Quantcast
Channel: Germany
Viewing all 18967 articles
Browse latest View live

Demokratische Teilhabe für Migranten

$
0
0
In dem Jahr, in dem mein Jahrgang 18 Jahre alt wurde, unterhielten wir uns darüber, was sich nun mit dem „Erwachsenenleben" für uns alles verändern würde. Für meine Freunde standen neue Freiheiten der Volljährigkeit im Vordergrund: Führerschein, selbst verfasste Entschuldigungen für die Schule, unbegrenzter abendlicher Ausgang.

Als politisch Interessierte fügte ich in die Unterhaltung das Wahlrecht hinzu und erntete fast schon entgeisterte Reaktionen.

Das Recht auf demokratische Mitbestimmung traf bei meinen Mitschülern nicht gerade auf großes Interesse. Viele konnten, obwohl wir kurz vor unserer Abiturprüfung standen, mit dem Parteiensystem in Deutschland nichts anfangen, anderen wiederum fehlte der Bezug zur parlamentarischen Demokratie.

Ihnen fehlte aber vor allem die Überzeugung, durch Wahlen und Abstimmungen tatsächlich etwas bewirken zu können.

Für mich, damals noch türkische Staatsbürgerin, war das eine unfassbare Haltung. Ich war im doppelten Sinne von diesem Bürgerrecht ausgeschlossen. In Deutschland durfte ich mich ohne die deutsche Staatsangehörigkeit nicht aktiv an Wahlen beteiligen, obwohl ich meinen Lebensmittelpunkt eindeutig hier hatte und auch hier politisch sozialisiert wurde.

In der Türkei war ich ausgeschlossen, da ich eine Auslandstürkin war und das Wahlrecht damals nur im Land ausgeübt werden durfte. Dieses demokratische Grundrecht war für mich vorerst unerreichbar, und erschien mir damit noch kostbarer.

Im Winter des Jahres 2010/2011 erleben wir Deutschland so politisch wie lange nicht mehr. Etliche Menschen gehen auf die Straße. Stuttgart 21, Anti-Atom-Bewegung und Debatte um Migration, selbst Erhöhungen von diversen kommunalen Gebühren treiben die Menschen bei Wind und Wetter auf die Straßen und Plätze.

Die Wahlbeteiligung steigt und das Interesse an der Medienberichterstattung ebenso. Die Demokratie zeigt sich von ihrer quicklebendigen Seite. Wir sollten diese politische Dynamik nutzen und die politische Teilhabe stärken. Denn die Menschen zeigen, dass sie sich einmischen wollen.

Eine überfällige Antwort auf dieses politische Begehren ist die Stärkung direktdemokratischer Elemente. Es ist in letzter Zeit viel für die Einführung von Volksentscheiden und Volksbegehren geschrieben und darüber diskutiert worden. Unser Ziel muss es dabei sein, nicht nur Elemente direkter Demokratie zu stärken sondern auch mehr Bürgerinnen und Bürger in die politische Teilhabe zu integrieren.

Nur wer sein Lebensumfeld aktiv mitgestalten kann, wird sich damit auch identifizieren. Politische Integration setzt daher aktive und passive Beteiligungsrechte voraus.

Deshalb ist es wichtig, die Gruppen stärker in den Blick zu nehmen, die bislang von diesen Rechten ausgeschlossen sind, obwohl es sich bei ihnen um aktive Mitglieder unserer Bürgergesellschaft handelt.

Das Wahlrecht würde diesen Gruppen mehr Aufmerksamkeit und damit mehr politisches Gewicht verleihen. Gleichzeitig würden wir damit die Engagierten unter ihnen besser und ebenbürtig in die politischen Gestaltungsprozesse einbinden.

Migrantinnen und Migranten, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, sollten ebenso wie die EU-Bürgerinnen und -Bürger das aktive und passive Kommunalwahlrecht erhalten. Die Teilhabe an politischen Willensbildungsprozessen kann Integration maßgeblich fördern. Mehr Partizipation kann zu einer engeren Verbundenheit vor Ort führen und Möglichkeiten schaffen, sich besser in die Zivilgesellschaft ein zu bringen und einbinden zu lassen.

Das politische Interesse wächst aber auch bei Jugendlichen. Sie mischen sich ein und wollen über Zukunftsfragen mitentscheiden. Die neue Shell-Jugendstudie zeigt, dass der Anteil „politisch interessierter" Jugendlicher zwischen 2002 und 2010 bei den 12 bis14-Jährigen von 11 auf 21 Prozent und bei den 15 bis17-Jährigen von 20 auf 37 Prozent gestiegen ist. Jugendliche wollen sich entgegen landläufigen Klagen eben doch an politischen Aktivitäten beteiligen. Weit über ein Drittel setzt sich schon heute für soziale und gesellschaftliche Anliegen ein.

Die Absenkung des aktiven Wahlalters bei den Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre wäre die folgerichtige Antwort auf diese Entwicklung. Dort, wo Wahlaltersabsenkungen mit politischer Bildung verknüpft wurden, waren sie erfolgreich und trugen zur Stärkung der Demokratie bei. Auch angesichts einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft sowie gravierender Zukunftsentscheidungen müssen Jugendliche verstärkt politisches Gehör finden.

Wir sollten zusätzlich die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in ihrem Alltag ernst nehmen und stärken. Sei es in der Kita, in der Schule oder bei der Kommunalplanung: Verbindliche Anhörungs- und Mitwirkungsmechanismen sollten automatisch dazu gehören.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich demgegenüber, dass der Vorschlag eines Elternwahlrechts in die Irre führt. Ein solches Elternwahlrecht unterstellt Kindern und Jugendlichen politische Unmündigkeit und ein mangelndes Urteilsvermögen. Es unterstellt ebenfalls, Eltern würden per se politische Ansichten ihrer Kinder stellvertretend wahrnehmen können - und diese dann auch dezidiert vertreten.

Kinder sind jedoch selbstständig denkende und handelnde Menschen. Es sollte das Ziel sein, dass sie diese Autonomie nicht abgeben sondern einüben und ausbauen. Die ganz praktischen Schwächen des Elternwahlrechts müssen an dieser Stelle gar nicht ausgeführt werden.

Ich habe mich im Alter von 24 Jahren dazu entschieden, die Wahlen nicht länger als Zuschauerin zu verfolgen und habe deshalb die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Ich bin eine überzeugte Demokratin und setze mich als Mandatsträgerin für dieses hohe Gut ein.

In vielen Regionen der Welt und für viele Menschen ist die demokratische Mitbestimmung nicht selbstverständlich. Umso höher sollte unser Bestreben sein, dieses individuelle Bürgerrecht bei uns weiter hoch zu halten.

Wintervorhersagen: Was ist dran?

$
0
0
Ganz Deutschland fragt sich derzeit, wie der Winter wird. Und einige Meteorologen geben bereits bereitwillig Auskunft. Dabei stehen ihre lauthals verkündeten Langfristvorhersagen auf sehr dünnem Eis.

2014-11-13-wetteronline_glaskugel_winterwetter2.jpg
Wettervorhersage für die nächsten Tage ist Wissenschaft. Langfristprognosen gleichen hingegen auch heute noch einem Blick in die Glaskugel. Bildquelle: wetteronline.de

Eine zutreffende Wintervorhersage wäre für zahlreiche Wirtschaftsbereiche Gold wert und auch viele Menschen interessiert die Winter-Frage jedes Jahr aufs Neue. Davon zeugen schon jahrhundertealte Bauernregeln, wie zum Beispiel "Warmer Oktober bringt fürwahr uns sehr kalten Februar". Vor allem ein viel beachtetes Langfrist-Wettermodell stellt nun einen milden Winter in Aussicht. Doch so einfach ist es nicht.

Trotzdem feiern Winterprognosen in den Medien dieser Tage mal wieder Hochkonjunktur. Sie stützen sich auf so unterschiedliche Vorhersagemethoden wie Bauernregeln, Bauchgefühl und langfristige Computerrechnungen. Besonders der amerikanische Wetterdienst verdreht mit seinen scheinbar exakten Vorhersagen so manchem Wetterfrosch den Kopf. Deren experimentelle Langfristprognosen spucken für Europa genaue Abweichungen der Monatsmitteltemperatur für das nächste halbe Jahr aus. Und diese lassen derzeit so manchen Winterfan rot sehen.

2014-11-13-wetteronline_noaa_winterwetter.gif
Das Langfristmodell des amerikanische Wetterdienstes sagt für den Winter in Deutschland aktuell eine positive Abweichung von ein bis zwei Grad vorher. Bildquelle: NOAA

Demnach stünden uns bis Februar durchweg mildere Monate ins Haus als im langjährigen Mittel. Hierauf basieren derzeit die meisten Vorhersagen für einen deutschen Mildwinter. Dabei müsste man nur auf den letzten Winter schauen, um zu wissen, was von solchen Vorhersagen zu halten ist. Damals sagten manche Meteorologen auf Basis des gleichen Modells schon im September einen Kaltwinter und sibirische Kälte vorher. Doch der Winter war letztendlich ein Totalausfall und die Prognosen ein Flop.

2014-11-13-wetteronline_accuweather_winterwetter_europa.jpg
Im Gegensatz zum amerikanischen Wetterdienst stellt AccuWeather zumindest für Osteuropa einen kalten Winter in Aussicht, der zeitweise auch Deutschland streifen soll. Bildquelle: accuweather.com

Dennoch kann man dem amerikanischen Wetterdienst derweil keinen Vorwurf machen. Er betont nämlich stets den experimentellen (!) Charakter seiner Modellergebnisse, die mit großem Aufwand täglich neu berechnet und aktualisiert werden. Das Problem liegt vielmehr in der Interpretation der Daten. Wer diesen Modell-Output für bare Münze nimmt und als exakte Wintervorhersage für Deutschland verkauft, verlässt somit wissentlich den Bereich der Seriösität.

2014-11-13-wetteronline_schneepflug_winterwetter.jpg
Auch in einem sehr milden Winter können immer mal wieder Schnee und Eis zu Glätte führen, wie im letzten Januar im Norden und Osten. Bildquelle: dpa

Ein weiteres Problem geht aus solchen Langfristprognosen hervor: Selbst wenn sie tendenziell richtig liegen, sagen sie nichts über den tatsächlichen Wetterverlauf aus. Auch in einem überdurchschnittlich warmen Winter kann es Tage oder sogar Wochen mit Schnee und Eis geben. Ebenso garantiert ein kalter Winter zum Beispiel noch lange kein weißes Weihnachtsfest. Für solche taggenauen Jahreszeitenvorhersagen gibt es derzeit keinen seriösen Ansatz, weshalb sie im Bereich von Horoskopen anzusiedeln sind.

Weitere Informationen:

Picknick auf Opas Asche

$
0
0
2014-11-12-cemetry_landscape.jpg

Seit rund 80 Jahren herrscht in Deutschland der Friedhofszwang. Das heißt: Sarg und Urne müssen auf einem Friedhof die letzte Ruhe finden. Was wir aus beispielsweise amerikanischen Filmen kennen, dass Oma und Opa in einer schicken Urne auf dem Kaminsims stehen, ist hier undenkbar. Ist es das?

Die Bremische Bürgerschaft denkt sehr wohl darüber nach. Auf Initiative der rot-grünen Regierungskoalition könnte es bald erlaubt sein, die Asche Verstorbener in den eigenen vier Wänden aufzubewahren. Und nicht nur das: sie könnte auch im Privatgarten oder auf öffentlichen Flächen verstreut werden, sofern der Verstorbene zu Lebzeiten eingewilligt hat.

Verletzung der Menschenwürde?

Kritik kommt erwartungsgemäß von der Bremischen Evangelischen Kirche. Sie empfindet das Vorhaben als pietätlos. Die private Urnenaufbewahrung sei zudem eine Verletzung der Menschenwürde. Eine Urne gehöre auf den Friedhof. Nur stellt sich die Frage, ob die Menschenwürde nicht in den eigenen vier Wänden oder im eigenen Garten zuverlässiger geschützt wird, als auf einem öffentlich zugänglichen Friedhof. Nicht selten wird über Vandalismus auf Friedhöfen berichtet.

Verletzung der Persönlichkeitsrechte?

Befürworter der Reform sehen hingegen gerade im Friedhofszwang eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Viele Menschen könnten sich mit dem Gedanken, in einer Urne oder einem Sarg zu enden, nicht anfreunden. "Es heißt Asche zu Asche, Staub zu Staub", so Anne Müterich, eine Befürworterin der Reform.

"Wie soll das gehen, wenn meine Asche in einer Urne verschlossen ist? Ich würde gerne in der Natur verstreut werden." Sie verstehe nicht, dass sich der Staat sogar über den letzten Wunsch eines Menschen hinwegsetze.

Weitgefächerte Debatte

Wie so oft geht es nicht nur um rechtliche, sondern auch um ethisch-moralische und religiöse Überlegungen. Wie gehen wir mit unseren Toten um? Könnte das Vertreuen der Asche im Garten oder Park vielleicht dabei helfen, den Tod als Teil des Lebens zu begreifen? Könnte dieser Vorgang bei der Trauerbewältigung behilflich sein?

Manche Menschen sehen es als pietätvoller an, wenn die Urne auf dem Kaminsims - im Kreise der Familie - aufbewahrt oder die Asche im Garten verstreut wird, als wenn die Urne mehrere Kilometer entfernt in einem Schließfach steht.

Im Hinduismus und auch in Russland wird in einer aufwändigen und langen Zeremonie Abschied genommen. Ähnlich war es früher auch bei uns in Deutschland. Im Judentum wie auch im Islam gibt es keine Särge. Die Kulturen sind sehr unterschiedlich. Und doch würde niemand ernsthaft behaupten wollen, dass Russen, Hindus, Juden oder Muslime respektlos mit ihren Verstorbenen umgehen oder weniger trauern würden.

Vielleicht sollten wir weniger an Traditionen festhalten und uns stattdessen mehr damit befassen, was wir selbst fühlen. Was soll einmal mit unseren Überresten geschehen?

Das Bemühen um politische Korrektheit treibt seltsame Blüten

$
0
0
In den Niederlanden hat - vorerst noch - der gesunde Menschenverstand gesiegt und Sinterklaas, die holländische Version vom Nikolaus, darf auch weiterhin mit seinen schwarzen Helfern die Kinder beglücken.

Letztes Jahr hatten doch allen Ernstes verschiedene Bürger und Organisationen die Stadt Amsterdam verklagt, weil diese den Sinterklaas-Umzug - einschließlich Zwarte Piet - erlaubt hatte. Jetzt hat das höchste Verwaltungsgericht entschieden, ein Bürgermeister habe kein Recht, dies wegen möglicher Diskriminierung zu verbieten.

Die Diskussion ist damit allerdings noch nicht beendet. Dem Urteil zufolge können die Kläger zivil- oder strafrechtlich gegen die Organisatoren von Nikolausumzügen vorgehen, was angesichts der heftigen Proteste vom letzten Jahr durchaus zu erwarten ist. Dabei wird das Sinterklaas-Fest in den Niederlanden, das aus dem 14. Jahrhundert stammt, seit rund hundert Jahren mit "Zwarte Piet" begangen.

Aber nicht nur in den Niederlanden treibt das Bemühen um politische Korrektheit seltsame Blüten, auch in Deutschland fasst man sich zuweilen an den Kopf und fragt sich wie der schwarze Schauspieler und Kabarettist Marius Jung, der sich selbst als „Neger" bezeichnet: Habt ihr sie noch alle?

Ein Beispiel gefällig? In dem Kinderbuchklassiker „Die kleine Hexe" von Otfried Preußler ersetzte der Thienemann-Verlag die beiden „Negerlein" auf der verschneiten Dorfstraße durch - und jetzt halte man sich fest - „Messerwerfer".

