
© Copyright 2014 Ernst-Günther Tietze
Aus Kapitel 15 „Norderney"
Als Trauspruch hatte Anke Salomos Liebesverse ausgewählt:
„Denn die Liebe ist stark wie der Tod, und ihr Eifer ist fest wie die Hölle.
Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des Herrn, dass auch viele Wasser nicht mögen die Liebe auslöschen,noch die Ströme sie ertränken.
Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, so gölte es alles nichts."
Mit fester Stimme sprachen die beiden Brautleute ihr „ja", auch François sagte es auf Deutsch.
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Anke fand es an der Zeit, ihr Anliegen vorzubringen. Birgit, die noch gar nichts von dem persönlichen Experiment der beiden gewusst hatte, begriff schnell, dass es dabei um Sven ging. „Ich habe nicht das Geringste dagegen", sagte sie frei heraus zu Anke, „wenn du ein Kind von ihm zur Welt bringst, das auch noch ein Mädchen sein soll. Ich muss sagen, je länger ich über dein Gelübde nachdenke, um so toller finde ich es und um so mehr steigst du in meiner Achtung." Anke war froh und erklärte Birgit, dass sie nur etwas Sperma von Ihrem Bruder brauche, aus dem der feminogene Teil selektiert und ihr eingespritzt würde. Birgit überlegte. „Ich möchte euch eine Freude machen", sagte sie zögernd, denn sie war sich nicht ganz sicher, ob ihre Worte vielleicht zu freizügig waren. „Da ich meine, dass die Zeit der Selbstbedienung für Sven vorbei sein sollte, lasst mich ihm den Samen abnehmen. So wird es auch ein bisschen meine Tochter."
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Jetzt saßen Anke und François im Flugzeug nach Toronto. Anke war fest davon überzeugt, dass der von ihr genannte Termin für das auslösende Ereignis stimmte. Irgendwo musste da eine Verbindung sein. François sah sie an. Er ahnte, wo ihre Gedanken waren. „Schatz", sagte er und legte die Hand auf ihr Knie, „lassen dich die kleinen Fliegen nicht los?" Als Anke ihm von ihren Gedanken berichtete, wurde er nachdenklich. „Wir könnten unsere Ferien um einen halben Tag verschieben und vorher in der Redaktion das Archiv durchsuchen. Wenn du den Termin genau weißt, habe ich in einer Stunde alle Ereignisse dieses Tages zusammen, über die in irgend einem an das Datensystem angeschlossenen Medium berichtet worden ist."
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Wie François versprochen hatte, konnten sie gleich nach der Ankunft in Toronto seitenweise Nachrichten aus Zeitungen und Funkmedien der ganzen Erde auf dem Bildschirm betrachten. „Das könnte es sein!", rief François plötzlich und zeigte Anke die kurze Nachricht einer Presseagentur, die kaum eine Zeitung gedruckt hatte:
„Bagdad, 02. 04. 1992. Geheimes irakisches Chemielabor explodiert.
Zehn Minuten, bevor die Inspektoren der Vereinten Nationen gestern ein bisher nicht bekanntes Chemielabor bei Amorkam, 70 km südlich von Bagdad, besichtigen wollten, flog das gesamte Gebäude in die Luft. Die Inspektoren hatten eine Information erhalten, dass dort Versuche ausgeführt würden, ein in Deutschland neu entwickeltes, biologisches Schädlings-Bekämpfungsmittel in eine Giftwaffe umzuwandeln, und einen überraschenden Besuch geplant. Offenbar hat die irakische Regierung das noch rechtzeitig vor dem Besuch erfahren. Die Sprengung deutet darauf hin, dass hier um jeden Preis ein Geheimnis gewahrt werden sollte. Die Zerstörung war so gründlich, dass die Inspektoren keinerlei Anhaltspunkte, weder über die eingesetzten Ausgangsstoffe noch über das Zielprodukt finden konnten."
Anke schluckte vor Aufregung: „Das ist es!", rief sie. François hatte die Meldung schon auf den Drucker gelenkt und einen Moment später gab er ihr das Blatt in die Hand. „Weißt du, dass ich jetzt eigentlich unseren Urlaub absagen und an die Arbeit gehen müsste?", wandte Anke sich traurig an ihren Mann. „Ich habe schon so etwas geahnt", gab er schmunzelnd zurück, „und mir deshalb überlegt, wie wir beides miteinander vereinen können. Ich glaube, es wird auch dir gefallen:" Anke sollte Jennifer die Nachricht per Fax schicken und er würde einen Kollegen auf die Sache ansetzen.
Als die beiden nach den Tagen im Norden Jennifer besuchten, wusste diese schon mehr: François' Kollege hatte einen der Inspektoren ausfindig gemacht, der vor anderthalb Jahren vor dem in die Luft gesprengten Labor gestanden hatte. Er berichtete, dass einer von ihnen Boden- und Baumaterialproben mitgenommen hatte. Es handelte sich um ein noch nicht zum Verkauf freigegebenes Produkt des deutschen Chemiemultis CHEMOTEC, das Brom in Verbindung mit Kohlenwasserstoff-Verbindungen enthält und die Fruchtbarkeit bestimmter Insekten reduzieren soll. Anke atmete tief auf, als sie den Bericht der Freundin hörte: Der Kreis hatte sich geschlossen, nicht zuletzt durch ihre Hartnäckigkeit. Wegen der bevorstehenden Abstimmung im Bundestag mussten sie noch am Nachmittag zurück fliegen.
Der Roman „Die unendliche Kostbarkeit der Frauen" beschreibt auf 200 Seiten die dramatischen Auswirkungen einer Fiktion, in der weltweit keine Mädchen geboren werden. Er wird gedruckt bei epubli und kann im Internet und in jeder Buchhandlung bestellt werden:
Als Taschenbuch für 14,95 Euro mit ISBN-Nr. 978-3-8442-8213-9
Als e-Book für 5,49 Euro mit ISBN-Nr. 978-3-7375-0491-1
Das vorliegende Kapitel 15 umfasst im Buch 14 Seiten. Ausschnitte aus den folgenden Kapitel des Romans werden nacheinander an dieser Stelle vorgestellt.