
Laufen, springen, klicken, posten. Twitter und Facebook sind im Sport en vogue. Doppel-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch twittert noch kurz vor dem Abflug nach Sochi ein gemeinsames Foto mit Alpin-Kollegin Viktoria Rebensburg an ihre 46.000 Follower und Slalom-Ass Felix Neureuther postet auf Facebook ein Video und wünscht allen Sportlern viel Erfolg bei Olympia. So nah konnten Fans ihren Sportlern noch nie sein.
Gefolgt wird auf Twitter, geliked auf Facebook. Und den sogenannten „Social Hub", in dem alle Beiträge der Athleten, Mannschaften und Verbände zusammenlaufen, gibt's in der offiziellen Olympia-App des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Die sollen sich Olympia-Fans auf ihre iPhones und Android-Geräte laden, um „immer und überall" dabei zu sein und „hinter die Kulissen" zu blicken, „wenn es um mehr geht als Gold, Silber und Bronze", schreibt der DOSB.
Weg zum digitalen Gold
Dass es dem Sportverband um mehr als „Gold, Silber und Bronze", nämlich um die E-Mail-Adressen der sportbegeisterten Nutzer geht, schreibt der DOSB nicht. Weder auf seiner Website, noch in der App.
Der Weg zum digitalen Gold verläuft so: der Nutzer lädt die offizielle App der Deutschen Olympiamannschaft kostenlos im App-Store. Um die App zu nutzen, also die deutschen Olympiastars in Sochi digital anfeuern und mit ihnen interagieren zu können, muss er sich im Bereich „Settings" der App mit seinem Facebook-Login anmelden und bestätigen, dass die „Deutsche Olympiamannschaft" dabei sämtliche Informationen seines öffentlichen Profils (Vorname, Nachname, Geschlecht, Geburtsdatum, Wohnort, Bildungsstand), die Freundesliste und die E-Mail-Adresse erhält.
Bedeutet das, dass die DOSB-App auf diese Informationen zugreift, um überhaupt funktionieren zu können? Werden die Daten nur auf dem Smartphone gespeichert oder an den DOSB als App-Anbieter weitergegeben? Für welchen Zweck erhält die App die E-Mail-Adresse und wie wird sie verwendet? Darauf erhält der Nutzer bei der Freigabe der persönlichen Daten keine Antworten.
DOSB kontra Datenschutzbehörden
Erst durch mühsames Scrollen kann im Bereich „Settings" weit unter den Überschriften FAQs, Support und Impressum erfahren werden, dass die E-Mail-Adresse (ungefragt) für E-Mail-Informationen zu mehreren Themen genutzt wird:
„Außerdem informieren wir Dich nach Deiner Anmeldung per E-Mail über News rund um die Themen „Wir für Deutschland", Deutsche Olympiamannschaft, diese App und weitere Onlineangebote des DOSB e. V. und der DOSB New Media GmbH"
schreibt der DOSB und verhält sich entgegengesetzt zu den Forderungen der Datenschutzbehörden. Im Beschluss der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder heißt es zu Smartphone-Apps:
„Nutzer müssen in die Lage versetzt werden, Übermittlungen nachzuvollziehen. Sie müssen auch über den jeweiligen Zweck der Datennutzungen unterrichtet werden. Den Nutzern müssen Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, mit denen aus der Nutzungssituation heraus gesteuert werden kann, ob und welche Daten einer Applikation zugänglich gemacht werden und an wen sie übermittelt werden."
DOSB bestätigt Umgang mit E-Mail-Adressen, sieht aber kein Problem
Technisch ist die Umsetzung der Forderungen der Datenschutzbehörden kein Problem, vom Sportverband ist sie aber offenbar nicht gewollt. In einer Mail an appsupport@dosb.de habe ich am 24. Januar 2014 nachgefragt und wollte wissen,
warum ich mich mit der Nutzung der App automatisch in sämtliche Newsletter eintrage, ohne dass ich dafür gefragt wurde und warum die entsprechenden Hinweise zum Datenschutz nicht direkt anzeigt werden, sondern erst durch mühsames scrollen gefunden werden können.
In seiner Antwort bestätigt der DOSB, dass sich Nutzer durch den Facebook-Login ungefragt in einen nicht näher beschriebenen „#WirfuerD"-Newsletter eintragen (bei einem Twitter-Login ist das übrigens nicht der Fall. Das Unternehmen gibt keine E-Mail-Adressen an Dritte weiter. Die DOSB Antwort ist an dieser Stelle falsch) und bestätigt damit auch, dass der Sportverband über die Facebook-Verbindung gewonnene E-Mail-Adressen für Werbe-Mails nutzt. Ein Problem sieht der DOSB darin nicht, schließlich könne man die Werbe-Mails ja im Newsletter wieder abbestellen.
Unklar ist, wofür der DOSB die Daten wirklich nutzt
Auch einem eindeutigen Hinweis auf eine Datenschutz-Unterrichtung, wie ihn zum Beispiel das bayrische Landesamt für Datenschutz mit der Bezeichnung „Datenschutzerklärung" oder „Datenschutzhinweis" verlangt, wird vom DOSB eine Absage erteilt. Die Struktur der App biete dafür keinen Platz.
Ist der DOSB wirklich so naiv ist und weiß nicht, dass jeder, der Newsletter versendet, grundsätzlich die Einwilligung der jeweiligen Empfänger benötigt? Unvorstellbar, denn an anderer Stelle bietet der Verband sämtliche Newsletter (über ein korrektes Anmeldeverfahren) zu unterschiedlichen Themen an.
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) macht unmissverständlich klar, dass E-Mail-Werbung als unzumutbare Belästigung gilt, wenn keine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Ohne eine derartige Einwilligung ist die E-Mail-Werbung somit wettbewerbswidrig und kann zu Abmahnungen führen.
Macht der DOSB die E-Mail-Adressen zu Geld?
Oder ist der eigentliche Zweck der App das Sammeln von möglichst vielen E-Mail-Adressen sportaffiner Nutzer, um die Reichweite des „#WirfuerD"-Newsletter mit den OIympiapartnern Adidas, Audi, Sparkasse, Vattenfall stark zu erhöhen? Die tauchen nämlich nicht nur in sämtlichen Broschüren und DOSB-Presse-Newslettern auf, sondern nehmen auch auf der Website der Deutschen Olympiamannschaft und in der Olympia-App einen prominenten Platz ein.
Auf meine Fragen, ob der DOSB finanzielle Zuwendungen der Olympiapartner für den Newsletter erhalte oder diese komplett werbefrei bleibe, konnte mir die Pressestelle des Sportverbands am 05. Februar 2014 telefonisch keine Auskunft geben.
Was passiert mit Ortungsdaten von der „Fanmap"?
Wie erfolgreich die Olympia-App des DOSB ist, zeigt die Funktion „Fancorner". Gerade einmal 46 Nutzer haben in diesem Bereich ein Foto von sich aufgenommen und sich dabei eine digitale Medaille um den dosb-app-fanmapHals oder das olympische Feuer in die Hand angesteckt und das Bild auf einer sogenannten „Fanmap" gepostet. Genutzt werden kann die Funktion aber nur nach einem Facebook-Login (also der Weitergabe von sämtlichen persönlichen Daten) und durch die Erlaubnis der Nutzer, auf die GPS-Funktion des Smartphones zuzugreifen, um den aktuellen Aufenthaltsort zu erfahren.
Erläuterungen im (versteckten) Datenschutzhinweis, ob der Standort gespeichert wird, während der weiteren Nutzung der App ausgelesen wird, mit weiteren personenbezogenen Daten verknüpft oder für Werbezwecke verwendet wird, gibt es jedoch nicht.
Es ist also auch nicht ausgeschlossen, dass der DOSB weiß, von wo aus und vor allem von wem die Olympia-App genutzt wird. Schließlich ist die „umfassende Information der Nutzer über die Erhebung und Verwendung ihrer Nutzungsdaten" von besonderer Bedeutung. So schreibt es jedenfalls die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.
Wer ist der DOSB?
Der Deutsche Olympische Sportbund ist Deutschlands mächtigste NGO, noch vor dem ADAC. Das Dach des Sports mit Sitz in Frankfurt zählt über 27,5 Millionen Mitgliedschaften in seinen Mitgliedsorganisationen. 153 Athletinnen und Athleten schickt der Sportverband ins russische Sochi. Sie kämpfen als Deutsche Olympiamannschaft mit dem Bundesadler auf der Sportkleidung um möglichst gute Platzierungen. Dafür, die Förderung des Spitzensports, zahlt das Bundesinnenministerium jährlich knapp 133 Millionen Euro Steuergelder an den DOSB.
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