Okay, mittlerweile weiß man nicht mehr, was gerade politisch korrekt ist. Neger geht nicht mehr, Farbiger wohl auch nicht, Schwarzer könnte noch oder schon wieder gehen, beim Afroamerikaner weiß man es nicht so genau und Maximalpigmentierter ist dann vielleicht doch übertrieben. Aber Messerwerfer? Das klingt nach Realsatire.

Die Angst vor Diskriminierungen geht jedoch noch weiter. Aus Martins-Umzügen werden hierzulande Lichterfeste und aus Weihnachtsmärkten Wintermärkte. Streng genommen könnte man sich an der Advents-Zeit ebenso stoßen wie an Ostern, Pfingsten oder Weihnachten.

Aber was feiern wir dann eigentlich noch? An Ostern den Geburtstag des Schokoladenhasen und an Weihnachten das Herbergenfest für Obdachlose? Aber das darf man ja auch nicht mehr sagen, diese Menschen heißen jetzt Wohnungssuchende. Wo soll das noch hinführen?





Video: Erschreckender Waffenhype: Ein Kinderbuch in den USA propagiert, dass auch Kinder Waffen tragen

Roman: „Helges Leipziger Jahre" - 2. Teil

$
0
0
Die Firma hatte ihrem neuen Mitarbeiter ein Zimmer zur Untermiete besorgt, und Helge fühlte sich dort gut untergebracht. Frau Kießling, seine Vermieterin, war nett, patent, redselig und wohlgerundet, und somit durchaus ansehnlich, auch machte sie wenige Umstände, war also geradezu und ehrlich heraus.

Sie, die Leipzigerin, hatte vor etlichen Jahren in ihrer Heimatstadt studiert und dann in der Datenverarbeitung gearbeitet, war aber nie glücklich damit gewesen, und nun nicht traurig, dass sie auf Kurzarbeit - ,,Null-Prozent-Kurzarbeit" - gesetzt, und dass ihr Betrieb wohl demnächst, die Verhandlungen liefen, von irgendeinem bayerischen Westunternehmen übernommen werden sollte.

Sie lebte mit ihrem sechsjährigen Sohn Daniel, einem quirligen, dunkelhäutigen Jungen mit schwarzen und kunstvoll gekräuselten Haaren in einer großen, verwohnten Fünf-Raum-Wohnung im Zentrum von Leipzig.

Der Vater von Daniel, ein Schwarzafrikaner, der seinerzeit ebenfalls in Leipzig studiert hatte, war vor Jahren, kurz vor der Geburt seines Sohnes tödlich mit seinem Motorrad verunglückt, und schon bald darauf, nach der Geburt ihres Sohnes - „Man hatte Herz gezeigt, und vielleicht auch Mitleid gehabt." -, war Frau Kießling ihre jetzige Wohnung von der zuständigen Leipziger Kommunalen Wohnraumlenkung zugewiesen worden.

Sie und ihr Sohn mussten sich damals die Räumlichkeiten mit einem älteren Ehepaar teilen, das dort, in der großen Wohnung allein (denn ihre drei Kinder waren längst aus dem Haus), schon seit Ewigkeiten gewohnt hatte, dann aber innerhalb des ersten Jahres ihres gemeinsamen Zusammenlebens, kurz hintereinander, verstorben war. ... Ohne ihr Zutun, wie Frau Kießling gegenüber Helge, dem Neu-Leipziger, wiederholt, und immer scherzhaft, versicherte.

Natürlich war es ein Scherz gewesen, es konnte gar nicht anders sein, da doch die Zimmerwirtin genau dem Typ der Krankenschwester entsprach, also dem Typ der Frau, den sich die meisten Männer immer noch wünschen, auch wenn sie es vielfach nicht wissen oder wahrhaben wollen, und diese bringen nur in den seltensten Fällen, und nur in Ausnahmesituationen - und davon konnte damals nun wirklich keine Rede sein - jemanden um die Ecke.

Seitdem lebten sie und ihr Sohn unbehelligt in der großen Wohnung, denn offensichtlich hatte man bei der kommunalen Wohnraumlenkung die Toten nicht für tot genommen, oder aber, was wahrscheinlicher war, man hatte einfach nur geschlafen, sie folglich nicht ausgetragen, sie also nicht ordnungsgemäß verwaltet und demzufolge dann versäumt, der Mieterin und ihrem Sohn neue Mittmieter zuzuweisen.

Auch hatte sich an der Miethöhe - „Das waren noch Zeiten, die heute kaum mehr wahr sind, von denen heute viele nichts mehr wissen." - für diese große und nur noch von zwei Personen bewohnte Wohnung über die Jahre nichts geändert: Monat für Monat lag sie bei 80 Mark.
Erst nach der Wende verfünffachte sich die Miete mit einem Schlag, und war dann natürlich zahlbar in DM.

Schon bei ihrem allerersten gemeinsamen Frühstück erfuhr der neue Mieter von seiner redseligen Vermieterin all dies, nämlich all das, was ihr wichtig erschien, das, was sie loswerden, das, was sie erzählen wollte.

Und Helge nahm es auf, verstand jedes ihrer Worte, obgleich er an jenem Morgen noch sehr verwirrt war, immer noch sehr verwirrt war, durcheinander gebracht durch ein Erlebnis, das ihm am späten Abend zuvor, er hatte bereits im Bett gelegen und war fast schon eingeschlafen gewesen, widerfahren war.

Denn da hatte ihn, der da allein in der Dunkelheit seines angemieteten Zimmers lag, eine Stimme angesprochen. Und es war für Helge nicht zu unterscheiden gewesen (aber eigentlich hatte er sich nicht wirklich die Mühe gemacht, eine Unterscheidung zu treffen), ob diese Stimme aus dem Nichts des Raumes oder aber aus seinem Inneren kam.

Diese Stimme, die hohl, weder männlich noch weiblich, aber sehr bestimmend, auch suggestiv, wenn auch manchmal sehr abgehackt, gewesen war, hatte sich ihm, dem Einschlafenden ,,ohne jegliche Vorwarnung heranschleichend" genähert, hatte sich also, aus dem Nichts kommend, an ihn gewandt, ... ihn geradezu okkupiert.

Und es war somit für ihn kein Zweifel möglich gewesen, dass nur er der Angesprochene war, dass nur ihm, da in der Dunkelheit, etwas geschah, was nur für ihn bestimmt und nur für ihn von Bedeutung war, ...denn allzu deutlich hatte er die Verbindung, besser gesagt, das „Eingebunden sein in eine Zusammengehörigkeit" verspürt, hatte auch jedes einzelne Wort dieser unwirklich-wirklichen Stimme vernommen, gleichsam eingesogen, und deshalb auch war ihm jedes Wort im Gedächtnis geblieben, sodass er sich noch an jenem Morgen das in der Nacht zuvor Gesagte, und zwar absolut jedes Detail, in Erinnerung rufen konnte.

Er hatte also jedes der Worte aufgenommen und verinnerlicht, wohl auch deshalb, weil die Stimme ihm von Anfang an unmissverständlich deutlich gemacht hatte, dass nur sie zu reden, und deshalb er nur zuzuhören, zu verstehen und aufzunehmen hatte - ohne Wenn und Aber.

Und so war Helge der nächtliche Monolog (es war tatsächlich nur ein Monolog, ... eben nur Sprechender einerseits und Zuhörender andererseits - es ging gar nicht anders) dieser Stimme im Gedächtnis geblieben.

Wolf Mann: „Helges Leipziger Jahre", Roman, 160 Seiten, 9,99 Euro, ISBN: 9783737513333

Country-Comeback: Die Rückkehr des pummeligen Giganten

$
0
0
Wow, das ist ein Ding! Garth Brooks ist zurück. Nach 13 Jahren. Garth wer? Hört ein an Musik durchschnittlich interessierter Deutscher den Namen Garth Brooks, leuchten im Normalfall Fragezeichen auf.

Erwähnt man den Namen des etwas pummeligen, 1962 in Oklahoma geborenen Sängers allerdings gegenüber einem Countryfan, könnte die Reaktion nicht unterschiedlicher sein: Garth Brooks! Die Augen beginnen zu funkeln, wie bei einem Teenie, dem Justin Bieber eine SMS geschickt hat.

Trotz Internet und damit immer kleiner werdender Welt nimmt man hierzulande noch recht wenig Notiz von der amerikanischen Volksmusik - von Country. Dabei hat sich das Genre in den letzten 20 Jahren deutlich von den eingefahrenen Klischees - Trucks, Highways, Lagerfeuer - befreit und auch musikalisch zugelegt.

Country ist Pop.

Country ist Pop. Zumindest in Amerika. Acts wie Lady Antebellum oder - gerade höchst angesagt - Taylor Swift, haben in Country-Town-Nashville ihre Karrieren gestartet und erobern längst auch die Pop-Charts.

Der erste echte Megastar des Country war und ist Garth Brooks. Und was ist mit Johnny Cash, werden jetzt viele sagen? Nun, der gute Johnny ist in erster Linie Kult. Aber auch ein Traditionalist. Insgesamt brachte es "The Man in Black" auf rund 55 Millionen verkaufter Alben - in gut 50 Jahren. Garth Brooks fand für seine neun Alben sage und schreibe 200 Millionen Käufer - und das innerhalb von zwölf Jahren zwischen 1989 und 2001.

Kurz: Er setzte Maßstäbe, brach alle Rekorde - und er brachte den Rock in die traditionelle Stilrichtung. Nach so viel Erfolg warteten auf den studierten Betriebswirten aber offenbar erstmal keine neuen Herausforderungen. Deshalb verzog er sich 2001 in eine Art Vorruhestand - der nur durch rare Konzerte und eine 2013 überflüssige CD-Box mit Coverversionen gestört wurde. Bis jetzt.

Mit „Man Against The Machine" präsentiert er nach 13 Jahren Funkstille jetzt erstmals wieder ein Studio-Album mit neuen Songs. Die Country-Gemeinde ist elektrisiert: Ostern und Weihnachten gleichzeitig. Hosianna!

Spannung und Erwartungshaltung hätten also nicht größer sein können. Ein anderer würde unter dem Druck vielleicht feuchte Hände und Nervenflattern bekommen. Er aber posiert auf dem Album von „Man Against Machine" saucool mit schwarzem Stetson, böser dunkler Brille, HipHop-Kinnbärtchen, Kette und muskulös verschränkten Armen. Druck? Ich? Harrharr ...

Man kann sich ja in etwa vorstellen, wie lang und intensiv über das Album diskutiert wurde. Wer produziert es? Mark Miller. Wie legen wir es stilistisch an? Gemischt. Wie steigen wir ein? Nun ja, was soll man sagen. Dem Opener kommt nach 13-jähriger CD-Abstinenz natürlich eine entscheidende Bedeutung zu. Es ist ja fast wie ein Erstkontakt mit einem neuen Künstler. Andererseits werden die vielen treuen Garth-Brooks-Fans ihre ureigenen Erwartungen an das neue Album hegen.

Erfüllen oder überraschen?

Garth Brooks entschied sich eindeutig für die zweite Option. Mit dem Opener und gleichzeitig Titeltrack macht er gleich mal deutlich, dass hier ein anderer Garth Brooks die Bildfläche betritt, als der, der sich 2001 nach „Scarecrow" zu einem guten Dutzend Sabbatjahre entschloss.

Der Song verwirrt, gibt Rätsel auf. „Man Against Machine" erweist sich als ein über fünfminütiges Werk, ohne Zugeständnisse im Rock angelegt. Nach einem verspielten, bedeutungsschwangeren und mit Akustikgitarren ausgemaltem Intro geht es ans Eingemachte: donnernde Drums, dröhnende Orgeln, sägende Gitarren.

Nach vier Minuten kommt wieder das Intro, man denkt: Ok, das war's. So also klingt die Rückmeldung des Meisters. Da geht der Song in die nächste Runde, wieder volle Pulle. Wer noch das rabiate „Truck Yeah" von Tim McGraw im Ohr hat, bekommt eine Soundvorstellung von dem Song. Doch die bange Frage lautet: Ist etwa nicht Garth Brooks zurückgekommen, sondern sein Alter Ego, der Rocker Chris Gaines, mit dem er schon 1999 zu verwirren wusste?

Die nächsten Songs geben die Antwort. Nicht klar, nicht eindeutig, sondern häppchen- und songweise. Nach dem ganz nach 80er-Rock und sanften Aerosmith klingendem „She's Tired Of Boys" - mit dezenten Country-Anklängen - und dem raukehligen, Geigen verstärkte Bombast-Rock von „Cold Like That" kommt der erhoffte Schwenk in Richtung Country-Gefilde:

Das von Craig Campbell, Brice Long und Terry McBride geschriebene „All American Kid" - ein richtig guter Country-Song à la Garth Brooks. Je länger der Silberling im CD-Player rotiert, desto mehr Country, desto mehr, sagen wir mal, alter Garth Brooks, kommt zu Gehör.

Mehr noch: Das an seinen Klassiker „What She's Doing Now" erinnernde „Mom", der kreuzfidele Western-Swing von „Rodeo And Juliet" (klasse Wortspiel), das ruhige, luftig-romantische „Midnight Train" und die im langsamen Walzertakt angelegte Ballade „Cowboys Forever" machen deutlich, warum Garth Brooks einst allen Grenzen und Rekorde sprengte: keiner singt so wie er.

Niemand kann so viel Wärme und gleichzeitig Entschlossenheit in seine Songs legen, wie der pummelige Superstar aus Oklahoma. Wenn dann noch eine Pedal-Steel Guitar zu schluchzen beginnt, weiß man wieder, warum man Country lieben kann.

Fluchtwege für Alle! Die Fahrradgarderobe für Festivals

$
0
0
Eine neue Generation wühlt klassische Industrien auf. Junge Unternehmer, die für ihre Ideen brennen. Die nicht nur davon reden, sondern machen. Mit der Reihe StartUps der Huffington Post werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und schaffen eine Plattform für kreative Ideen und ungewöhnliche Konzepte.
Wir stellen nur die Fragen. Denn die Akteure von morgen wissen in der Regel selbst am Besten, was sie sagen wollen.


Wenn auch Ihre Idee Teil der Reihe StartUps werden sollte, schreiben Sie eine Mail an blogs@huffingtonpost.de.

2014-11-13-Fahrradgarderobe_HurricaneBicycleClub20141024x682.jpg

FahrradGarderobe

Welches Problem existiert?
Großveranstaltungen benötigen teuren, insbesondere in urbanen Räumen sehr knapp bemessenen, Parkraum. Die Zustellung von Fluchtwegen insbesondere durch unkoordiniert wildparkende Fahrräder stellt ein weiteres sehr großes Problem dar. Besucher von Großveranstaltungen wollen flexibel & individuell mit ihrem wertvollen Rad [im Schnitt ca. 750€] bis sehr nahe an die Veranstaltung heran fahren können. Diebstahl und Sachschäden am Fahrrad stellen auf Großveranstaltungen ebenfalls ein sehr großes Defizit dar, das in letzter Konsequenz auch städtische Fahrradverleih-Anbieter berührt.

Wie lösen wir das Problem?
Die mobil einsetzbare FahrradGarderobe [Deutscher Fahrradpreis 2014] stellt dafür seit zwei Jahren eine schnell installierte & vielfach erprobte Lösung nach dem Prinzip einer Jackengarderobe mit nach oben offener Kapazität dar. Die FahrradGarderobe bietet dem Veranstaltungsbesucher einen mobilen, sicheren, bewachten & versicherten Abstellplatz für sein Rad.

Die Zustellung von Fluchtwegen wird vermieden und in großem Umfang Parkraum eingespart. Dafür nutzt die FahrradGarderobe ein eigens weiterentwickeltes, maximal Material schonendes und leicht zu bedienendes Aufhänge-System nach einem Vorbild aus dem Triathlonsport.

Gründer der KonzertKultour GbR, die Betreiberin der FahrradGarderobe ist, sind Helen Schepers & Michael Kellenbenz.

2014-11-13-FahrradGarderobe_ReeperbahnFestival_HeieEcke2014_2.jpg

In 140 Zeichen: Wie wirst Du mit Deiner die Welt verändern?
Wir verändern die Umwelt von Großveranstaltungen indem wir Radanreisenden Besuchern mit unserer FahrradGarderobe das Leben deutlich erleichtern.

Wo bist Du auf die Idee gekommen?
Ich hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wie viele Fahrräder mir selbst auf Festivals & vor Fußballstadien gestohlen oder beschädigt wurden. Diese Zahl haben wir dann mal gemeinsam multipliziert und skaliert. Das Ergebnis war die erschreckende Motivation, die FahrradGarderobe zu entwickeln.

Für welche Überzeugung halten Dich andere Menschen für verrückt?
Nicht für verrückt. Aber die FahrradGarderobe und andere kreative Ideen nach dem Prinzip des Design Thinking zu entwickeln und zu reflektieren, stößt vielerorts auf sehr große Fragezeichen. Sie wissen es halt nicht besser.

Wie wird Deutschland zu einem Gründerland?
Nee, Deutschland ist schon in recht überschaubarem Rahmen ein kreatives Gründerland. Das muss es also nicht erst noch werden. Auch die Kreativwirtschaft wird sich früher oder später selbst bereinigen. Ob dadurch immer wirklich die besten oder auch nur die lautesten Ideen überleben, muss die junge Branche unter Beweis stellen. Die durchaus wahrzunehmende Lobby entwickelt sich seit etwa drei Jahren.

Was war Dein größter Fehler?
Nicht früher kreativ gegründet zu haben.

Welcher Unternehmer hat Dich am meisten beeinflusst?
Mein ehemaliger Arbeitgeber, weil ich dessen Fehler ganz sicherlich nicht übernehme werde und aus meinen eigenen dort Schlüsse gezogen habe.

Was bedeutet Work-Life-Balance für Dich?
Essentiell. Die richtige Balance zwischen einer definierten Selbstdisziplin und Selbstausbeutung den besten Weg zu finden, selbst wenn er manchmal schmal erscheint. Am Horizont.

Welche Technologie wird die nächsten 10 Jahre prägen?
Ganz sicher nicht „irgendwas mit Medien". Vielleicht wird ja irgendwann der Buchdruck erfunden. Bisher gibt es das ja nur digital.





Mehr Informationen über FahrradGarderobe gibt's hier.

Achtung, Bürokontrolle! Interview mit der Aufräumexpertin Edith Stork

$
0
0
Unnötiges „fliegt raus" und was bleibt, erhält eine teamfähige Systematik. Das Ergebnis: eine genau berechenbare Kostenminimierung, eine teamfähige Papierregentschaft und Zufriedenheit. Ihre erfolgreichen Bücher, zahlreiche Medienberichte und Interviews in TV und Hörfunk machten die Aufräumexpertin Edith Stork in der breiten Öffentlichkeit und über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt.

Nach ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Firma Triops GmbH (Verlag, Langen) folgten zwei Jahre Teilzeitbeschäftigung in unterschiedlichen deutschen Büros. Das Büro-Chaos, dem sie dabei immer wieder begegnete, brachte sie auf die erfolgversprechende Idee: "Büro-Organisation vor Ort" einschließlich individueller Beratung und Nachkontrolle. Seit 1993 begleitet sie der Slogan: „Eine Frau räumt auf". Humor und Ironie sind für Edith Stork eine Möglichkeit, eine gesunde Distanz zu unserer unaufgeräumten Welt mit all ihrem Hype um nichtige Dinge zu schaffen. Auch lassen sich ernste Dinge so besser ertragen. Ordnung als Lebensform beruht auf Beständigkeit, Eigenverantwortung und Regelhaftigkeit.

„Eine feste Routine rettet dich vorm Aufgeben", sagte John Updike. Dem Schreibtisch als Kraftzentrum zwischen Leben und Arbeit und Garant einer neuen Beheimatung widmet sich Inge Jens in ihrem Buch „Am Schreibtisch. Thomas Mann und seine Welt" (2013). An diesem Ort samt den vertrauten Utensilien, die ihm das Gefühl von Sicherheit und Kontinuität vermittelten, versammelte der Schriftsteller seine Gedanken. „Es ist faszinierend zu sehen, wie sich Thomas Manns Leben in dem Augenblick wieder ordnet, da er über einen Arbeitstisch verfügt, dessen Nutzung ausschließlich ihm vorbehalten blieb". Unordnung war für ihn eine psychische Belastung und mit trüben Gedanken verbunden.

Auch David Lynch erzählte 1990, dass er es mag, „wenn alles seine Ordnung hat". Simone de Beauvoir gab keine Partys und keine Empfänge. Was für sie wirklich zählte, war das wirklich Essenzielle. „Ihr Leben war sehr ordentlich und absichtlich so einfach aufgebaut, damit sie sich ganz ihrer Arbeit widmen konnte", schreibt Mason Currey in seinem Buch „Musenküsse" (2014), in dem er 88 Weisheiten von kreativen Berühmtheiten in unterhaltsamen Miniaturen beschrieben hat.

Ordnung und Nachhaltigkeit sind untrennbar miteinander verbunden. Allerdings muss, wer Nachhaltigkeit im besten Wortsinn be-greifen will, zuerst den Raum entrümpeln, in dem dieses kulturell tief verwurzelte Wort neben vielen inhaltsleeren Begriffen steht, die seinen eigentlichen Kern verdecken. Binnen weniger Jahre wurde aus einem „gewachsenen" Begriff, für den es keine Alternative gibt, ein abgeschlagenes Allerweltswort. Das Konkrete zeigt sich nur, indem es immer wieder freigelegt wird und Dinge in Beziehung gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund habe ich Claudia Silber, Leiterin der memo AG, einem ökologischen Versender (u.a. für Büromaterial) gebeten, spontan jene Antworten von Edith Stork zu kommentieren (*), die sie besonders ansprechen. Denn jedes Wort braucht immer auch eine „Ordnung" in der Praxis.

__________________

Eine Frau räumt auf

Interview mit Edith Stork


_ Frau Stork, was macht einen „aufgeräumten" Menschen für Sie aus?

Das ist sicher eine Fangfrage, aber ich weiche nicht aus: Ein aufgeräumter Mensch ist gut gelaunt und nutzt Ordnung als „Eingangstor", sich von Ballast zu befreien, hedonistisch Klarheit zu genießen. Sie merken schon, ich meine nicht die quälenden Disziplinierungen von „Lebensgewohnheiten" oder Erziehungsversuchen.

Nehmen wir die Ordnung, sich Freiraum zu schaffen, unnötige Suchzeiten zu vermeiden, eben den Schlüssel immer in den schönen Zinnteller im Flur zu werfen, damit ich ihn nicht suchen muss, weil ich abgelenkt wurde. Es ist günstig, eine aufgeräumte Handtasche zu haben. Das schafft ein sicheres Gefühl.

Der dritte Aspekt von Ordnung und Aufgeräumtsein in der Welt ist zum Beispiel Kunst und Leben, Politik und Gesetz, Musik und Mathematik , Kultur und Religion und vielen andere Elemente, die „Gesetze der Ordnung in der Natur einzuhalten und zu achten. Wer sich dessen bewusst ist, es lebt, kann durchaus ein aufgeräumter Mensch sein. Vielleicht räumt dieser die Socken halt doch auf. Sie folgen meiner Metapher? Da Sie nicht nach den Chaoten, die das Chaos brauchen, um kreativ zu sein, fragen, beantworte ich es auch nicht. Meistens verwechseln sie Chaos mit Unordnung.

* Claudia Silber: Das kann ich nur bestätigen! Ordnung im Leben und im Kopf schafft Freiräume. Es gibt zudem nur ganz wenige Menschen, die auch innerhalb ihres Chaos' noch „aufgeräumt" sind.

_ Seit 1962 sammeln Sie alles über die Farbe Blau. Welchen Bezug hat sie zur Ordnung? Was bedeutet für Sie „Blaudenken" (gibt es eine Verbindung zu „Blaumachen")? Was ist für Sie eine blaue Welt?

Das ist eine ziemlich intime Frage: „Es blaut die Nacht" - Händels Arie der Cleopatra ist meine erste liebste Bläue gesungen von Felicitas Palmer, die blauen Gedichte von Else Lasker-Schüler "Mein blaues Klavier". Das Azurgottesblau von Chagall, die blaugekritzelten Badewannen von Jan Fabre. Es gibt etwa 15.000 Blaus auf unserem blauen Planeten. Bücher, die das Blau zitieren, Ausstellungen dazu in Heidelberg...

Die Farbe Blau macht für das Auge eine sonderbare und fast unaussprechliche Wirkung. Sie ist als Farbe eine Energie. Wie wir den hohen Himmel, die fernen Berge blau sehen, so scheint eine blaue Ferne vor uns zurückzuweichen - wie wir einen angenehmen Gegenstand gern verfolgen, so sehen wir das Blau gerne an. Das schrieb Goethe in seiner Farbenlehre.

_ Der Soziologe Max Weber sprach vor 100 Jahren vom „Gehäuse der Hörigkeit". Was macht für Sie das ideale Büro aus?

Spartanisch eingerichtet, mit quadratischem Tisch mit einer Schublade für den Krimskrams und Stifte, ein bis drei Besucherstühle aus verschiedenen Epochen der Bürowelt, ein ergonomisch gut gemachter Bürostuhl, eine fahrbare PC-Konsole, um den Arbeitstisch zu „befreien", ein Regal von Boden bis zur Decke für Ordner - Bücher und andere Sammlungen. An der freien Wand steht ein Blaues Sofa zweisitzig und auf einem Beistelltisch eine italienische Kaffeemaschine.

Für die Pause Leselampe und DVD-Spieler mit Klavierkonzerten von Bach bis Rachmaninow, Barockopern ... Das heißt, es ist mein ballastbefreites Gehäuse, aber wir leben in hausgemachten alten Hierarchien. Deshalb hat meine Buch „Tatort Büro" den Untertitel. „Die Zurichtung des Menschen im Büro". Es führte deswegen zu einem Vertreterstreit im Verlag. Diese Art von idealem Büro ist für alle machbar unter dem Aspekt von Denken in methodischen Ordnungen.

* Claudia Silber: Sicherlich haben wir bei memo nicht die Möglichkeit, den Mitarbeitern dieses ideale Büro anzubieten. Aber wir schaffen „Freiräume" durch eine gesunde Umgebung, gesunde Möbel, Ruhezonen und Treffpunkte. Der Tischkicker aus Recyclilngpappe in der memo Cafeteria ist das Highlight, seit er dort steht.

_ Weshalb muss im Zeitalter der Digitalisierung die Vorstellung vom Sinn und Zweck von Büros neu ausgerichtet werden?

Nochmal, es ist die Möglichkeit für eine äußerlich radikale Entschlackung der Möblierung und Funktionalität. Aber das Papier war zuerst da, danach kam die Digitalisierung, was nicht gleich die große rationalisierende Ordnung bedeutet hat, sondern sogenannten Individualität der Mitarbeiter Tür und Tor geöffnet hat.

Seit Aufkommen der PCs hat sich der Papierverbrauch erhöht, da alles ausgedruckt wird. Multiple Choice ohne Wording ohne Verschlagwortung??? Ich habe in 21 Jahren Praxis in den Büros kaum Neues entdeckt, da alte Verhaltensweisen sich nicht verflüchtigt haben.

_ Es geht heute nicht mehr um die „Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen", schreibt Christoph Bartmann über das neue „Leben im Büro", sondern um die Herausforderung von freien Mitarbeitern, die dann am besten sind, wenn sie nicht gelenkt und gesteuert werden. Entsprechend löst sich auch die alte Büroarchitektur in mehrdeutige und offene „Bürowelten" und „Bürosituationen" auf, die kaum einen Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit erkennen lassen. Ist die von Ihnen kritisierte „Zurichtung des Menschen im Büro" damit beendet?

NEIN! Ich widerspreche einfach mal so vor mich hin. Die Büronomaden verlieren den Anschluss ohne Kommunikation mit den anderen, weil sie zu Hause abgeschottet sind, natürlich ab und zu mal eine Spülmaschine füllen und sich am Kindererziehen beteiligen. WOW, der neue Mann, die neue Frau!? Freiheit? Die Großraumbüros mit abgedämmtem Wandschirmen und montierten Lichtsegeln mit hoher Lärmfrequenz sind nicht reizvoll.

Die Betonung auf „freie" Mitarbeiter, die ohnehin frei sind und keine Lenkung brauchen!? Die anderen, die trotz aller neuen Erkenntnisse zum Trotz Führung brauchen und wollen. Die unternehmerische Idee ginge verloren. Denn in der Führung werden die Unbilden der Macht immer genutzt, würde der ungesunde Hauch von Rigidität kein Hemmschuh sein.

Das Thema lohnte sich noch näher zu beschreiben. Ich will zwischen Freizeit und Arbeit sehr wohl unterscheiden. Freizeit bedeutet, m e i n Leben zu gestalten mit der Arbeit, mit der ich das Geld dafür verdiene, eben diese mir zu leisten. Dieser allzeitbereite Arbeitsallrounder ist mir suspekt, gar eine alerte Modeerscheinung.

* Claudia Silber: Wichtig ist es, dass der Arbeitgeber jedem Mitarbeiter ermöglicht, sein persönliches Lebensmodell zu schaffen. Dazu gehört die für jeden individuelle Work-Life-Balance.

_ Ende der 1990er Jahre haben Sie geschrieben, dass in keiner Institution Bürologistik gelehrt wird. Hat sich das inzwischen geändert?

Kurz und knackig: NEIN. Ich fände es gut und umsichtig für die Nachhaltigkeit, wenn es dieses Fach an Universitäten, Schulen und Berufsschulen gäbe. Ich habe bereits an verschiedenen Fachhochschulen Studenten (Erfurt, Mainz, Brugg in der Schweiz) begeistert, in der KinderUni hatte ich 140 Kinder im Hörsaal als aufmerksame Zuhörer, in einer Haushaltsschule Unterricht erteilt, an einer Schule die letzte Klasse geschult, Sekretärinnenschulen mit ins Boot genommen.

Ich würde mich gerne für diese Institutionen auf den Weg machen. Impulse und Initiative dafür lohnten sich.

_ Welches Ziel hat Bürologistik, und wie gehen Sie in Ihrer Arbeit vor?

Ich nehme jetzt den Mund nicht etwa zu voll: Ich will erreichen, dass die Firmen und ihre Büros teamfähig und kostenminimierend und mit e i n e r Methode arbeiten. Das bedingt 2-3 Tage Schulungen mit obligatorischer Abnahme in verschiedenen Bereichen. Alle nehmen teil. Solisten gibt es nur in der jeweiligen Professionalität.

_ Mit A-P-DOK® haben Sie Ihr eigenes Ablagesystem für Büros entwickelt. Was ist daran „nachhaltig", der ganzheitliche Ansatz?

Es ist nicht nur ein Ablagesystem, sondern meine gesamtheitliche Strukturgabe für das ganze Office-Management. Die Nachhaltigkeit liegt in ihrer Einfachheit von Anwendung, dieses System teamfähig zu nützen, Kosten grundsätzlich einzusparen.

Es ist ein Führerschein für Ordnung schlechthin, vielleicht der Mercedes der Ordnung: hält lang, hält die Qualität mit Disziplin bei teamfähiger Nutzung bei. Die Methode ist in allen Branchen einsetzbar, da sie das Kürzel für kaufmännisches Handeln ist. Die Methode A-P-DOK® bildet die Dokumentenlenkung der ISO 9001:2008 Pos. 42 ab und begibt sich damit in eine grundsätzlich machbare Qualität. In sokratischer Kompetenz ist A-P-DOK® nachweisbar verwertbar, ein geldwerter Luxus, den sich jede Branche leisten kann.

_ Was machen für Sie nachhaltige Büroprodukte aus?

Wenn die Logistik ein Produkt ist, liegt es mir am Herzen, die Mitarbeiter dazu zu bringen, methodisch zu denken und die erlernte Methode anzuwenden. Ich vergleiche das Büroprodukt mit Methode, wie das Erlernen des Autofahrens. Gas, Kupplung und Bremse müssen immer an der gleichen Stelle sitzen, sonst gibt es Chaos.

_ Weshalb ist der Satz von Josef Beuys „Wer nicht denken will, fliegt raus." Ihr Lieblingszitat? Weil Ordnung Freiräume zum Denken schafft?

Diesen Satz zitiere ich immer, wenn wir die Clear-Desk Übung erlernen. Damit wir keinen drei Pultordner verwenden müssen, Pultordner A-Z, und zum Überfluss noch einen 1-12? Wir nehmen jedes Papier nur einmal in die Hand. Wird im Pultordner 1-31 zum Beispiel das Dokument vom 5.5. eingeordnet, liegt dort auch das Dokument vom 5.6., der 5.7. eingeordnet.

Damit man sich das merkt, rufe ich immer dieses Zitat allen zu. Der Satz passt natürlich auch an anderen Stellen zu den Freiräumen durch Ordnung. Was manchmal befreit...oder ein gesundes Gelächter hervorruft.

_ Steve Jobs sortierte privat und beruflich alles aus, was er für unwichtig hielt. Aber er wusste: Um effizient vereinfachen zu können, muss man die Komplexität, die verringert werden soll, verstehen. Wie kann der Weg zur Einfachheit in Organisationen besser gelingen?

Durch methodisches Handeln. Dazu gehören ein starker Entscheidungswille und der Hunger nach Befreiung nebst dem Wunsch nach Vereinfachung im Büro. Mir ist wichtig, dass ich meine selbst errichteten „Altäre" aufgebe oder neu überdenke, und den Katalog erstelle, was ich will, und was nicht.

_ Weshalb ist es wichtig, in der Büroorganisation genaue Entscheidungen zu treffen und allem einen konkreten Namen und Begriffszuweisungen zu geben?

Jedes Ding, jedes Papier hat seinen Namen! Verboten sind Sortierhilfen wie allgemein, divers, varia und Sonstiges. Ich richte mich nach dem Alphabet und finde heraus, was ich „sammle". Geben Sie 20 Mitarbeitern das gleiche Dokument zum Ablegen. Sie werden es an 20 verschiedenen Plätzen ablegen. Das macht es erforderlich, einen gemeinsamen Katalog (Thesaurus) zu entwickeln, sich gemeinsam auf einen Begriff festzulegen.

_ Welche Rolle spielt die richtige Ernährung im Büroalltag?

Da alle den sitzenden Beruf haben, sollte es eine leichte Kost sein, viel Wasser und keine zum Schlaf treibenden Mittagessen. Es ist noch wichtig, einen Sozialraum zu haben, gemeinsam zu essen und nicht den Schreibtisch voll zu krümeln.

* Claudia Silber: Leider ist das „Am-Schreibtisch-essen" eine weit verbreitete und schlechte Angewohnheit. Auch ich bin davon betroffen. Seit wir mehrmals die Woche ein Mittagessen bestellen können, nehme ich mir aber ab und zu die Zeit, mit den Kollegen in der Cafeteria zu essen. Viel zu wenige Menschen gönnen sich im Arbeitsalltag bewusst Pausen - dabei ist das gut für Körper und Geist.

_ Welche Bedeutung haben für Sie Gärten? Sind sie Sinnbilder für das Zusammenspiel von Lebensinhalt und -form und damit wieder für Ordnung, die geschaffen wird? Oder verkörpern sie einfach nur das Wissen für Sie, „den Tag zu pflücken"?

Die alten Gärten, Parks und Labyrinthe haben für mich mit Lebensfreude zu tun, den wilden Garten wachsen zu lassen, die Barockgärten, die Französischen, die Englischen zu bewundern. Daher bin ich oft in Schwetzingen, wo ein wunderbares Rokokotheater die Ganzheit der Ordnung von Natur und Kultur ergänzt, die Regentschaft der Gartenbauer uns zeigt, wie auch hier Nachhaltigkeit wirkt.
Die Arten der Gärten haben mit den Naturordnungen zu tun, aber die Gartenarchitekten geben ihnen eine Ordnung, die die jeweilige Kultur einer Zeit wiederspiegelt. Eine elegante Ordnung. Die Nachhaltigkeit ist hier „lesbar" und auch Lust.

_ Weshalb ist es wichtig, dass ein Unternehmen ein „Gesicht" hat?

Also, ein Unternehmen ohne Gesicht? Wir reden von Corporate Identidy, Firmenlogo, der Marke, der Persönlichkeit einer Geschäftsdynastie, dem Produkt. Wir brauchen die Wiedererkennung, die Auffindbarkeit, nicht Masse zu sein. Sonst wären Marketing und Werbung nicht im Vordergrund, um die Ware teuer an Mann und Frau zu bringen.

_ Was bedeutet Ihnen das Schreiben von Hand? Und warum sollte es gepflegt werden?

Mein erstes Buch „Logistk im Büro" habe ich zum Leidwesen meiner Lektorin von Hand geschrieben, viele große Schriftsteller schreiben und schrieben von Hand bis heute, ich fühlte mich ganz dazwischen: Auf einer Seite ein Stapel weißes Papier, auf der anderen Seite 10 gespitzte weich schreibende Bleistifte. Die Bilder und Zeichnungen habe ich dazwischen montiert. Mir hat das Spaß gemacht. Die Dame, die es abschreiben musste, hat mich sicher verflucht.

Ich finde es s c h ö n, Briefe von Hand zu schreiben, Postkarten zu entwerfen und selbst zu zeichnen. Es hat etwas mit mir zu tun. Aber diese Kultur, die Ordnung eines Briefes zu schaffen, ist uns abhandengekommen.

* Claudia Silber: Silber: Für ein Unternehmen ist das Schreiben von Hand außerhalb persönlicher Notizen oder kurzer Infos an Kollegen sicherlich nicht praktikabel. Im Privaten macht es aber doch Sinn, z.B. ein Tagebuch zu führen. Ganz old school auf Papier! Das ordnet die Gedanken und gibt wieder Weitblick. Persönlich geschriebene Nachrichten haben mittlerweile einen Stellenwert, da sich der Schreibende die Zeit dafür genommen hat.

_ Hierarchien bezeichnen Sie als alte Formen der „Zurichtung" in Organisationen. Das ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten, da Großorganisationen auch Routineapparate und hierarchische Gebilde sind. Wie kann der „Zurichtung" so begegnet werden, dass Organisationen dynamischer werden, gleichzeitig aber auch eine gewisse Kontinuität und stabilisierende Elemente beibehalten können?

Wir haben nichts anderes „erschaffen", das ohne Hierarchien funktioniert. Die patriarchalischen Konstrukte lassen es nicht zu. Die Kontinuität und Stabilität sind die Organisationen, die mit methodischen Elementen entschärft werden könnten. Vergessen Sie nicht, die Organisationsformen unterliegen der Anordnung der Pyramide. Die Spitze ist immer oben, das Fundament wichtig aber unten.

_ Weshalb ist Ihr Motto „Mehr Hingabe" mitunter eine schwere Herausforderung? Und wie gelingt es Ihnen dennoch, in Ihrer Berufung „hingebungsvoll" zu bleiben?

Ich bin ein beteiligter Mensch. Der Humor und die Ironie sind meine Mitstreiter und Freunde. Und ich weiß, dass ich eine kluge Methode entwickelt habe, mit der ich den Menschen im Büro und zu Hause, den Weg in die geldwerte Ordnung erleichtern kann. Meinen Kunden geht es danach gut und sind befreit vom Druck der Unordnung. Es ist eine Freude, wenn die Menschen meinem Impuls folgen und sich wenigstens der Ordnung „hingeben".

_ Warum braucht Ordnungsliebe auch Humor? Wie vermitteln Sie Spaß und Energie bei Ihrer „Kulturarbeit" in Büros?

Ordnung ohne Humor zu „verkaufen", ist eine Strapaze für alle Beteiligten. Ohne Lachen und Spaß ist das nicht zu ertragen. Ich setze gezielte Motivation für meine Methode ein, immer leicht versteckt, irgendeine trifft immer. Sie gewinnen Platz, reduzieren Ordner und jeder in der Familie weiß, wo alles zu finden ist.

Der Luxus der Sorglosigkeit tritt ein und gibt ein sicheres Gefühl. Wenn meine Kunden A-P-DOK® in der Firma gelernt haben und mit nach Hause nehmen, habe ich gewonnen. Danach ist meine obligatorische Abnahme ein Kinderspiel.

_ Weshalb darf ein System, das gut mit Komplexität klarkommt, nicht überreguliert und mit festen Hierarchie- und Organigramm-Verknüpfungen versehen sein?

Wir sind dem kaufmännischen Modus, der weltweit überall gleich ist, angepasst, das heißt, wenn das System von jedem dennoch anwendbar ist, macht es das „Herrschen" leicht, und es fließt, weil alle die Methode beherrschen. Ein gutes Gefühl für ein Regelwerk. Die Hierarchie wird dann etwas einfacher und erträglicher.

_ Sie haben einen Konkurs als Lebenskatastrophe und Ohnmacht erlebt. Was gibt Ihnen heute Sicherheit und Vertrauen?

Es ist meine Kraft und mein Wille, die mir nicht abhandengekommen sind. Ich wusste, dass ich nicht zurück ins Amt (GTZ) wollte, so war es Zeit, mich von etwas anderem zu „ernähren", mich neu zu orientieren. Ich erfand und entwickelte die Methode A-P-DOK® und fing an, gegen alle Unkereien Ordnung zu verkaufen.

Die beiden Götter Kronos: in der Zeit sein, und Kairos: alles zur rechten Zeit. Wenn Kairos vorbei kommt, muss man zupacken und den alten Zopf abschneiden. Das ist mir gelungen. Mut und konstante Qualität und die Medien haben mich vorangebracht. Ich lebe seit 21 Jahren vom Chaos anderer Menschen.

_ Weshalb sollte nicht versucht werden, Verhalten direkt zu ändern, sondern braucht es die Schaffung von Kontexten, in denen das gewünschte Verhalten „richtig" ist?

Zwänge und Befehle sind unbeliebt. Aber am Anfang war Erziehung und nicht der Liebe Gott. Durch Schaffung von Kontexten oder Methoden wird das erwünschte Verhalten „weicher" erworben und angenommen. Wir müssen nur noch festlegen, was „richtiges" Verhalten ist, und wer darüber bestimmt. Wer den Atlas trägt?

_ Was macht ein Management aus, das Arbeit nicht mehr über Anweisungen, sondern über Netzwerke definiert? Welche Bürostrukturen sind hier sinnvoll?

Es ist egal, wer das definiert, die Strukturen sind im Duktus immer gleich kaufmännisch ausgerichtet. Netzwerke sind nach meiner Erfahrung von gleichen Zwängen geprägt und verlangen einen professionellen Umgang. Seilschaften und Netzwerke sind desgleichen mit Anweisungen besetzt und verlangen einen diplomatischeren offeneren Umgang. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese zusammenfassende Gruppierung von Zusammenschlüssen mag.

_ Wie kann das Thema Motivation in Großorganisationen wirken? Für die Unternehmensführung an der Spitze dürfte das weniger ein Problem sein, aber weiter unten wird es zunehmend schwieriger...

Wenn die Unternehmensführung dem Anspruch des Führens nicht annehmen würde, gäbe es weder die Motivation, noch das Motto oder Vertrauen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, ein verkaufbares Produkt herzustellen.

Was Sie als „unten" bezeichnen, sind nicht Unternehmer, werden auch nicht als solche bezahlt, sondern sind Mitarbeiter, die durch eine gute mitreißende menschliche Führung motiviert sein können, oder sie sind motiviert, weil sie ihren Beruf lieben, oder es gibt ein gutes Betriebsklima, was einen guten Zusammenhalt bietet, oder es gibt ein soziales Verhalten der GF, die gerne angenommen wird.

_ Weshalb muss eine handlungsstarke Organisation ihren Führungskräften auch Zeit geben um nachzudenken? Warum ist eine Aussage wie „Wer nachdenkt, verliert" schädlich für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung?

Weil es eine Killerphrase ist. Da ist mir mein Satz von Josef Beuys lieber: „Wer nicht denken will, fliegt raus." Was nicht nur Führungskräften gilt, doch eher allen...

* Claudia Silber: Eine gute Aussage. Schlechter Führungsstil und schlechte Unternehmensphilosophie beinhalten oft den Eindruck, die Führungskräfte möchte keine selbst denkenden Mitarbeiter, sondern einfach nur Herdentiere, die ihnen folgen.

_ Warum ist Ordnung für Sie eine Philosophie?

Philosophie ist das Streben der menschlichen Vernunft nach Wahrheit und „letzten Gründen", insbesondere auch das Fragen nach der Stellung des Menschen in der Welt. Heute wird Philosophie mit Erkenntnis- bzw. Wissenschaftstheorie gleichgesetzt. Sie zeigt mir die Ordnung in der Welt. Das Prinzip der Natur ist Ordnung, Sonne, Mond und Sterne, immer alles im Kontext. Ich wiederhole mich: dafür braucht es die Nachhaltigkeit. Das Gegenteil von Chaos ist Unordnung? Eine aus der Balance geratene Welt.

_ Wie kann es Organisationen gelingen, gleichzeitig effizient und anpassungsfähig zu sein?

Indem sie sich als Team betrachten (was sie aber nicht tun, oder es nicht sind). Es gilt die Vereinheitlichung der Ideen, nicht der Mitarbeiter und deren Gesinnung. Die Konzepte einzuleiten und gleichzeitig die intellektuellen Fähigkeiten zu nutzen, die Organisationsabläufe teamfähig und gleich abzuwickeln. Für eine solche Verzwickung brauchen wir fachliche Kompetenzen ohne wirkliche Hierarchien. Eine schwere Aufgabe, Groß und Klein im übertragenen Sinn zu ordnen .

_ Noch nie gab es eine solche Vielfalt an Lebensentwürfen wie heute, wo jeder die Chance hat, sich individuell auszuleben und zu entwickeln. Wie müssen die Organisationsstrukturen von Unternehmen beschaffen sein, um dieser Entwicklung gerecht zu werden?

Ja, das stimmt. Aber jedes Unternehmen will ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen und unterliegt damit wieder zwangsläufig den üblichen Codizes des kaufmännischen Handels. Die Vielfalt der Lebensentwürfe schaffen zwar Lebenskünstler oder seltene Positionen, aber ein Firmenablauf und ein Aufbau sind immer gleich. Wir (ver)enden alle bei der Steuer.

Die Originalität eines Mitarbeiters bringt sicher Effizienz oder einen Schub für eine Weiterentwicklung - dafür wird er/sie gut bezahlt, die alten Strukturen jedoch haben sich nicht verändert. Dafür gibt es gute Förderideen und Fördermittel, Qualifikationen im Einzelnen zu nutzen.

_ In Ihrem Buch „Tatort Büro" von 2004 zitieren Sie den ehemaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer, der einmal gesagt hat, dass wir vom papierlosen Büro genauso weit weg sind wie von der papierlosen Toilette. Das war vor zehn Jahren. Wo stehen wir heute?

Stimmt, immer noch so! Nur sehen die Büros heute moderner aus.

* Claudia Silber: Das kann ich nur bestätigen. Auch memo ist - trotz großer Bemühungen - noch weit entfernt vom papierlosen Büro. Generell sind Unternehmen ja vielen Vorschriften unterlegen, z.B. der Archivierung über Jahre hinweg. Das geht oft nicht ohne Papier.

_ Welche Bedeutung hat die Psychohygiene für das Wohlbefinden im Büro?

Wir brauchen die Mitmenschlichkeit täglich. Wir brauchen es, gemocht zu werden. Wir brauchen es, bestätigt zu werden. Wir brauchen es, gelobt zu werden. Wir brauchen es, akzeptiert zu werden - damit der Laden läuft.

_ Weshalb ist die mit Ihrer Unterstützung geschaffene neue Qualität am Büroarbeitsplatz berechenbar?

Ganz einfach: Es wird nicht mehr gesucht. 200 bis 300 Stunden Suchzeiten pro Mitarbeiter pro Jahr entfallen. Beispiel: Lohnkostensatz ca. € 50.- / Stunde. Und nun rechnen Sie selbst mit Ihren eigenen Zahlen. Selbst wenn sie nur 50 Stunden suchen, ist mir das zu viel. Die Verlustzahlen werden offensichtlich hingenommen. Die erwirtschafteten Stunden lassen sich in Freizeit umwandeln, zum Beispiel: keine Überstunden mehr, oder Sie reinvestieren die gewonnene Zeit für neue Projekte und Visionen.

_ Was heißt für Sie ganzheitliche „Sanierung", wenn es um Lebensqualität im Büro geht?

Es handelt sich um ein kollektives Wohlbefinden. Ich habe noch eine Mitarbeiterin eines Betriebes im Ohr: „Jetzt ist alles wieder hell und aufgeräumt, es liegt nichts mehr herum, und es ist eine Freude, den Arbeitsplatz jeden Morgen so gepflegt zu sehen". Das betrifft nicht nur den äußeren Zustand des Arbeitsplatzes, sondern die wieder gewonnene Lebensqualität im Büro, also eine Sanierung des Innen und des Außen.

_ Die Mitbegründerin der Huffington Post, Arianna Huffington, plädiert in Ihren Vorträgen und Publikationen augenzwinkernd dafür, sich „nach oben" zu schlafen und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Führungskräfte mit zu wenig Schlaf ihre Unternehmen meistens an die Wand gefahren haben, weil sie wie Alkoholiker handelten. Schlafmangel, den so viele Menschen im Interesse ihrer beruflichen Karriere in Kauf nehmen, beeinträchtigt zudem massiv unsere Kreativität, Produktivität und unser Entscheidungsvermögen. Sie haben bereits vor zehn Jahren auf das wichtige Thema verwiesen und sich dafür eingesetzt, auch dem Büroschlaf seine Zeit zu lassen. Weshalb kann bereits ein 20-Minuten-Schlaf Wunderbewirken?

Im Management steht die Wachsamkeit an erster Stelle. An zweiter Stelle die Angst als großer Antreiber, Macht zu behalten oder zu erringen, Erster zu sein, Konkurrenzdenken. Es ist Krieg ... wie kann man(n) da schlafen.

Das Geschenk der Gelassenheit ist schwer erlernbar - was sind da 20 Minuten Schlaf oder ruhendes Innehalten? Das Siesta-Verhalten der Südländer hat da schon etwas Beneidenswertes. Geht doch!!!
Es braucht eine Unternehmenskultur, Ruhe per Schlaf im Liegen zu verordnen. Eine Siesta-Kultur loszutreten, braucht ein beredtes gewaltiges Potenzial - dann könnte es gehen. Somit steht das Nach-Oben-Schlafen oder das Sich-Hoch-Schlafen nicht zur Debatte, da es schon immer dazugehört...

_ Sollte der Mittagsschlaf in Unternehmenskulturen integriert werden? Können Sie Beispiele nennen, wo dies gelungen ist?

Ich weiß, dass Firmen in Österreich, Schweiz und sogar in Deutschland Ruheräume anbieten. Aber ich habe in den 21 Jahren meiner Tätigkeit in den Büros keine Schlafzellen entdeckt, geschweige denn, dass jemand den Mut hatte, offiziell 20 bis 30 Minuten zu schlafen. Pausen werden daher meistens zum Essen „verbraucht" oder zu einem genüsslichen Spaziergang um die vier Ecken. .

_ Was verbindet Ordnung mit Nachhaltigkeit? Weshalb ist der Begriff nicht verbraucht? Kann Ordnung nicht dazu beitragen, seine Bedeutung richtig zu erfassen?

Ich sage etwas ganz Einfaches: der Umgang mit der Ordnung dient dazu, meine persönlichen Gegenstände zu pflegen und in Ordnung zu halten und damit ihre Haltbarkeit zu gewähren, oder sie lange zu nutzen und mich daran zu erfreuen. Das Gesetz der Nachhaltigkeit bedeutet demzufolge, dass wir der Natur und einer jeden Sache Respekt zollen, wir achtsam mit Ressourcen wie Wasser, mit Tierschutz und Klima und mit allen Ordnungen dieser Welt f ü r s o r g l i c h umgehen.
Das gilt auch für die Büros, die von 18 Millionen Menschen in Deutschland „besiedelt" werden, und deren Nachhaltigkeit von qualifizierten kaufmännischen Handlungen bestimmt werden sollte.

* Claudia Silber: Meine Worte! Der ordentliche Umgang mit Gegenständen UND Menschen sorgt für Langlebigkeit.

_ Haben Menschen besonders in instabilen und unsicheren Zeiten eine besonders ausgeprägte Sehnsucht nach Ordnung?

Sicher ist das so, alleine bei allen den Weltkatastrophen und Kriegen werden Institutionen gebraucht, die Ordnung schaffen oder diese neu aufstellen, Regeln geben, um eine Gemeinschaft wieder lebbar zu machen, Unebenheiten physisch wie psychisch zu glätten. Die Ordnung wieder herstellen und somit eine Sicherheit schaffen. Das ist eine der Sehnsüchte, die es zu stillen gilt.

* Claudia Silber: Ich muss gerade an ein Interview mit einer Frau aus der Ukraine denken - in unruhigen und instabilen Zeiten sehen sich die Menschen nach Ordnung und Sicherheit. Wir in Deutschland können uns das kaum noch vorstellen, dass es keine Infrastruktur gibt, keine Lebensmittel, keine Möglichkeit Freunde und Familie zu treffen.

_ Dass Sie nach Ihrem Konkurs wieder aufgestanden sind, verdanken Sie Ihrem ungebrochenen Selbstbewusstsein. In Ihrem Buch „Eine Frau räumt auf" schreiben Sie: „denn ich wußte immer, was und wer ich bin, mit oder ohne Federn, mit oder ohne Geld." Was würden Sie Menschen antworten, die sich nach einem Jobverlust die Frage stellen: „Was bin ich ohne meine Funktion?"

Dem Einzelnen: Kriechen ist keine Gangart. Es gibt i m m e r eine neue Möglichkeit, sich neu zu definieren, einfach was ganz anderes zu arbeiten. Denn wir haben zudem nur die Leistungsgesellschaft, die sagt, wir brauchen Geld, um das Brot zu bezahlen. In dieser Gemeinschaft habe ich eine Pflicht, mich auf die Suche zu machen.

Ich hatte dafür das Selbstvertrauen und die Ausschöpfung meiner Talente. Viel schwerer ist es, wenn ganze Firmenzüge entlassen werden und tausende von Menschen auf der Straße stehen. Da ist das politische und wirtschaftliche System kaputt bis zum Missmanagement von Bank und Wirtschaft.

* Claudia Silber: Ich kann das bestätigen: Unsere Gesellschaft tut ihr übriges dazu, dass man sich nach Jobverlust wie „der letzte Mensch" fühlt. Dabei sollte es ja nicht nur der Job sein, über den man sich definiert. Und auch bei mir hat sich bestätigt, dass, wenn eine Tür zugeht, sich eine neue öffnet, hinter der vielleicht ein viel besseres Leben liegt.

_ In einem nachhaltigen Unternehmens- und Entwicklungsprozess ist die Selbstorganisation aller beteiligten Akteure ein zentrales Element. Was macht für Sie eine professionelle Selbstorganisation von Führungskräften und Mitarbeitern aus?

Einfache Antwort: Teamfähigkeit und Kostenminimierung im Office-Management. Alle nützen ein gleiches System zur Abwicklung aller Geschäfte ohne Einräumung von Kompromissen oder Sonderrechte. Damit wird Nachhaltigkeit gelebt und geprägt.

_ Ihr Anspruch ist es, eine Spannung zwischen Ordnung und Chaos, Struktur und Kreativität herzustellen. Wie gelingt Ihnen dies?

Klingt ganz einfach: Ich nutze die Ordnung, damit ich kreativ sein kann, mich und meine Ideen chaotisch ausbreiten kann. Wenn ich in dieser Schöpfungsphase die Dinge bewegt habe, wieder in meine Ordnung zurückkehren kann. Es widerspricht sich nicht. Ich kenne das Zitat: „Ich brauche das Chaos, damit ich kreativ sein kann". In Wirklichkeit ist das nur gewöhnliche Unordnung. Das widerspricht sich.

_ Welche Bedeutung hat das Stehpult in modernen Büros?

Eine sehr gute Lösung: Dann, wenn einer Rückenprobleme hat, nicht zu lange sitzen will, sich zusätzlich bewegen kann, so dass er /sie auch im Stehen arbeiten und dieses eine Qualität für eine bessere Lebensqualität im Büro sein kann.

* Claudia Silber: Bessere Alternative zum Stehpult: Eine Sitz-/Steh-Tischkombination. Bei memo sind mittlerweile 58 % aller Arbeitsplätze mit derartigen Schreibtischen ausgestattet - Tendenz weiter steigend.

_ Was bedeutet für Sie Unternehmenskultur? Und welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das Büro? Was ist „Bürokultur"?

Ein guter Platz, um zu arbeiten: Ich will in unverrenkten Möbeln sitzen, an einem rechteckigen Holztisch zeichnen, essen und trinken, lesen, will geschmackvolle Leuchten und gute akustische Verhältnisse um mich haben. Das brauchen wir alle.

_ Warum hat „Utopia" in Ihrem Buch „Tatort Büro" das letzte Wort?

Weil es so ist: Wir werden nicht arbeitsbefreit sein und ausschließlich in Harmonie leben, wo Religionen nebeneinander friedlich existieren - alles das nicht, was Thomas Morus in seinem Buch „Utopia" zitiert: das Pantheon der guten Götter.

Wir leben erdenweit im Patriarchat weit entfernt von einem Pantheon in einer nach Nachhaltigkeit suchenden Ordnung oder um Ordnung zu ringen, damit die Nachhaltigkeit gewährleistet ist, um diesem Utopia näher zu kommen. Vielleicht brauchen wir zum Üben einen weiteren Planeten.

_ Weshalb sollte jede Führungskraft und jeder Mitarbeiter Verantwortung für seinen Arbeitsplatz und die Logistik übernehmen? Ist Ordnung nicht auch eine Form der Selbstverantwortung?

Cosi fan tutte, so machen's alle. Jeder für sich solistisch - damit ist es uneinheitlich und individuell. Da alle die punktgenaue Landung nicht „gelernt" haben, haben wir in Folge eine ungesunde Artenvielfalt, die für ein Geschäft nicht zuträglich ist.

Es geht um die Selbstverantwortung für die Firma und deren Produkt. Der gemeinsame Verdienst ist es, die den Mitarbeiter mit Lohn versehen. Es ist also selbst die Verantwortung in gemeinsamer Sache. So einfach ist das.

_ Welche Erfahrungen haben Sie mit der Generation Y gemacht? Wie „ordentlich" sind die so genannten Digital Natives?

Digitale Medien werden von der jüngeren Generation als selbstverständlich genutzt - auf der Straße, im Auto, in Zügen und in Büros. Man findet sie auch bei Büronomaden. Dort allerdings richten sich die Nutzer ihr eigenes System ein oder sind an das in ihrer jeweiligen Firma gültigen DokumentenManagementSystem angepasst. Hier also „Artenvielfalt".

Die Situation ist die gleiche wie bei den älteren Mitarbeitern, die alt und neu kennen. Es gibt nur dann eine Teamfähigkeit, weil sie explizit erforderlich ist. Sie ist aber, wie wir aus der Praxis wissen, nicht überall Bedingung. Mit Stolz ohne Papier, nur einen kleinen ACOR auf den Knien auf der Parkbank ... umzingelt von Apps.Trotzdem wäre die jüngere Generation, wenn sie mit Methode Kosten sparen könnten, sicher auch dabei. Medienvielfalt schützt nicht vor Strukturlosigkeit bei Jung und Alt.

* Claudia Silber: „Mir fällt immer wieder auf, wie junge Menschen einerseits sehr unbesorgt mit dem Leben umgehen (positiv: Unbeschwertheit im Umgang mit Fremdem / negativ: Freigabe von persönlichen Daten z.B. im Internet) und sich aber andererseits bei vielen wichtigen Themen sehr engagieren bzw. "besser" und bewusster verhalten (Beispiel: nachhaltige Mobilität). Junge Menschen gelten ja gemeinhin als "unordentlicher" - ordentliche junge Menschen werden oft als "Nerds" belächelt. Dabei sollten wir als vorhergehende Generation(en) etwas moderater sein: Ordnung stellt sich im Laufe des Alters bei den Meisten ganz von selbst ein, wenn das berufliche und private Leben geregelt ist. Trotzdem ist es schade, wenn man im Laufe der Jahre diese gewissen Unbeschwertheit verliert, denn das bedeutet doch oft auch den Verlust der Offenheit.

_ Haben Stadtverwaltungen das gleiche Problem?

Ja, trotz eines Aktenplans, der in sich bindend wäre, halten sich Mitarbeiter nicht immer daran. Die Methode A-P-DOK® ist in Ämtern genauso anwendbar, genauso zertifizierbar. In den meisten Ämtern wird numerisch abgelegt und folgen strukturell nicht dem Alphabet. Die Qualität einer ganzheitlichen Abwicklung in Papier und PC ist machbar und kann die Kosten mit Hinweis auf die Wertschöpfungstabelle nachweisbar senken.

_ Weshalb sollte die Beschäftigung mit Themen wie Ordnung und Nachhaltigkeit nie trocken und mit Zwang verbunden sein?

Wer isst schon gerne Wassersuppe oder Verkochtes und Angebranntes? Damit die Delikatesse der Ordnung und Nachhaltigkeit schmeckt, muss sie gut gewürzt sein, so wie wir unsere Lieblingsgerichte essen. Es geht ja nicht nur um den nachhaltigen Erhalt der Bürowelten - es geht um unsere ganze Welt, den blauen Planeten, deshalb immer noch Utopia.

_ Was macht für Sie eine prozessorientierte Zukunftssicherung einer Organisation aus?

Wenn man diese Zukunftssicherung einer Organisation endlich in allen Facetten gelernt hat, die Zukunft nachhaltig sichert und diese Regeln und Gesetze lebt - jede Stunde, jeden Tag. Nochmal: Wer nicht denken will, fliegt raus.

Weiterführende Informationen

Rezension "Blau ist die Farbe der Liebe" von Carlotta Franck

$
0
0
Vor anderthalb Jahren ist David, der Ehemann von Sanne Mewes, im Alter von nur 54 Jahren an Krebs gestorben. Das Leben ohne ihn fällt ihr schwer, sie trauert und spürt überall seine Energie und Nähe. Obwohl sie sich immer wieder sagt, dass ihr eigenes Leben mit 48 Jahren noch nicht vorbei sein kann, dass statistisch gesehen noch eine lange Wegstrecke ohne ihren Mann vor ihr liegt, hat sie nicht die Kraft, etwas zu verändern:

Weder kann sie sich entschließen, wieder ihre Tätigkeit als Übersetzerin aufzunehmen noch mag sie ausgehen, um auf andere Gedanken zu kommen. Halt und Trost findet sie im Kontakt zu ihren drei mittlerweile erwachsenen Kindern und im Schreiben eines Tagebuchs, in dem sie zu David spricht.

Freundin Maria gelingt es schließlich, Sanne zu einem Kurz-Trip nach Paris zu überreden und letztlich genießt diese die aufoktroyierte Shopping-Tour ebenso wie die französische Lebensart und Sprache, die sie nahezu akzentfrei spricht.

Mehr noch, nach Ende des Aufenthalts fliegt Maria alleine nach Hamburg zurück, während Sanne sich einen Wagen mietet und der Küste entlang in die Bretagne fährt.

In dem kleinen Ort Roscoff macht sie Station und trifft dort Mathieu Fleury, einen 44-jährigen Schriftsteller, der sich zur Zeit in einer Schreibkrise befindet. Für ihn hatte Sanne vor Jahren einmal als Übersetzerin gearbeitet, und schon damals herrschte eine gegenseitige Anziehungskraft; jedoch intensivierten sie den Kontakt nicht, da Sanne verheiratet war.

Jetzt jedoch ist sie frei, und so verbringen beide eine leidenschaftliche Zeit miteinander, in der Sanne allmählich aufhört, sich gedanklich so stark an ihren verstorbenen Mann zu klammern. Langsam beginnt sie, sich „abzunabeln" und eigene Schritte zu wagen.

Dennoch ist dies sowohl für Mathieu, der auch eine schmerzhafte Bürde mit sich trägt, als auch für Sanne eine schwierige Phase, denn so sehr die 48-Jährige sich zu dem Mann hingezogen fühlt, so sehr sie die körperliche Nähe genießt, so schwer fällt es ihr, zu der Beziehung zu stehen:

Immer wieder plagt sie das schlechte Gewissen ihrem verstorbenen Mann gegenüber. Ist es richtig, sich wieder neu zu verlieben oder betrügt sie ihn und verrät ihre Ehe damit? Werden ihre Kinder einen neuen Partner an ihrer Seite akzeptieren? Aber hat sie nicht andererseits ein Recht auf einen Neustart und Glück?

Der Weg aus der Trauer heraus in eine helle Zukunft ist begleitet von einem Gefühlschaos:
Trauer und Verzweiflung, Loslassen wollen, aber sich nicht trauen auf der einen Seite, das Bedürfnis zu lieben und geliebt zu werden, wieder glücklich zu sein, auf der anderen.

Sanne erlebt ein Wechselbad der Gefühle, von dem natürlich auch Mathieu nicht verschont bleibt. Wird ihre neue Liebe dies verkraften?

Ganz am Schluss erkennt Sanne, dass sie den verstorbenen David in ihrem Gefangensein in der Trauer glorifiziert hat. Denn letztlich wäre es nicht einmal sicher gewesen, ob sie, nachdem die Kinder aus dem Haus waren, überhaupt die Zweisamkeit bewältigt hätten und als Paar zusammengeblieben wären.

Resümee:

Dies ist ein sehr berührendes Buch, das

• den Verlust des Lebenspartners,
• die unendliche Trauer, während der man ihn immer noch um sich spürt,
• das Gefühl, ohne ihn nicht leben zu können,
• die Akzeptanz des Verlustes, einhergehend mit der Überwindung von Leid und Schmerz,
• die Schritte in ein Leben ohne ihn, verbunden mit wechselnden Gefühlslagen,
• das Wiedererlangen von Lebensfreude und die Entscheidung für ein neues Leben

thematisiert.

Dabei sind Sannes - und später auch Mathieus - Stimmungen in jeder Phase so anschaulich geschildert, dass man sie sehr gut nachempfinden kann.

Allerdings geht mir nach der intensiven und so ausschließlichen Trauerphase um den Verlust des Ehemannes die Hinwendung zu Mathieu, das Verlieben und Eingehen einer leidenschaftlichen Beziehung viel zu schnell. Eine schrittweise Annäherung wäre hier meines Erachtens besser und - soweit ich es beurteilen kann - auch realistischer gewesen.

„Blau ist die Farbe der Liebe" - warum nicht Rot, wie man ja gemeinhin sagt?
Die Erklärung liefert die Autorin auf Seite 10:

„Mit dir [gemeint ist der verstorbene David] war die Liebe blau, so wie die Kornblumen, so wie das Meer an dem Tag, als ich dich das erste Mal sah. So wie meine strahlenden Augen, wenn ich dich angesehen habe, (...)."

Blau ist u.a. auch das Sofa, das neben das Bett des Todkranken gestellt wurde, um ihm nahe zu sein, und in einem blauen Kleid hatte Sanne auch vor langer Zeit Mathieu das erste Mal gesehen.

174 Rezensionen von 128 Autoren findet der Leser im Bücher-Blog folgender Homepage:
http://www.annette-traks.com

Deutscher Sportwetten-Markt in Zahlen - so kommt Licht ins Dunkel

$
0
0
Sportfans, die ihr geliebtes Hobby nicht nur aktiv als gesunden Zeitvertreib ausleben möchten, landen irgendwann beim Thema Sportwetten. Was für viele Wett-Anhänger als unbekanntes, spannendes Terrain begonnen hat, erweist sich für manchen Profi und ambitionierten Amateur-Tipper tatsächlich als lukrativer Nebenerwerb.

Auch aus rechtlicher Sicht ist der deutsche Gesetzgeber zunehmend darum bemüht, ein sinnvolles Fundament für das Spielen zu schaffen. Die Frage, welcher Buchmacher die besten Konditionen bietet und welche Anbieter sich im Bereich Sportwetten als seriös und kundenfreundlich erweisen, entscheidet darüber, wo Kunden am besten einsteigen können.

Eine Sorge, die viele potentielle Spieler dabei umtreibt: Der Markt der Sportwettenanbieter wächst immer schneller. Die Angebote unterscheiden sich zum Teil nur minimal, wobei die geringfügigen Abweichungen bei den Bedingungen für die Ausführung der Wett-Transaktionen für User durchaus erhebliche Konsequenzen haben können.

Geringe Einstiegshürden und gute Erklärungen als Einstiegshilfe

Die ersten Auffälligkeiten liegen in der Regel im Bereich der Mindestanforderungen für die Eröffnung eines Sportwetten-Account. Dies ist auch in den Testberichten der serioes.org-Redaktion ersichtlich. Die Experten des Portals sind darum bemüht, Tippspielern zunächst einmal eine Übersicht darüber zu vermitteln, bei welchen Wettanbietern sich deutsche Kunden überhaupt registrieren können.

Es muss nicht eigens erwähnt werden, dass Wettfreunde grundsätzlich nach einem Partner suchen, der ihnen zuverlässig und transparent Einblicke in die Materie gewährt. Seriosität bedeutet an dieser Stelle, dass Spieler ausführlich aufgeklärt werden, wie das Wetten auf den Ausgang nationaler oder internationaler Fußballspiele und andere Sport-Events vonstatten geht.

Anders als es viele Interessenten aufgrund der medialen Berichterstattung wahrnehmen, ist die Auswahl der Sportwettenanbieter, die sich mit ihren Systemen ausdrücklich auch an deutsche Kunden richten, weniger verwirrend, als man vermuten mag. Zur Vorsicht und professionellen Beratung durch echte Spezialisten aus dem Sportwetten-Sektor ist dennoch geraten.

Betreiber mit Deutschland-Lizenz müssen Steuern zahlen

Anfänger erkennen die in den Geschäftsbedingungen der schwarzen Schafe der Branche versteckten Fallstricke eben nicht direkt auf den ersten Blick. Hierzu braucht es einige Erfahrungen mit der Materie, und dieses Know-how müssen sich Spieler erst einmal aneignen. Dies wiederum gelingt am besten durch eine genaue Anleitung sowie Tipps und Tricks von professioneller Seite.

Die großen Vertreter unter den für Wettfans aus Deutschland infrage kommenden Sportwettenanbieter sind Verbrauchern zumindest dem Namen nach bekannt. Doch spätestens seit den Lizenzvergaben für den deutschen Markt tummeln sich hierzulande auch Anbieter, die bis dato nicht medienwirksam um Kunden geworben haben.

Will man den Zahlung in Deutschland in Zahlen zusammenfassen, stellt sich stets die Frage, welche Vorlieben Kunden in spe haben. Und damit sind verschiedene Bereiche gemeint. Insbesondere beim Thema Wettsteuer sollten sich Spieler vor der Kontoeröffnung mit den Gegebenheiten vertraut machen. 5,00 % Steuern erhebt der deutsche Fiskus.

Tippspieler legen Wert auf Beratung und Flexibilität beim Wetten

Doch nicht jeder virtuelle Buchmacher mit Deutschland-Zulassung reicht diese Steuer zumindest teilweise an die Kundschaft weiter. Ist dies der Fall, kann dies wahlweise über die Ein- und Auszahlungsgebühren oder über einen Abzug von den Gewinnquoten bzw. den tatsächlich erreichten Gewinnen erfolgen.

Bonusleistungen für die Kontoeröffnung oder aktives Spielen sollte nicht der alleinige Grund für die Bevorzugung eines bestimmten Sportwettenanbieters sein. Fallen Spiel-Systeme verschiedener Betreiber an sich aber vergleichbar aus, können Boni durchaus den Ausschlag für einen Anbieter geben.

Zugleich nennen Sportwetten-Fans gerne den Service-Aspekt in seinen unterschiedlichen Facetten wie den Mail-Kontakt oder günstige Telefon-Hotlines als Argument für die Betreiber-Auswahl. Livewetten etwa sorgen für den gewissen Nervenkitzel, weil Spieler so in Echtzeit den Ausgang ihrer Wetten miterleben können, statt erst auf verlässliche Informationen warten zu müssen.

Besonders beliebt sind dabei mittlerweile auch Modelle, bei denen per Mobile App auf den Ausgang von Fußball-Spielen und anderen Events gewettet werden kann. Habe ich als Neukunde anfangs die Chance, einen oder mehrere Gratiswetten auszuführen, kommt dies vor allem Anfängern sehr entgegen.

Nicht nur Sport-Events eignen sich fürs Wetten

Sollten sich dabei nicht alle Funktionen selbst erklären, ist ein deutschsprachiger Support ideal. Muss es schnell gehen, weil sich die Zeitfenster für die interessanten, aktuellen Wetten bald schließen, erweisen sich Live-Chats als zuverlässige Hilfestellung. Ohne Frage kommt dem Wettangebot insgesamt eine zentrale Position zu, wenn Wett-Kunden in spe nach einem guten Sportwettenbetreiber suchen.

Das Portal Wallstreet-Online berichtet beispielsweise im Zusammenhang mit der Vergabe einer Großbritannien-Lizenz an den Sportwetten- und Casino-Betreiber bet-at-home.com Internet Ltd. eben nicht nur die Durchführung von Sportwetten, sondern sogar Tipps im gesellschaftlichen Kontext erlaubt.

Etwa die Vorhersage, welches Geschlecht der neue royale Nachwuchs in Großbritannien haben wird. Natürlich sind solche Gelegenheiten nichts für Puristen, die schlicht und ergreifend auf mit ihrem Know-how im Umfeld wichtiger Sportereignisse punkten möchten. Ab zu aber bringen solche Alternativ-Wetten zumindest eine willkommene Abwechslung.

Zumal die richtige Prognose durchaus hohe Gewinne bringen. Insgesamt gehören im Regelfall zumindest die medienwirksamen Sportarten von Fußball über Motorsport bis Football, Rugby, Tennis und mehr zur Disposition. Langeweile kommt also eher nicht auf.

Fußball bleibt die Nummer 1 bei Sportwetten in Deutschland

Insgesamt 20 Lizenzen wurden in Deutschland an Sportwettenbetreiber vergeben. Es lag nahe, dass angesichts dieser überschaubaren Zahlen so mancher Anbieter in anderen Staaten die Mühen einer Lizenzierung auf sich nehmen würde, um auf Umwegen auch deutsche und andere europäische Kunden ansprechen zu können.

Über manche der bekannten Portale werden täglich Einzelwetten im durchaus beträchtlichen fünfstelligen Bereich abgewickelt. Bei steigender Tendenz. Insbesondere der Fußball beschert den Betreibern gute Umsätze. Wie erwartet war es dabei vor allem die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien, die im Jahr 2014 laut dem Online-Portal finanztreff.de ordentlich Geld in die Kasse der Sportwetten-Portale brachte.

Ohnehin zeigen die Zahlen zum deutschen Sportwetten-Markt, dass mindestens acht von zehn Wetten Anbieter-abhängig dem runden Leder zuzuschreiben sind. Zudem konnte die WM dank des enormen Erfolgs des deutschen Teams in der Analyse nicht nur überzeugte Spieler anziehen, die schon seit langem aktiv wetten. Viele Neukunden ließen sich mitreißen und versuchten ihr Glück mit eigenen Wetten.

Abzuwarten bleibt nun, ob sich die Sportwettenbetreiber mit Deutschland-Zulassung und damit im Grunde im gleichen Maße der deutsche Fiskus nun über anhaltend hohe Einnahmen freuen dürfen, oder ob die WM eher die Ausnahme von der Regel war. Wobei: Steigende Kundenzahlen können die Betreiber schon seit einigen Jahren vorweisen.

Video: Kult-Sendung: "Wetten dass..?" verwirrt den nächsten Hollywood-Star

20 Wörter, die ursprünglich etwas völlig anderes bedeutet haben

$
0
0
In die Ursprünge und Etymologien von Wörtern, die wir ganz selbstverständlich verwenden, einzutauchen, kann amüsante, überraschende und manchmal ein bisschen absurde Ergebnisse zu Tage fördern.

Was könnte zum Beispiel unpassender sein, als den bekannten russischen Hochprozenter „Wodka" zu taufen? Das Wort stammt nämlich aus dem Russischen und bedeutet übersetzt so viel wie „kleines Wasser" - na dann, Prost! Zur Verteidigung der Russen ließe sich allenfalls anbringen, dass Wodka schließlich neben jeder Menge Alkohol auch ein klein wenig Wasser enthält.

Doch dieses Beispiel ist lange nicht das einzige, das die deutsche Sprache bereithält. Hier kommen 20 ganz gewöhnliche deutsche Ausdrücke, die ursprünglich etwas völlig anderes bedeutet haben:

ADVENT heißt „das Kommen": Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Verb „venire" her und bedeutet „vorkommen, kommen, sich ereignen". Die vier Wochen Advent bereiten also das Kommen von Jesu Christi vor.

ALARM heißt „zu den Waffen": Der Begriff stammt aus der Italienischen Redewendung „all'armi", was so viel wie „an die Waffen" bedeutet.

AMPEL heißt „kleines Fläschchen": Der nervige Alltagsgegenstand „Ampel" hat tatsächlich eine rührende etymologische Geschichte. Das Wort leitet sich aus dem lateinischen Begriff „ampolla" her, das „kleine Fläschchen". Die Ampel war im Mittelalter ein "ewiges" Licht, das sein Öl aus einem Tongefäß bezog. Heute brennt das Licht der Ampeln ebenfalls ewig, nur scheint es ständig auf Rot zu stehen.

ANEMONE heißt "Tochter des Windes": Seeanemonen sind nach der Anemonen-Blume benannt, die sich laut der alten Griechen nur dann öffnete, wenn der Wind wehte.

ANIMIEREN heißt „beseelen":
Wieder haben wir es mit einem lateinischen Wortursprung zu tun. Der Begriff kommt von „anima", was übersetzt „Seele" bedeutet.

APOTHEKE heißt "Vorratskammer ":
Der Begriff kommt aus dem Griechischen und bezeichnete ursprünglich einen Aufbewahrungsort für unterschiedlichste Vorräte. Sollten Sie einmal zufällig in eine alte Apotheke stolpern, wird Ihnen diese Assoziation gar nicht mehr so abwegig vorkommen. Die Tausenden Schubladen und Behältnisse mit unterschiedlich duftenden Kräutern erinnern tatsächlich an eine heimische Vorratskammer.

CALAMARI heißt "Wie ein Stift": Ursprünglich bezeichnete das Wort Camalari nur Sepia und nicht gewöhnlichen Tintenfisch, und es lag wahrscheinlich an der festen, stiftförmigen Schale der Sepia (und der Tatsache, dass sie voller Tinte zu sein schien), dass es zu dem Namen kam. Das Wort leitet sich aus dem lateinischen Wort „calamus" her, das „Stift" bedeutet.

DESASTER heißt „schlechter Stern": Hinter diesem Begriff steckt das griechische Wort „asteri", was „Stern" bedeutet. Diese etymologische Herkunft hat doch etwas Tröstendes: Wir sind für unsere persönlichen Desaster eben nicht selbst verantwortlich, sondern die Sterne, also das Schicksal, sind schuld. Gut zu wissen...

DESERTIEREN heißt „in die Wüste laufen": Das Wort kommt aus dem Lateinischen. Wahrscheinlich rührt der Begriff daher, dass kriegerische Schlachten damals irgendwo im Nirgendwo stattfanden, ein Deserteur sich also nach erfolgreicher Flucht in totaler Wildnis widerfand.

GYMNASIUM heißt "Ort, an dem nackt trainiert wird": Im alten Griechenland trainierten Athleten ohne Bekleidung, deshalb wurden Orte, an denen sich die Sportler ertüchtigten, nach dem Wort „gymnos" („nackt") benannt. Im Englischen bedeutet ja das Wort "gym" noch immer "Turnhalle". Wie allerdings wir Deutschen auf die Idee verfallen sind, aus Turnhallen, in denen nackt trainiert wird, ein Wort für „Höhere Schule" zu machen, bleibt rätselhaft.

INSPIRIEREN heißt "einatmen ": Alles, was irgendwie auf -spirieren endet (also transpirieren, konspirieren), stammt von dem lateinischen Wort "spirare" ab, was "blasen" oder "atmen" bedeutet. Unsere poetischen Assoziationen mit dem Wort "Inspiration" gehen also auf eine profane körperliche Tätigkeit zurück, die wir alle Hunderte Male am Tag vollziehen. Irgendwie ein wenig enttäuschend, oder?

KASINO heißt "kleines Haus": Ein Kasino war ursprünglich ein Musik- oder Tanzsaal, in dem alle möglichen unterschiedlichen Darbietungen stattfanden. Erst im 17. Jahrhundert änderte das Wort seine Bedeutung dank eines Kartenspiels, das sich „Cassino" nannte.

ORANGUTAN heißt "Mann des Waldes": Das Wort stammt aus dem Malaysischen. Es ist möglich, dass der Begriff ursprünglich von verschiedenen Stämmen benutzt wurde, um Mitglieder eines anderen Stammes zu bezeichnen. Die europäischen Entdecker im späten 17. Jahrhundert haben da aber etwas reichlich missverstanden und den Ausdruck kurzerhand für die Affen im Wald verwendet.

REDUNDANT heißt "überbordend voll": In dem Sinne, dass es buchstäblich "redundant " ist, ein volles Behältnis noch weiter füllen zu wollen. Das Wort kommt aus dem Lateinischen. Das Verb „undare" heißt wörtlich übersetzt „wie Wellen auf- und absteigen".

SCHMALTZ heißt "geschmolzenes Fett": Das Wort kommt ursprünglich aus dem Jiddischen, von dem Verb „smalzen", aus dem im Deutschen „schmelzen" geworden ist.

SOLDAT heißt „bezahlt": Für Ehre und Vaterland? - so ideologisch aufgeladen war das Selbstverständnis eines Soldaten damals nicht. Krieger zu sein, das war schlicht ein lukrativer Beruf. Deshalb leitet sich das Wort Soldat von dem italienischen Wort „soldo" ab, was übersetzt „Geld" bedeutet.

TANGO heißt „ich berühre": Der wohl erotischste Tanz, den die Menschen bislang erfunden haben, hat einen sehr passenden Wortursprung. Er leitet sich von dem lateinischen Verb „tangere" („berühren") ab. In der ersten Person Singular bedeutet das dann „ich berühre". Na, darum geht es also beim Tango wirklich, wir haben es doch schon immer geahnt.

TELEPATHIE heißt "aus der Ferne fühlen": Das Wort wurde 1882 von dem englischen Psychologen Frederic Myers geprägt. Das Präfix Tele- (wie in Telefon oder Telekommunikation) bedeutet "aus der Ferne", während das Suffix -pathie ein Gefühl oder eine Emotion beinhaltet (ebenso wie „Pathos" oder „Sympathie").

ULTRAMARINE heißt "jenseits des Meeres": Dieses poetisch klingende Wort kommt - wie könnte es anders sein - aus der Kunst. Es bezeichnete von Anfang an die dunkelblaue Farbe des Lapis Lazuli Steins, aus dem kostbare blaue Malfarbe hergestellt wurde. Der Stein wurde aus Afrika nach Europa importiert.

VIDEO heißt "ich sehe": Wenn Sie Latein können, wissen Sie, dass "video" die erste Person Singular im Indikativ des Verbs "videre" ist und "ich sehe" bedeutet. Das Gleiche gilt übrigens für den Begriff „audio": Er kommt von dem Verb "audire", das "hören" bedeutet.





Schnelle Nachrichten, spannende Meinungen: Kennen Sie schon die App der Huffington Post?


Sie können sie rechts kostenlos herunterladen.




Get it on Google Play






Video: Therapierbare Sprachstörung: Diese Stars stotterten

Haltung statt Technik - Warum Pick-up Artists scheitern

$
0
0
Pick-up Artists stehen in der Kritik: ihnen werden fiese bis gewalttätige Methoden vorgeworfen, mit denen sie Frauen flach legen. Ihre Seminare sollen jetzt verboten werden.

Ein Plädoyer gegen angelernte Flirttechniken.

Ein guter Flirter trainiert nicht einer allgemeingültige Standardlösung. Denn es gibt nicht den einen Flirttypen, sondern mehrere verschiedene. Insofern gibt es nicht die eine richtige Flirtstrategie. Vielmehr sollte jeder auf Grundlage seiner Ressourcen seine persönliche Flirtsprache entwickeln, die zu ihm passt. Nur mit dieser wirkt er echt und glaubwürdig.

Nehmen wir als Beispiel den Filmklassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier". Hier gerät ein zynischer, egozentrischer Mann in eine Zeitschleife und erlebt ein und denselben Tag immer wieder aufs Neue. Er hat ein Auge auf eine attraktive Kollegin geworfen, die er verführen will, indem er jeden Tag mehr über sie herausfindet und sein Vorgehen somit präziser auf sie abstimmen kann. Doch so sehr er sich auch bemüht und die vermeintlich beste Taktik wählt, an irgendeinem Punkt endet das Ganze stets mit einer schallenden Ohrfeige. Irgendwas scheint nicht zu funktionieren.

Dieses besondere Etwas bezieht sich unserer Meinung nach auf einen außerordentlich wichtigen Punkt, der sich am besten mit den Worten „Haltung statt Technik" beschreiben lässt. Unter Technik verstehen wir die Fülle an vorgefertigten Aufreiß- und Flirtsprüchen sowie das Einstudieren eines starren Vorgehens nach einem festgelegten Plan, in dem genau beschrieben wird, welche Gestik auf welchen Satz, welche Wendung auf welche Reaktion des Objektes zu folgen hat, wie es Pick-up-Artists ihren Klienten vermitteln. Doch damit werden Sie unserer Meinung nach nicht weit kommen.

Technik ist kompliziert und mühsam zu erlernen.
Im besagten Film erreicht das Vorgehen des Eroberers ein derart unglaubliches Maß an Verfeinerung, dass seine Kollegin einmal begeistert sagt: „Ein perfekter Abend - niemand hätte ihn so planen können." Daraufhin entgegnet er: „Man kann schon, es ist nur ein Riesenhaufen Arbeit." In seinem Falle geht es um die Verführung einer einzelnen Frau und nicht um ein Standardrezept, dem alle Frauen erliegen sollen. Trotzdem wird deutlich, wie kompliziert und störanfällig so ein ausgefeiltes System ist und welche immense Gedächtnisleistung es abverlangt, wenn Schritt für Schritt genau nach Plan vorgegangen werden muss.

Technik greift zu kurz.
An unserem Beispiel wird deutlich, dass bei jedem Fehler im Vorgehen der mühsam aufgestellte Plan zur Verführung zusammenbrechen kann. Jede Flirttechnik kann noch so gut einstudiert sein, sie hangelt sich letztlich doch nur von Stufe zu Stufe. Ist der erste Schritt beim Flirten gemeistert und das Eis gebrochen, braucht es den nächsten Schritt, um verbindlicher zu werden.
Was nützt es also, den vermeintlich besten Flirtspruch der Welt auf Lager zu haben, wenn man danach nicht weiß, wie ein lebendiges Gespräch zu führen ist oder die geeignete Atmosphäre hergestellt werden kann, um die Umworbene in den Bann zu ziehen?
Mit einem einzig auf Technik aufgebauten Flirtverhalten verschiebt sich quasi der Moment des Scheiterns nur an den Punkt, an dem die einstudierte Technik mit ihrem Konzept am Ende ist. Ob sich dafür der Aufwand des Lernens lohnt, muss jeder selbst für sich entscheiden.

Technik ist langsam.
Damit wir uns nicht falsch verstehen - es ist förderlich, viel über die komplexen, vornehmlich unbewussten Prozesse zu wissen, die beim Kennenlernen oder in Beziehungen ablaufen. Unser Bewusstsein hat aber eine deutlich begrenztere Kapazität als unser Unterbewusstsein, welches viele Prozesse in Windeseile und parallel erledigen kann. Deshalb kommt eine detaillierte Anleitung zum perfekten Date dem Versuch gleich, einem Rennpferd in gestrecktem Galopp die Hufe zu beschlagen. Kennen Sie die Geschichte vom Tausendfüßler, der während des Gehens anfing, über die Koordination seiner Beine nachzudenken, und dann auf die Nase fiel? Für dieses Problem gibt es durchaus eine Lösung, nur eben keine rein technische.

Technik ist unpersönlich.
Je mehr wir einer versteckten Gebrauchsanleitung folgen, desto schneller fühlt sich unser Gegenüber- wie ein Videorecorder - bedient und als Person übergangen. Wir können dies aus der Praxis unserer Flirtseminare bestätigen. In fast allen Übungen, in denen sich ein Mann, der viel zum Thema "Wie reiße ich mit besonders effizienten Techniken eine Frau auf" gelesen hat, im Flirten ausprobiert, melden die weiblichen Kursteilnehmer zurück, dass ihnen dabei unbehaglich wird. Der Grund dafür ist, dass hinter den ganzen ausgefallenen Tricks und Sprüchen keine interessierte und wertschätzende Haltung zu spüren ist. Dem ganzen Bemühen fehlt es an Wärme! Umgekehrt berichten viele Männer, dass sie auf den Flirtexkursionen am Samstagabend in der freien Wildbahn zahlreiche bis zur Perfektion gestylte Frauen sehen, die eine Aura der Unantastbarkeit verbreiten und deshalb nicht angesprochen werden. Auch hier verhindert die Fassade eine ernst gemeinte Kontaktaufnahme.

Technik macht abhängig.
Wer durch Techniken beim Flirten vorankommt, der schreibt seinen Erfolg meistens der Technik zu und selten der Tatsache, dass er selbst liebenswert ist und sich bislang nur nicht getraut hat, aktiv zu werden. Gerade wer Techniken als Schutz vor der eigenen Unsicherheit benutzt, wird schnell davon abhängig, weil er glaubt, es gehe nicht mehr ohne - und das wäre doch schade.

Technik lähmt die Spielfreude.
Jemand, der zielgerichtet und technisch flirtet, läuft Gefahr, zu übersehen, dass das berühmte zwischenmenschliche Prickeln vor allem mit Spontaneität und Spielfreude zusammenhängt. Der technisch versierte Flirter fühlt sich mit seinem Rüstzeug sicher und hat kein Empfinden für die vielen feinen Nuancen, die das Gegenüber mit Gestik, Mimik und Körpersprache signalisiert. Schnell kann die Offensive dann an der eigentlichen Stimmung vorbeigehen. Um es mit John Lennon auf den Punkt zu bringen: „Leben ist das, was passiert, während du dasitzt und andere Pläne machst."

Technik taugt nicht für Beziehungen.
Das Problematischste an einstudierten Flirttechniken ist unserer Meinung nach die Tatsache, dass darin versierte Flirter nur selten glückliche Beziehungen führen. Wer einen Partner nach einem antrainierten Plan verführt hat, der muss in einer späteren Phase der Beziehung entweder die Maske aufbehalten (wie es die entsprechende Literatur für Männer und Frauen tatsächlich empfiehlt) oder riskieren, dass sich der Partner geblendet und betrogen fühlt, sobald er das wahre Gesicht zu sehen bekommt. Nicht selten folgt dann die Trennung. Was bleibt, ist die Unzufriedenheit des Enttarnten, weil dieser sich weder angenommen noch geliebt fühlt, so wie er ist. Wenig verwunderlich, schließlich aht er sich nie wirklich gezeigt.

Haltung ist das Wichtigste.
Am Ende gewinnt der Held doch noch das Herz seiner Kollegin. Aber vorher muss er loslassen - in technischem Sinne gesprochen resignieren. Er lernt um, fängt an Dinge zu tun, an denen er selbst Freude hat, und seine zynische Grundhaltung verändert sich nach und nach ins Positive. Schließlich orientiert er sich an der Devise „nutze den Tag" und wird der begehrteste und beliebteste Mann der Gegend. Die Veränderung zu einer positiven, wertschätzenden Haltung hin führt automatisch zu einer anziehenden Ausstrahlung.

Haltung kommuniziert sich unbewusst.
Die Grundhaltung eines Menschen drückt sich auf mehreren Ebenen aus. Neben der Sprache und den Inhalten wird eine Haltung vor allem auch durch die Körpersprache und unbewusste Nuancen transportiert. Deshalb kann eine erlernte Technik auch niemals eine offene und wertschätzende Haltung ersetzen. Sie kann sie zwar imitieren, wird aber den Geruch der Unehrlichkeit nicht los.

Haltung trägt immer.
Im Gegensatz zur Strategie mittels Technik muss jemand, der tatsächlich neugierig und interessiert an einem anderen Menschen ist und zu sich selbst steht, nicht über den nächsten Schritt beim Flirten nachdenken. Wenn sich ein Problem einstellt, wird ihn das nicht unter Druck setzen. Wer vertrauenswürdig ist, weil er andere Menschen wertschätzt, läuft weder zu Anfang, noch in einem späteren Stadium der Beziehung Gefahr, entlarvt zu werden.

Haltung führt zu uns selbst.
Im wahrsten Sinne des Wortes verkörpert jeder Mensch eine Haltung. Da der Körper immer im Augenblick ist, bringt uns eine gute Grundhaltung nicht nur ins Hier und Jetzt, sondern auch zu uns selbst. Wir werden authentischer, wenn wir uns mit wohlfühlen und jemand, der uns so kennen- und vielleicht lieben lernt, meint dann wirklich uns. Das ist sicherlich eine hervorragende Voraussetzung für eine langfristige Beziehung.

Wie nun weiter?
Tipps und Techniken sind immer dann sinnvoll, wenn sie als Anregungen verstanden werden oder als Notlösungen im Hinterkopf dabei helfen, überhaupt aktiv zu werden. Sie können zwar das Eis brechen, aber ohne die richtige Haltung nicht losgelöst funktionieren. Eine offene, spielfreudige Haltung und die Wertschätzung des Gegenübers kommunizieren sich auf allen unbewussten Kanälen. Deshalb kann jemand, der sich unsicher fühlt, das auch nicht mit Techniken übertünchen. Wer dagegen gelernt hat, dass Unsicherheit im Kontakt völlig in Ordnung ist und vom Partner sogar häufig als Kompliment empfunden wird, der hat einen gewaltigen Schritt in Richtung einer authentischen Begegnung getan.


Der Beitrag "Haltung statt Technik - Warum PickUP Artists scheitern" ist ein Auszug aus „Die Dating Docs" (Goldmann Mosaik oder als eBook) von Eric Hegmann und Lisa Fischbach

renk - Das deutsch-türkische Kulturmagazin

$
0
0
Eine neue Generation wühlt klassische Industrien auf. Junge Unternehmer, die für ihre Ideen brennen. Die nicht nur davon reden, sondern machen. Mit der Reihe StartUps der Huffington Post werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und schaffen eine Plattform für kreative Ideen und ungewöhnliche Konzepte.
Wir stellen nur die Fragen. Denn die Akteure von morgen wissen in der Regel selbst am Besten, was sie sagen wollen.


Wenn auch Ihre Idee Teil der Reihe StartUps werden sollte, schreiben Sie eine Mail an blogs@huffingtonpost.de.

2014-11-14-renk_Essay_00.jpg

renk.Magazin

Was ist dieses renk.?
renk. ist ein Onlinemagazin zur Aufdeckung deutsch-türkischer Ausnahmeverhältnisse. Mit dieser Plattform soll das Leben des neuen und jungen deutsch-türkischen Miteinanders gezeigt und aktiv mitgestaltet werden. renk., das ist Türkisch und heißt auf Deutsch »Farbe«. Mit diesem Begriff gehen wir als Überbau nicht nur visuell ansprechend um, sondern möchten das bunte Deutschland in all seinen Farbfacetten aufzeigen.

Das Onlinemagazin portraitiert seit Anfang 2013 Menschen und Projekte, welche in den Themenbereich Design und Kultur fallen. renk. verwendet den Aspekt der Kreativität zur Übermittlung von Identität und Kultur.

2014-11-14-renk_Essay_02.jpg


Wie kann man Identität über Kreativität vermitteln?
Als erstes deutsch-türkisches Kulturmagazin verbindet renk. mit einem hohen gestalterischen Anspruch auch einen Vermittlungsauftrag jenseits der gängigen deutschen Integrationspolitik. Wir zeigen, dass Ausnahmen die Regel sind und möchten weg vom Klischee des »Vorzeigetürken«.

Mit diesem Klischee wird immer auch ein Ausnahmestatus generiert, der nur eine exemplarische Minderheit abbilden kann und nicht als Identifikationsfigur für die Mehrheit der jungen Deutsch-Türken in Deutschland geeignet ist. Bei renk. sollen Menschen und Themen jenseits der gängigen Klischees und nahe an der Zielgruppe im Mittelpunkt stehen.

Wir verstehen die Plattform als Ort des Zusammentreffens von Individualität, Mut und zeigen das Unerwartete. Ein Leben, das eben nicht nur aus Kopftuch und Aldi-Tüte besteht.



In 140 Zeichen: Wie wirst Du mit Deiner Idee die Welt verändern?
Ich werde so lange auf Klischees herumreiten bis der kulturelle Hintergrund kein Kriterium mehr für Ausgrenzung ist.

Wo bist Du auf die Idee gekommen?
Im Bus auf dem Weg zu Uni.

Für welche Überzeugung halten Dich andere Menschen für verrückt?
Das Cola und Pommes wichtige Grundnahrungsmittel sind.

Wie wird Deutschland zu einem Gründerland?
Durch mehr öffentliche Förderprogramme und aufrichtige Wertschätzung von Innovation. Vor allem aber Bildung die angewandter ist.

Was war Dein größter Fehler?
Die Frage würde ich gern in zwanzig Jahren noch einmal gestellt bekommen. Bis jetzt läuft's!

Welcher Unternehmer hat Dich am meisten beeinflusst?
Lars Harmsen (Slanted.de)

Was bedeutet Work-Life-Balance für Dich?
Tja, was das angeht, habe ich das Gefühl noch in der Grundschule zu sein.

Welche Technologie wird die nächsten 10 Jahre prägen?
Elektronisches und faltbares Papier. Als Grafikdesignerin bin ich immer noch ein Fan von Büchern und der Gestaltung auf Papier, aber langsam macht sich Nostalgie breit.


Mehr Informationen über das renk.Magazin gibt's hier.

Kein Stress mit der beruflichen Weihnachtspost - So klappt es!

$
0
0
Ich weiß, was viele von Ihnen in ungefähr einem Monat tun werden - Sie werden am Schreibtisch sitzen und denjenigen verdammen, der die Idee hatte, dass man zu Weihnachten Grußkarten an seine (wichtigen) Kunden, Partner und Mitarbeiter verschickt.

Gut, zahlreiche Menschen machen es sich einfach: Sie kaufen vorgedruckte Karten und setzen einfach Ihre Unterschrift darunter. Dass solche lieblose, nichtssagende Weihnachtsgrüße jedwede Wirkung verfehlen, muss man nicht begründen. Genauso gut könnte man als Grußtext auch „ICH HABE MEINE PFLICHT ERFÜLLT - EIGENTLICH INTERESSIEREN SIE MICH NICHT" eindrucken lassen.

Dabei bieten Weihnachtskarten eine hervorragende Chance zur Beziehungspflege. Wenn man es richtig macht. Wer sich an ein paar wenige Regeln hält, wird eine bleibende Wirkung beim Empfänger erzielen und kann Pluspunkte sammeln. Hier die zehn Schritte des Weihnachtspost-Management:

Schritt 1: Erstellen Sie eine Liste der Empfänger!

Jedes Jahr die gleichen Fragen: Wer bekommt eine Karte? Wem habe ich letztes Jahr eigentlich geschrieben? Wen hatte ich vergessen? Wer ist dieses Jahr neu hinzugekommen? Langes Grübeln erspart man sich, wenn man in seiner Kontaktdatenbank festhält, wer eine Karte erhält und wer nicht.

So kann man beispielsweise in Outlook eine neue Kategorie „Weihnachtskarte" anlegen und diese allen Kontakten zuweisen, die zum Jahresende mit einem Gruß bedacht werden sollen. Über eine einfache Filterfunktion kann man sich dann zum gegebenen Zeitpunkt anzeigen lassen, wem man alles schreiben möchte/sollte.

Schritt 2: Machen Sie sich einen Plan!

Sie wissen nun, wie viele Karten Sie zu schreiben haben. Wer nur wenige Weihnachtsgrüße zu verfassen hat, kann dies vielleicht an einem Nachmittag erledigen. Wer jedoch eine dreistellige Zahl von Karten zu verfassen hat, benötigt mehr Zeit.

Deshalb: Je umfangreicher die Liste der Empfänger ist, desto wichtiger ist es, dass Sie die Aufgabe aufteilen und frühzeitig beginnen. Rechnen Sie also aus, wie viele Arbeitstage Ihnen noch bis Weihnachten bleiben und verteilen Sie das Schreiben gleichmäßig auf alle Tage - dann sollte es eine bewältigbare Aufgabe sein.

Schritt 3: Beschaffen Sie (ausreichend) Grußkarten!

Prima, Sie haben nun einen Plan. Bevor Sie loslegen können, benötigen Sie natürlich noch die Karten selbst. Nicht jeder kann es so machen, wie ich es tue, nämlich meine Tochter die Karten anfertigen lassen. Meine 20 besten Kunden bekommen individuelle Karten mit Weihnachtsmotiven, die Klara gemalt hat (dafür gibt es 50 Cent pro Stück).

Im Normalfall verfügt man wahrscheinlich nicht über so eine Möglichkeit, weshalb vorgefertigte Karten herangezogen werden müssen. Budget und Geschmack entscheiden, welche Karten-Ausführung man wählt. Bei einer größeren Zahl von Karten kann es lohnend sein, diese selbst entwerfen und drucken zu lassen.

Vielleicht wollen Sie mit dem Kauf der Karten gleichzeitig etwas Gutes tun und etwa UNICEF oder eine andere caritative Einrichtung unterstützen? Beschaffen Sie auf jeden Fall ein paar Karten mehr, als Sie vorhaben zu schreiben. Man wird sich mal verschreiben oder ein Kunde wird einem einfallen, der noch nicht auf der Liste steht.

Schritt 4: Besorgen Sie sich einen guten Stift!

Einen Stift? Ja! Denn Weihnachtskarten werden mit der Hand verfasst. Keine Ausrede! Wer Grußtexte am PC schreibt und dann ausdruckt, nimmt seinem Text jeden Flair. Daher: Überlegen Sie sich, mit welcher Art von Stift (zu empfehlen: Füller, Tintenschreiber; weniger gut: Kugelschreiber) Sie Ihre Karten beschriften wollen und besorgen Sie sich diesen, sofern sie noch keinen haben.

Selbstredend sollten Sie sich um eine halbwegs lesbare Handschrift bemühen - schließlich wollen Sie ja nicht, dass der Empfänger rätseln muss, was Sie da zu Papier gebracht haben. Und bitte: Beauftragen Sie nicht eine/n Auszubildende/n oder Ihre/n Assistentin/en damit, Karten für Sie zu schreiben - solche Aufgaben lassen sich nicht delegieren.

Schritt 5: Kaufen Sie Sondermarken!

Weihnachtskarten, die mit einer Frankiermaschine freigemacht wurden, wirken steril. Genau das Gegenteil wollen Sie jedoch erreichen. Also heißt es, klassische Briefmarken zu besorgen. Besser als die Standardmarken sind Sonderbriefmarken, welche die Deutsche Post zur Vorweihnachtszeit auflegt.

Schritt 6: Machen Sie sich Gedanken über die Verpackung!

Sofern Sie nicht nur Karten, sondern auch ein Geschenk versenden wollen, ist es wichtig, sich im Vorfeld über geeignetes Verpackungs-/Versandmaterial zu informieren und dieses rechtzeitig zu bestellen. Bedenken Sie auch, ob/wie die Karte zum Geschenk gepackt wird. So ist etwa bei Weinflaschen die Geschenkverpackung eventuell nicht breit genug, um eine (große) Karte beizulegen.

Schritt 7: Wählen Sie eine herzliche Anrede!

Während man in Standard-Geschäftsschreiben typischerweise die Formulierung „Sehr geehrte/r ..." wählt, darf man bei der Weihnachtspost durchaus „wärmer" werden. Sofern es Ihrem Verhältnis zum Empfänger entspricht, sollten Sie also besser mit „Liebe/r Frau/Herr XY" beginnen.

Schritt 8: Formulieren Sie einen persönlichen Einstieg!

Der überwiegende Teil an Weihnachtskarten, die ich bislang gelesen habe, ist völlig austauschbar. Der Text hat keinerlei persönlichen Bezug zum Empfänger. Machen Sie es besser! Dies geht ganz einfach, indem Sie öfters in der ersten Person Singular schreiben, also „ich" verwenden. Schreiben Sie also nicht: „Vielen Dank für die angenehme Zusammenarbeit", sondern: „Ich habe unsere Zusammenarbeit als sehr angenehm empfunden." Idealerweise erwähnen Sie, worin genau die Zusammenarbeit bestand: „Ich habe sehr gern mit Ihnen beim Projekt ABC zusammengearbeitet."

Schritt 9: Schreiben Sie im Hauptteil über das, was Sie am Empfänger schätzen!

Statt ein Floskel-Feuerwerk abzubrennen, sollten Sie im Hauptteil konkret benennen, was Sie mit dem Empfänger verbindet, wie Sie sie/ihn erlebt haben oder was Sie an ihr/ihm schätzen. Ich weiß: Dies ist oft schwierig und bedeutet eine Gratwanderung, denn zu viel Nähe/Vertrautheit möchten viele Menschen im Geschäftsleben nicht zeigen.

Zudem sollte man ehrlich und authentisch sein. Einem Kunden, der sich als wahrer Kotzbrocken aufgeführt hat, wird man kaum eine „herzliche Art" attestieren. Wenn Sie jedoch tatsächlich jemanden als nett empfunden haben, dann sagen Sie ihr/ihm dies auch: „Ich habe Sie als sehr aufgeschlossenen und zuvorkommend kennengelernt."

Schritt 10: Enden Sie mit realistisch-optimistischen Wünschen!

Ich weiß nicht, wer die Weihnachtszeit tatsächlich als „stade" Zeit erlebt. Ich kenne nur Menschen, die über ein besonderes Maß an Stress in der Weihnachtszeit klagen. Vielleicht bin ich nur mit den falschen Personen bekannt? Ich habe jedoch das Gefühl, dass dies tatsächlich von der Mehrheit der Bevölkerung so empfunden wird.

Da klingt es wie Hohn, wenn man zum Abschluss „ruhige und erholsame Tage" wünscht. Besser ist es auf solche Formulierungen zu verzichten und stattdessen gute Wünsche für das neue Jahr auszusprechen, wie etwa: „Ich wünsche Ihnen viel Energie und Enthusiasmus für 2015 - möge Sie das neue Jahr mit zahlreichen privaten Glücks- und beruflichen Erfolgserlebnissen überraschen."

Genau dies und wenig Stress mit dem Schreiben von Weihnachtskarten wünsche ich Ihnen!





Schnelle Nachrichten, spannende Meinungen: Kennen Sie schon die App der Huffington Post?


Sie können sie rechts kostenlos herunterladen.




Get it on Google Play






Video: Wetterexperten: Bikiniwetter an Weihnachten?

Antisemitismus ist ein Dolchstoß ins Herz unserer Gesellschaft

$
0
0
Vor zehn Jahren trafen sich Vertreter der OSZE-Staaten hier in Berlin - in der Stadt, in der vor über 70 Jahren das größte Menschheitsverbrechen, die Shoah, die Vernichtung des europäischen Judentums beschlossen, geplant und ins Werk gesetzt wurde.

Sie trafen sich 2004 hier in Berlin, um ein gemeinsames Bekenntnis gegen Antisemitismus abzulegen.

Heute sind Sie alle, die Vertreter und Vertreterinnen der OSZE-Teilnehmerstaaten, der Regierungen, der Parlamente und der Zivilgesellschaft, erneut unserer Einladung in die deutsche Hauptstadt gefolgt, um nach zehn Jahren auf die damals verabschiedete „Berliner Erklärung" zurückzublicken und in den vielen Foren miteinander zu diskutieren, wo wir stehen. Es freut mich, Sie so zahlreich begrüßen zu dürfen!

Die Berliner Erklärung vor 10 Jahren war ein Meilenstein in der Bekämpfung des Antisemitismus auf internationaler Ebene. In ihr ächteten die Staaten nicht nur den Antisemitismus als Gefahr für Demokratie, Menschenrechte und für die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Sondern sie sprachen sich auch für konkrete operative Schritte gegen Antisemitismus auf nationaler und internationaler Ebene aus.

In der heutigen Veranstaltung geht es also nicht nur um Erinnerung, sondern um eine Bestandsaufnahme.

Haben wir unseren Worten von 10 Jahren in ausreichendem Maße Taten folgen lassen? Das ist eine der zentralen Fragen, die uns heute miteinander bewegt.

Für mein Land, Deutschland, möchte ich Ihnen eine Antwort in zwei Teilen geben.

Im ersten Teil meiner Antwort bin ich froh, Ihnen sagen zu können: Jüdisches Leben blüht wieder auf in Deutschland!

Neue Synagogen, Kindergärten, Schulen, Kultureinrichtungen - Allen historischen Wunden zum Trotz ist Deutschland für zehntausende von Juden eine neue, eine offene Heimat geworden! Aber nicht nur das:

Hier in Berlin leben tausende, meist junge Israelis, die von der Kreativität dieser Stadt angezogen werden und selbst dazu beitragen. Der größte jüdische Gesangs- und Tanzwettbewerb Europas findet regelmäßig in Deutschland statt. Nächstes Jahr kommt die größte jüdische Sportveranstaltung Europas nach Berlin: die European Makkabi Games mit über 2000 jüdischen Athleten. