ausgesetzt. Konkrete Diskriminierungen, wie die Rolle der Kirche als Arbeitgeber für Schwule und Lesben, sind jedoch kein Thema und auch schwule bzw. lesbische Christen, für die ihr Glaube und ihre Sexualität einen persönlichen Konflikt darstellen, kommen nicht vor. Über alle Folgen hinweg ist jedoch ein deutlicher Appell für mehr Liberalität und weniger Fundamentalismus spürbar.
Die schwulenpolitischen Satiren, die sich erkennbar an Erwachsene richten, sind vielfältig. Sie behandeln Aspekte der sexuellen Denunziation und spiegeln u.a. parteipolitische Auseinandersetzungen wider. Lesben, denen auch bei den Simpsons weniger gesellschaftliche Relevanz unterstellt wird, sind nur in einzelnen Beiträgen zur Homo-Ehe präsent.
Sexuelle Denunzierung
Das Wissen um die Homosexualität eines Politikers wird in politischen Auseinandersetzungen gezielt ausgenutzt. Bei den Simpsons wurde ein Beitrag über das angebliche Liebesverhältnis zwischen einem republikanischen Präsidentschaftskandidaten und einem Terroristen (19/10) nicht zufällig während der (realen) Präsidentschaftsvorwahlen von 2008 ausgestrahlt. In einer anderen Szene drohen die Republikaner damit, Ted Kennedy als schwul zu outen, falls ihre Forderungen nicht durchkommen (7/18). Auch diese Szene wirkt unschuldig und verspielt, setzt sich aber ebenfalls ernsthaft mit dem Missbrauch politischer Macht auseinander.
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Demokraten und Republikaner
Der schwule Smithers betont, dass politisch-konservative Ansichten im Gegensatz zu seinem homogenen Leben stehen (Staffel 6/ Folge 5). Mit dieser unscheinbar wirkenden Formulierung nahmen die Produzenten bewusst eine politische Kontroverse zwischen Republikanern und Schwulen auf und machten damit aus Smithers privater sexueller Orientierung erstmals auch eine politische Angelegenheit. Später wird es deutlicher, als auch die schwulen Republikaner von Springfield vorgestellt werden.
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Sie sind auf der Suche nach einem Symbol für ihre Politik, ignorieren dabei aber Lisas rosa Elefanten-Luftballon (11/16). In den USA ist der Elefant das Wappentier der Republikaner und Rosa wie in Deutschland eine schwulenpolitische Signalfarbe. Der Humor entsteht hier aus dem Umstand, dass Pink elephant nur eine spöttische Fremdbezeichnung und keine Selbstbezeichnung der schwulen Republikaner ist.
US-Präsidenten
Auf Abraham Lincoln wird im schwulen Zusammenhang mehrfach eingegangen, weil über seine sexuelle Orientierung viel spekuliert wird. Er hat ein Gedicht über eine eheähnliche Verbindung zwischen zwei Männern geschrieben und ein Leibwächter durfte in seinem Bett übernachten, wenn seine Frau nicht zuhause war. Aus diesem Grund ist in der Serie von Gaybraham Lincoln (22/13) die Rede. In einer Folge heiratet Abraham Lincoln George Washington und greift später Homer ungeniert an seinen Hintern (20/4).
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Anspielungen auf US-Präsidenten sind nicht immer so direkt. Die naiv anmutende Frage von Marge: Wusstest du, dass jeder US-Präsident ein heterosexueller, weißer Mann war? (19/11) ist nur in einem politisch-subversiven Sinn ein emanzipatorisches Statement für Schwule, Schwarze und Frauen. Kann man sich eigentlich einen schwulen US-Präsidenten vorstellen? Die Simpsons haben auch dafür eine satirische Antwort: Hier setzen sich Schwule für einen schwulen US-Präsidenten im Jahre 2084 mit den Kommentar: Wir sind Realisten (11/16) ein. Auch in die aktuelle Politik wird sich bei den Simpsons eingemischt. Einige Tage vor der Präsidentschaftswahl 1996 werden die Kandidaten Bill Clinton und Bob Dole händchenhaltend gezeigt (8/1). Diese Satire bezog sich jedoch weniger auf Schwule, sondern darauf, dass die beiden großen Parteien nur selten Hand in Hand arbeiten.
Schwule in der US-Navy und US-Army
Über Homosexualität in der Armee wird in vielen Ländern leidenschaftlich diskutiert. Eine Satire über die Don´t ask, don´t tell-Richtlinie behandelt die Angst der Streitkräfte vor schwulen Soldaten (9/19). Sie ist überzeugend, weil sie politische Kritik konstruktiv mit guter Unterhaltung verbindet und eine innere Sensibilität aufzeigt. Mit Lisa Simpsons und dem schwulen Kadetten Franklin (8/25) wird parallel die Rolle von Frauen und von Schwulen in der US-Army behandelt. Auch hier wird - trotz des Klischees eines tuntigen Kadetten - deutlich, dass nicht Homosexualität, sondern nur der Umgang mit Schwulen ein Problem darstellt.
Fazit
Bei dem kritischen Blick auf das politische System der USA werden Schwule sowohl als Opfer einer konservativen Politik als auch von sexueller Denunziation angesehen. Es wird deutlich, dass sich die Serie politisch nicht neutral verhält, sondern sich in einem links-liberalen Sinn für Schwule einsetzt. Die Situation von Lesben wird dabei leider vollständig übersehen und auch HIV/Aids nahezu ausgeblendet. Insgesamt sind die politischen Satiren jedoch gelungen. Der Begriff Satire wird leider auch in Deutschland - wie bei Harald Schmidt und Stefan Raab - oft auf humoristische Beiträge bezogen, die schon bei oberflächlicher Betrachtung keine Satire sind.
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In der bisherigen Sekundärliteratur, die sich mit Themen wie Politik und Medien beschäftigten, war Sexualität bisher kein Thema. In Bezug auf Lesben ist eine Untersuchung allerdings auch kaum möglich, weil ihre Sexualität bis zur 14. Staffel komplett ausgeklammert wird und auch später so gut wie nicht vorkommt. Selbst die wenigen Küsse zwischen Frauen sind kritisch zu sehen, weil u.a. einige Küsse durch Träume verklärt sind (Staffel 14/ Folge 10; 20/11). Ein Kuss zwischen zwei Frauen aus einer Müttergruppe (22/10) wirkt zusammenhanglos und nur wie ein Blickfang für männliche Zuschauer inszeniert. Als Patty ihre „Verlobte" küsst, entpuppt sich diese als Mann (16/10). Wesentlich aufschlussreicher ist der Umgang der Serie mit Schwulen.
Küsse unter Männern
Mit Küssen unter Männern - wie zwischen Abraham Lincoln und George Washington (20/4) - soll erkennbar provoziert werden. Der Kuss zwischen Homer und dem schwulen Karl (2/2), soll 1990 der erste schwule Kuss im US-Fernsehen und in einer Zeichentrickserie gewesen sein. Mit einer entsprechenden schwulen Rezeption wird auch kalkuliert, wenn für Milhouse (15/20), Moe (18/13) und Homer (19/9) die ersten Küsse in ihrem Leben gleichgeschlechtliche Küsse waren.
Die Küsse zeigen aber auch Grenzen auf. Mit Ausnahme des Kusses zwischen zwei Polizisten im Simpsons-Kinofilm sind sie nie als intime private Momente inszeniert. Küsse zwischen schwulen Männern sind erst seit einigen Jahren zu sehen.
Umgang mit äußeren Geschlechtsteilen
Der Penis ist im schwulen Kontext zumindest sprachlich sehr präsent. Die Namen der Schwulendisco P. F. Wangs (21/23) und des Ladens Cockamamies (8/15) vom schwulen John leiten sich (auch) von den Begriffen Wang und Cock für Penis ab. Die eingesetzten Metaphern sind unterschiedlich und sollen in einigen Fällen auch von Kindern verstanden werden. So fragt z.B. Bart seinen Mitschüler Martin Prince, ob er wirklich scharf darauf ist, seinen Pinsel anzufassen (19/14). Bei dem Polizisten Lou wird mehrfach auf die phallische Bedeutung seiner Pistole angespielt (14/1; 21/5).
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Eher unauffällig ist der Hinweis von Marge, dass sie für die Verpartnerung von Smithers extralange Nussstangen gebacken hat (20/1). Bei Andeutungen über eine Erektion wird die Sprache kreativ: So ist mehrdeutig von einer Latte im Werkunterrricht die Rede (17/12) und davon, dass Smithers bei einer früheren Beziehung nicht bei der Stange bleiben konnte (5/22). Ein homoerotischer Traum von Smithers (4/7; 6/3; 7/10) wurde sogar zensiert, weil eine Beule unter seiner Bettdecke als Ausdruck einer Erektion wahrnehmbar war.
Schwuler Sex und schwule Beziehungen
Sexuelle Metaphern werden in der Serie unterschiedlich deutlich eingesetzt. Eine Ölbohrung als Metapher für Ejakulation ist deutlich erkennbar, weil Burns gegenüber Smithers sogar ausdrücklich betont, dass das Herausspritzen aus dem Ölturm ein fast sexueller Akt ist (6/25). Eine andere Metapher ist gewagt und nur kurz im Bild: In einem Video zur Homo-Ehe steht ein Mann hinter einem anderen Mann und ergreift von hinten dessen Minigolfschläger. Schläger, Bälle und das Einlochen sind hier als Metaphern erkennbar (16/10).
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Es ist typisch für die USA Nahrung als Metapher zu sexualisieren. Wenn Smithers seine Vorliebe für jolly ranchers betont (7/20), sind damit keine Süßigkeiten, sondern schwule Cowboys gemeint. Wenn der schwule John cactus candys anbietet (8/15), wird dies zu einem auch sexuellen Angebot. Die Produzenten betonen hier, dass dieser Witz an den Leuten vorbeigeht, an denen er vorbei gehen soll. Homer macht - weniger ernst gemeint - Dr. Hibbert ein sexuelles Angebot in Form einer hot beef injection (7/5). Ein Rückgriff auf die phallische Bedeutung von Hot Dogs wie in diesem Beispiel ist typisch amerikanisch.
In einigen Fällen reichen die doppeldeutigen Anspielungen bis zum Analverkehr. Als Bart Angst vor einer rektalen Fiebermessung hat, macht sich seine Schwester Lisa über ihn lustig und sagt: Mach einfach die Augen zu und denk an Milhouse (21/14) - seinen besten Freund. Bart will sich am Telefon einen Spaß erlauben und stellt sich als Markes Vonhinten vor (18/21), was sich phonetisch nach einem Mag es von hinten anhören soll. In seltenen Fällen wird auch Oralverkehr angedeutet, wenn z.B. Bart am Schleck-Stengel seines Schulkameraden leckt (5/5). Zu der Äußerung des schwulen Smithers, dass er noch weiter gehen würde als vor Burns zu knien (9/13), schrieb eine US-Homepage leicht verschämt, dass man zum Verständnis dieser sexuellen Anspielung an Bill [Clinton] und Monica [Levinsky] denken soll und bezog sich damit auf deren Sex-Skandal von 1998. Szenen über Anal- und Oralverkehr bleiben im naiv-kindlichen Bereich oder sind so doppeldeutig gehalten, dass ein Bezug auch negiert werden kann.
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Nur wenn von einem fiktiven Schwulen die Rede ist, der sich gerne in einer Männersauna einseifen lässt (18/3) ist die Sprache deutlich. Wenn Männer jedoch tatsächlich miteinander Sex hatten, ist zurückhaltend von kuscheln die Rede (17/9). Diese Zurückhaltung wird bei schwulen Figuren wie Julio (14/17) oder anderen schwulen Männer in Discos (7/17; 14/17; 20/69) und auf Demos (13/9; 22/11) besonders deutlich. Sie alle sind nahezu entsexualisiert und es werden weder Küsse noch innige Umarmungen gezeigt.
Fazit
Die frei und offen wirkende Darstellung schwuler Sexualität trügt. Es wird zwar viel über Sex gesprochen und viele alltägliche Situationen sexualisiert, aber in der Serienwirklichkeit findet schwuler Sex fast nie statt. Es gibt bei den Simpsons kein offen homosexuelles Paar, bei dem über mehrere Folgen ein Liebes- oder sexuelles Verhältnis auch nur angedeutet wird. Das Schlafzimmer von Homer und Marge sind ein selbstverständlicher Teil ihrer Wohnung, und ihr Liebes- und Sexualleben ein regelmäßiges Thema. Im Vergleich zu Homer und Marge ist ein deutlicher Unterschied zu der Darstellung schwuler und lesbischer Figuren zu erkennen.
Im Rahmen von mediensatirischen Beiträgen arbeitet die Serie intensiv mit Kulturreferenzen. Dabei werden vor allem Filme in unterschiedlicher Weise in der Serie aufgegriffen. Mit Kulturreferenzen, die fast ausschließlich ab der 4. Staffel zu finden sind, werden vor allem Erwachsene angesprochen. Es verwundert, dass sie noch kein eigenständiger Forschungsgegenstand in der Sekundärliteratur waren.
Referenzen zu Filmen
Als Teil des Mediums Film ist es nachvollziehbar, dass sich die Fernsehserie bei ihren Kulturreferenzen vor allem auf andere Filme bezieht. Es ist nicht selten, dass einzelne Folgen Referenzen zu mehr als zehn Filmen herstellen. In einzelnen Fällen wird die Grundhandlung von einem Film übernommen und in veränderter Form auf eine neue Simpsons-Story übertragen. So dient für eine Theatergeschichte, in der Homer einen Schwulen spielt, Sweeney Todd-Der teuflische Barbier aus der Fleet Street (21/4) als Vorlage.
Der Film Kalender Girls wurde zur Vorlage für eine Geschichte, bei der Polizisten für einen homoerotischen Polizeikalender posieren (21/5). Wenn heterosexuelle Liebesverhältnisse in der Referenz bei den Simpsons durch Männerpaare verkörpert werden, kann dies als Ausdruck einer emanzipatorischen Grundhaltung verstanden werden. So agiert das Männerpaar Smithers/Burns wie das Hetero-Paar aus Titanic (10/20) und Szenen mit Homer und anderen Männern knüpfen an Susi und Strolch (21/18) bzw. Bodyguard (10/9) an.
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Manchmal werden bei Mainstream-Filmen schwule oder lesbische Bezüge ergänzt. Der CSD-Wagen Lesben der Karibik parodiert so den Film Fluch der Karibik (13/9) und als Willie mit seinem Schottenrock von der Polizei vernommen wird, schlägt er dabei vor den Polizisten seine Beine genauso lasziv übereinander, wie es Sharon Stone in Basic Instinct tat (7/1). In einigen Fällen werden fiktive Filmstars als schwul bzw lesbisch „geoutet", wie die schwulen Roboter aus Star Wars C3PO und R2D2 (10/9), der Fernsehhund Rin Tin Tin (14/19) und Peppermint Patty aus der Serie Peanuts (20/12).
Für eine funktionierende Referenz ist es notwendig, dass der zugrundeliegende Film einem breiten Publikum bekannt ist. Brokeback Mountain gehört zu den wenigen schwulen Mainstream-Filmen, die von den Simpsons aufgegriffen wurden (18/8). Parodien auf lesbische Filme wurden nicht gefunden.
Referenzen zu Literatur, Theater und bildenden Kunst
Außerhalb von Filmen sind Kulturreferenzen selten. In zurückhaltenden Szenen gibt es vorsichtige Anspielungen auf die Homosexualität von Oscar Wilde (20/18) und Gore Vidal (7/25). Tennessee Williams ist der einzige Autor, dessen Homosexualität deutlich benannt wird (14/17). Mit den Märchen der Gebrüder Grimm (16/6) und Thomas Manns Der Tod in Venedig (23/17) finden sich sogar einzelne Referenzen, die sich im schwulen Kontext auf deutsche Kultur beziehen. Im Bereich der bildenden Kunst werden Referenzen zu homoerotischen Werken von Tom of Finland (22/11) und Robert Mapplethorpe (6/10) aufgebaut.
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In der Regel sind die Referenzen passend zu den jeweiligen Figuren eingesetzt, d. h. Lisa repräsentiert die Hoch- und Bart bzw. Homer die Populärkultur. Zu dem gezielten Umgang mit weniger bekannten Referenzen gehört der Umstand, dass die Namen fast aller Künstler in den jeweiligen Szenen deutlich genannt werden.
Fox: 92 Prozent aller Demokraten sind schwul
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Die linksliberalen Simpsons laufen seit Beginn der Serie 1989 auf dem US-Sender Fox und spielen häufig in ironischer und meist kritischer Form auf ihren eigenen konservativen Haussender an. Dies erklärt sich möglicherweise durch den kommerziellen Erfolg der Simpsons und dadurch, dass Fox im Unterhaltungsbereich ein gewisses Maß an Narrenfreiheit bewusst zulässt, um wenigstens nach außen hin als pluralistisch zu erscheinen. In einem Fall ging jedoch auch den Verantwortlichen von Fox die Kritik der Simpsons zu weit und sie drohten mit einer Klage, die jedoch außergerichtlich abgewendet werden konnte. Im Rahmen einer Satire auf den Fox News Channel wurde die fiktive Nachrichten-Meldung eingeblendet: Studie: 92 Prozent aller Demokraten sind schwul.
Fazit
Die Kulturreferenzen stellen einen großen Reiz der Serie dar. Meistens werden dabei einzelne kleinere Szenen aus anderen Filmen in die Handlung der Simpsons integriert. Nur in Einzelfällen wird der Titel eines anderen Films nur genannt. Lesbische Bezüge sind, wie in anderen Bereichen der Serie, stark unterrepräsentiert. Bei den Film- und sonstigen Kulturreferenzen ist, wie bei der Serie als Ganzes, ein unterhaltsamer, meist durchdachter und intelligenter Humor feststellbar.
Erwin In het Panhuis ist Autor des Buches "Hinter den schwulen Lachern: Sexualität bei den Simpsons". Sein Beitrag basiert aus Auszügen daraus.
1. Religion

Religion spielt in den USA eine größere Rolle als in Europa. Die Vereinbarkeit von Homosexualität und Glauben und die Homo-Ehe werden in den USA kontrovers diskutiert. Bei den Simpsons ist die Kirche sehr präsent, was u. a. daran zu erkennen ist, dass die Protagonisten jeden Sonntag in die Kirche gehen, auch wenn sie meistens unkonzentriert sind und zum Teil sogar einschlafen.
Obwohl fast alle Weltreligionen in der Serie vorkommen, wird Homosexualität und Religion fast ausschließlich in Verbindung mit der protestantischen Kirche behandelt. Viele Szenen stehen in Verbindung mit dem christlichen Fundamentalisten Ned Flanders und in neueren Folgen mit der Homo-Ehe.
Die Homo-Ehe und registrierte Partnerschaften
Am offensivsten ist die schwul-lesbische Hochzeitsfolge Drum prüfe, wer sich ewig bindet (16/10), die sich in der Tendenz für die Homo-Ehe ausspricht. Bei der Kritik geht es vor allem um eine befürchtete Abwertung der bürgerlichen Ehe und um die Frage, welche weiteren Verbindungen in Zukunft wohl ebenfalls der Ehe gleichgestellt werden könnten. Der Zeitpunkt für diese Folge war gut gewählt, weil im Monat der Erstausstrahlung (Februar 2005) auch im wichtigen Nachbarland Kanada ein Gesetz über die Anerkennung von Lebenspartnerschaften eingeführt wurde.
Die Simpsons waren die erste Zeichentrickserie, die sich so intensiv mit der Homo-Ehe beschäftigte, andere Serien zogen erst später nach. Sowohl hier als auch in anderen Folgen machen sich die Simpsons ironisch über die Ängste von Gegnern der Homo-Ehe lustig. Mit der politisch aktuellen Zeitungsschlagzeile Massachusetts erlaubt gleichgeschlechtliche Ehe (16/8) wurde die Homo-Ehe optisch mit dem Fegefeuer und damit mit dem Ende der Welt in Verbindung gebracht.

Die Botschaft ist klar: Die Welt wird mit der Einführung der Homo-Ehe nicht untergehen. Die Homo-Ehe wird aber meistens eher wie ein privates und weniger wie ein politisches Thema behandelt. Selbst die Hochzeit zwischen Abraham Lincoln und George Washington (20/4) ist, trotz deutlich emanzipatorischer Züge, von einem politischen Statement weit entfernt. Die Segnung oder Trauung in einer Kirche und die amtlich registrierten Partnerschaften lassen sich weder in der öffentlichen Diskussion noch bei den Simpsons klar voneinander trennen. So ist mal von Smithers Verpartnerungs-Zeremonie und mal von seiner Homo-Hochzeit die Rede (20/1).
Weitere christliche Motive
Dass die Simpsons regelmäßig in die Kirche gehen, bedeutet nicht, dass sie einen christlichen Lebenswandel führen. Ganz im Gegenteil. Wenn sich Homer mit gekreuzten Fingern wünscht, dass sich Flanders als schwul outet (Kinofilm), wird sein Aberglauben sogar sehr deutlich. Homers Äußerungen über das Christentum wie Liebe Deinen Nächsten. Das klingt ja wie ein Schwulen-Porno (18/9) wirken in erster Linie respektlos. In einigen Fällen wird der St. Patrick's Day in einem schwulen Zusammenhang erwähnt (7/1; 8/18, 20/1), was daran liegt, dass Schwule bei diesen Feierlichkeiten gezielt ausgeschlossen werden.
In anderen Szenen im christlich schwulen Kontext greifen die Produzenten auf leicht zuzuordnende christliche Themen zurück. So wird die Hölle mit dem Teufel mehrfach als Kulisse für ironisch gebrochene Gruselgeschichten eingesetzt. Burns wird manchmal als Teufel dargestellt und Abe knutscht sogar leidenschaftlich mit dem leibhaftigen Teufel herum (17/21). Der Schrecken, den die Hölle repräsentiert, ist hier eine satirische Abrechnung mit dem Christentum, das seit Jahrhunderten eine sehr ernst gemeinte Angst vor der Verdammnis verbreitet.

Der Himmel ist selten ein Thema, u.a. in einer Folge, als Lisa in dem schwulen Theaterstück Engel in Amerika einen Engel spielt (22/1). Auch der Himmel wird nicht in einem engen christlichen Sinn thematisiert, sondern mehrfach als kitschige Kulisse für schwule Träume. Der Himmel ist mit der Hölle als abwechslungsreiche Kulisse durchaus vergleichbar. Ironischerweise wird er damit sogar austauschbar. Der Schauspieler, der Gott synchronisiert, ist übrigens der gleiche, der auch den Teufel spricht.
Fazit
Religion wird bei den Simpsons thematisiert, aber nicht praktiziert. Dabei werden die Amtskirchen in ihrer ablehnenden Haltung und die Einstellung christlicher Fundamentalisten deutlicher Kritik ausgesetzt. Konkrete Diskriminierungen, wie die Rolle der Kirche als Arbeitgeber für Schwule und Lesben, sind jedoch kein Thema und auch schwule bzw. lesbische Christen, für die ihr Glaube und ihre Sexualität einen persönlichen Konflikt darstellen, kommen nicht vor. Über alle Folgen hinweg ist jedoch ein deutlicher Appell für mehr Liberalität und weniger Fundamentalismus spürbar.
2. Politik
Die schwulenpolitischen Satiren, die sich erkennbar an Erwachsene richten, sind vielfältig. Sie behandeln Aspekte der sexuellen Denunziation und spiegeln u.a. parteipolitische Auseinandersetzungen wider. Lesben, denen auch bei den Simpsons weniger gesellschaftliche Relevanz unterstellt wird, sind nur in einzelnen Beiträgen zur Homo-Ehe präsent.
Sexuelle Denunzierung
Das Wissen um die Homosexualität eines Politikers wird in politischen Auseinandersetzungen gezielt ausgenutzt. Bei den Simpsons wurde ein Beitrag über das angebliche Liebesverhältnis zwischen einem republikanischen Präsidentschaftskandidaten und einem Terroristen (19/10) nicht zufällig während der (realen) Präsidentschaftsvorwahlen von 2008 ausgestrahlt. In einer anderen Szene drohen die Republikaner damit, Ted Kennedy als schwul zu outen, falls ihre Forderungen nicht durchkommen (7/18). Auch diese Szene wirkt unschuldig und verspielt, setzt sich aber ebenfalls ernsthaft mit dem Missbrauch politischer Macht auseinander.

Demokraten und Republikaner
Der schwule Smithers betont, dass politisch-konservative Ansichten im Gegensatz zu seinem homogenen Leben stehen (Staffel 6/ Folge 5). Mit dieser unscheinbar wirkenden Formulierung nahmen die Produzenten bewusst eine politische Kontroverse zwischen Republikanern und Schwulen auf und machten damit aus Smithers privater sexueller Orientierung erstmals auch eine politische Angelegenheit. Später wird es deutlicher, als auch die schwulen Republikaner von Springfield vorgestellt werden.

Sie sind auf der Suche nach einem Symbol für ihre Politik, ignorieren dabei aber Lisas rosa Elefanten-Luftballon (11/16). In den USA ist der Elefant das Wappentier der Republikaner und Rosa wie in Deutschland eine schwulenpolitische Signalfarbe. Der Humor entsteht hier aus dem Umstand, dass Pink elephant nur eine spöttische Fremdbezeichnung und keine Selbstbezeichnung der schwulen Republikaner ist.
US-Präsidenten
Auf Abraham Lincoln wird im schwulen Zusammenhang mehrfach eingegangen, weil über seine sexuelle Orientierung viel spekuliert wird. Er hat ein Gedicht über eine eheähnliche Verbindung zwischen zwei Männern geschrieben und ein Leibwächter durfte in seinem Bett übernachten, wenn seine Frau nicht zuhause war. Aus diesem Grund ist in der Serie von Gaybraham Lincoln (22/13) die Rede. In einer Folge heiratet Abraham Lincoln George Washington und greift später Homer ungeniert an seinen Hintern (20/4).

Anspielungen auf US-Präsidenten sind nicht immer so direkt. Die naiv anmutende Frage von Marge: Wusstest du, dass jeder US-Präsident ein heterosexueller, weißer Mann war? (19/11) ist nur in einem politisch-subversiven Sinn ein emanzipatorisches Statement für Schwule, Schwarze und Frauen. Kann man sich eigentlich einen schwulen US-Präsidenten vorstellen? Die Simpsons haben auch dafür eine satirische Antwort: Hier setzen sich Schwule für einen schwulen US-Präsidenten im Jahre 2084 mit den Kommentar: Wir sind Realisten (11/16) ein. Auch in die aktuelle Politik wird sich bei den Simpsons eingemischt. Einige Tage vor der Präsidentschaftswahl 1996 werden die Kandidaten Bill Clinton und Bob Dole händchenhaltend gezeigt (8/1). Diese Satire bezog sich jedoch weniger auf Schwule, sondern darauf, dass die beiden großen Parteien nur selten Hand in Hand arbeiten.
Schwule in der US-Navy und US-Army
Über Homosexualität in der Armee wird in vielen Ländern leidenschaftlich diskutiert. Eine Satire über die Don´t ask, don´t tell-Richtlinie behandelt die Angst der Streitkräfte vor schwulen Soldaten (9/19). Sie ist überzeugend, weil sie politische Kritik konstruktiv mit guter Unterhaltung verbindet und eine innere Sensibilität aufzeigt. Mit Lisa Simpsons und dem schwulen Kadetten Franklin (8/25) wird parallel die Rolle von Frauen und von Schwulen in der US-Army behandelt. Auch hier wird - trotz des Klischees eines tuntigen Kadetten - deutlich, dass nicht Homosexualität, sondern nur der Umgang mit Schwulen ein Problem darstellt.
Fazit
Bei dem kritischen Blick auf das politische System der USA werden Schwule sowohl als Opfer einer konservativen Politik als auch von sexueller Denunziation angesehen. Es wird deutlich, dass sich die Serie politisch nicht neutral verhält, sondern sich in einem links-liberalen Sinn für Schwule einsetzt. Die Situation von Lesben wird dabei leider vollständig übersehen und auch HIV/Aids nahezu ausgeblendet. Insgesamt sind die politischen Satiren jedoch gelungen. Der Begriff Satire wird leider auch in Deutschland - wie bei Harald Schmidt und Stefan Raab - oft auf humoristische Beiträge bezogen, die schon bei oberflächlicher Betrachtung keine Satire sind.
3. Sexualität

In der bisherigen Sekundärliteratur, die sich mit Themen wie Politik und Medien beschäftigten, war Sexualität bisher kein Thema. In Bezug auf Lesben ist eine Untersuchung allerdings auch kaum möglich, weil ihre Sexualität bis zur 14. Staffel komplett ausgeklammert wird und auch später so gut wie nicht vorkommt. Selbst die wenigen Küsse zwischen Frauen sind kritisch zu sehen, weil u.a. einige Küsse durch Träume verklärt sind (Staffel 14/ Folge 10; 20/11). Ein Kuss zwischen zwei Frauen aus einer Müttergruppe (22/10) wirkt zusammenhanglos und nur wie ein Blickfang für männliche Zuschauer inszeniert. Als Patty ihre „Verlobte" küsst, entpuppt sich diese als Mann (16/10). Wesentlich aufschlussreicher ist der Umgang der Serie mit Schwulen.
Küsse unter Männern
Mit Küssen unter Männern - wie zwischen Abraham Lincoln und George Washington (20/4) - soll erkennbar provoziert werden. Der Kuss zwischen Homer und dem schwulen Karl (2/2), soll 1990 der erste schwule Kuss im US-Fernsehen und in einer Zeichentrickserie gewesen sein. Mit einer entsprechenden schwulen Rezeption wird auch kalkuliert, wenn für Milhouse (15/20), Moe (18/13) und Homer (19/9) die ersten Küsse in ihrem Leben gleichgeschlechtliche Küsse waren.
Die Küsse zeigen aber auch Grenzen auf. Mit Ausnahme des Kusses zwischen zwei Polizisten im Simpsons-Kinofilm sind sie nie als intime private Momente inszeniert. Küsse zwischen schwulen Männern sind erst seit einigen Jahren zu sehen.
Umgang mit äußeren Geschlechtsteilen
Der Penis ist im schwulen Kontext zumindest sprachlich sehr präsent. Die Namen der Schwulendisco P. F. Wangs (21/23) und des Ladens Cockamamies (8/15) vom schwulen John leiten sich (auch) von den Begriffen Wang und Cock für Penis ab. Die eingesetzten Metaphern sind unterschiedlich und sollen in einigen Fällen auch von Kindern verstanden werden. So fragt z.B. Bart seinen Mitschüler Martin Prince, ob er wirklich scharf darauf ist, seinen Pinsel anzufassen (19/14). Bei dem Polizisten Lou wird mehrfach auf die phallische Bedeutung seiner Pistole angespielt (14/1; 21/5).

Eher unauffällig ist der Hinweis von Marge, dass sie für die Verpartnerung von Smithers extralange Nussstangen gebacken hat (20/1). Bei Andeutungen über eine Erektion wird die Sprache kreativ: So ist mehrdeutig von einer Latte im Werkunterrricht die Rede (17/12) und davon, dass Smithers bei einer früheren Beziehung nicht bei der Stange bleiben konnte (5/22). Ein homoerotischer Traum von Smithers (4/7; 6/3; 7/10) wurde sogar zensiert, weil eine Beule unter seiner Bettdecke als Ausdruck einer Erektion wahrnehmbar war.
Schwuler Sex und schwule Beziehungen
Sexuelle Metaphern werden in der Serie unterschiedlich deutlich eingesetzt. Eine Ölbohrung als Metapher für Ejakulation ist deutlich erkennbar, weil Burns gegenüber Smithers sogar ausdrücklich betont, dass das Herausspritzen aus dem Ölturm ein fast sexueller Akt ist (6/25). Eine andere Metapher ist gewagt und nur kurz im Bild: In einem Video zur Homo-Ehe steht ein Mann hinter einem anderen Mann und ergreift von hinten dessen Minigolfschläger. Schläger, Bälle und das Einlochen sind hier als Metaphern erkennbar (16/10).

Es ist typisch für die USA Nahrung als Metapher zu sexualisieren. Wenn Smithers seine Vorliebe für jolly ranchers betont (7/20), sind damit keine Süßigkeiten, sondern schwule Cowboys gemeint. Wenn der schwule John cactus candys anbietet (8/15), wird dies zu einem auch sexuellen Angebot. Die Produzenten betonen hier, dass dieser Witz an den Leuten vorbeigeht, an denen er vorbei gehen soll. Homer macht - weniger ernst gemeint - Dr. Hibbert ein sexuelles Angebot in Form einer hot beef injection (7/5). Ein Rückgriff auf die phallische Bedeutung von Hot Dogs wie in diesem Beispiel ist typisch amerikanisch.
In einigen Fällen reichen die doppeldeutigen Anspielungen bis zum Analverkehr. Als Bart Angst vor einer rektalen Fiebermessung hat, macht sich seine Schwester Lisa über ihn lustig und sagt: Mach einfach die Augen zu und denk an Milhouse (21/14) - seinen besten Freund. Bart will sich am Telefon einen Spaß erlauben und stellt sich als Markes Vonhinten vor (18/21), was sich phonetisch nach einem Mag es von hinten anhören soll. In seltenen Fällen wird auch Oralverkehr angedeutet, wenn z.B. Bart am Schleck-Stengel seines Schulkameraden leckt (5/5). Zu der Äußerung des schwulen Smithers, dass er noch weiter gehen würde als vor Burns zu knien (9/13), schrieb eine US-Homepage leicht verschämt, dass man zum Verständnis dieser sexuellen Anspielung an Bill [Clinton] und Monica [Levinsky] denken soll und bezog sich damit auf deren Sex-Skandal von 1998. Szenen über Anal- und Oralverkehr bleiben im naiv-kindlichen Bereich oder sind so doppeldeutig gehalten, dass ein Bezug auch negiert werden kann.

Nur wenn von einem fiktiven Schwulen die Rede ist, der sich gerne in einer Männersauna einseifen lässt (18/3) ist die Sprache deutlich. Wenn Männer jedoch tatsächlich miteinander Sex hatten, ist zurückhaltend von kuscheln die Rede (17/9). Diese Zurückhaltung wird bei schwulen Figuren wie Julio (14/17) oder anderen schwulen Männer in Discos (7/17; 14/17; 20/69) und auf Demos (13/9; 22/11) besonders deutlich. Sie alle sind nahezu entsexualisiert und es werden weder Küsse noch innige Umarmungen gezeigt.
Fazit
Die frei und offen wirkende Darstellung schwuler Sexualität trügt. Es wird zwar viel über Sex gesprochen und viele alltägliche Situationen sexualisiert, aber in der Serienwirklichkeit findet schwuler Sex fast nie statt. Es gibt bei den Simpsons kein offen homosexuelles Paar, bei dem über mehrere Folgen ein Liebes- oder sexuelles Verhältnis auch nur angedeutet wird. Das Schlafzimmer von Homer und Marge sind ein selbstverständlicher Teil ihrer Wohnung, und ihr Liebes- und Sexualleben ein regelmäßiges Thema. Im Vergleich zu Homer und Marge ist ein deutlicher Unterschied zu der Darstellung schwuler und lesbischer Figuren zu erkennen.
4. Medien
Im Rahmen von mediensatirischen Beiträgen arbeitet die Serie intensiv mit Kulturreferenzen. Dabei werden vor allem Filme in unterschiedlicher Weise in der Serie aufgegriffen. Mit Kulturreferenzen, die fast ausschließlich ab der 4. Staffel zu finden sind, werden vor allem Erwachsene angesprochen. Es verwundert, dass sie noch kein eigenständiger Forschungsgegenstand in der Sekundärliteratur waren.
Referenzen zu Filmen
Als Teil des Mediums Film ist es nachvollziehbar, dass sich die Fernsehserie bei ihren Kulturreferenzen vor allem auf andere Filme bezieht. Es ist nicht selten, dass einzelne Folgen Referenzen zu mehr als zehn Filmen herstellen. In einzelnen Fällen wird die Grundhandlung von einem Film übernommen und in veränderter Form auf eine neue Simpsons-Story übertragen. So dient für eine Theatergeschichte, in der Homer einen Schwulen spielt, Sweeney Todd-Der teuflische Barbier aus der Fleet Street (21/4) als Vorlage.
Der Film Kalender Girls wurde zur Vorlage für eine Geschichte, bei der Polizisten für einen homoerotischen Polizeikalender posieren (21/5). Wenn heterosexuelle Liebesverhältnisse in der Referenz bei den Simpsons durch Männerpaare verkörpert werden, kann dies als Ausdruck einer emanzipatorischen Grundhaltung verstanden werden. So agiert das Männerpaar Smithers/Burns wie das Hetero-Paar aus Titanic (10/20) und Szenen mit Homer und anderen Männern knüpfen an Susi und Strolch (21/18) bzw. Bodyguard (10/9) an.

Manchmal werden bei Mainstream-Filmen schwule oder lesbische Bezüge ergänzt. Der CSD-Wagen Lesben der Karibik parodiert so den Film Fluch der Karibik (13/9) und als Willie mit seinem Schottenrock von der Polizei vernommen wird, schlägt er dabei vor den Polizisten seine Beine genauso lasziv übereinander, wie es Sharon Stone in Basic Instinct tat (7/1). In einigen Fällen werden fiktive Filmstars als schwul bzw lesbisch „geoutet", wie die schwulen Roboter aus Star Wars C3PO und R2D2 (10/9), der Fernsehhund Rin Tin Tin (14/19) und Peppermint Patty aus der Serie Peanuts (20/12).
Für eine funktionierende Referenz ist es notwendig, dass der zugrundeliegende Film einem breiten Publikum bekannt ist. Brokeback Mountain gehört zu den wenigen schwulen Mainstream-Filmen, die von den Simpsons aufgegriffen wurden (18/8). Parodien auf lesbische Filme wurden nicht gefunden.
Referenzen zu Literatur, Theater und bildenden Kunst
Außerhalb von Filmen sind Kulturreferenzen selten. In zurückhaltenden Szenen gibt es vorsichtige Anspielungen auf die Homosexualität von Oscar Wilde (20/18) und Gore Vidal (7/25). Tennessee Williams ist der einzige Autor, dessen Homosexualität deutlich benannt wird (14/17). Mit den Märchen der Gebrüder Grimm (16/6) und Thomas Manns Der Tod in Venedig (23/17) finden sich sogar einzelne Referenzen, die sich im schwulen Kontext auf deutsche Kultur beziehen. Im Bereich der bildenden Kunst werden Referenzen zu homoerotischen Werken von Tom of Finland (22/11) und Robert Mapplethorpe (6/10) aufgebaut.

In der Regel sind die Referenzen passend zu den jeweiligen Figuren eingesetzt, d. h. Lisa repräsentiert die Hoch- und Bart bzw. Homer die Populärkultur. Zu dem gezielten Umgang mit weniger bekannten Referenzen gehört der Umstand, dass die Namen fast aller Künstler in den jeweiligen Szenen deutlich genannt werden.
Fox: 92 Prozent aller Demokraten sind schwul

Die linksliberalen Simpsons laufen seit Beginn der Serie 1989 auf dem US-Sender Fox und spielen häufig in ironischer und meist kritischer Form auf ihren eigenen konservativen Haussender an. Dies erklärt sich möglicherweise durch den kommerziellen Erfolg der Simpsons und dadurch, dass Fox im Unterhaltungsbereich ein gewisses Maß an Narrenfreiheit bewusst zulässt, um wenigstens nach außen hin als pluralistisch zu erscheinen. In einem Fall ging jedoch auch den Verantwortlichen von Fox die Kritik der Simpsons zu weit und sie drohten mit einer Klage, die jedoch außergerichtlich abgewendet werden konnte. Im Rahmen einer Satire auf den Fox News Channel wurde die fiktive Nachrichten-Meldung eingeblendet: Studie: 92 Prozent aller Demokraten sind schwul.
Fazit
Die Kulturreferenzen stellen einen großen Reiz der Serie dar. Meistens werden dabei einzelne kleinere Szenen aus anderen Filmen in die Handlung der Simpsons integriert. Nur in Einzelfällen wird der Titel eines anderen Films nur genannt. Lesbische Bezüge sind, wie in anderen Bereichen der Serie, stark unterrepräsentiert. Bei den Film- und sonstigen Kulturreferenzen ist, wie bei der Serie als Ganzes, ein unterhaltsamer, meist durchdachter und intelligenter Humor feststellbar.
Erwin In het Panhuis ist Autor des Buches "Hinter den schwulen Lachern: Sexualität bei den Simpsons". Sein Beitrag basiert aus Auszügen daraus.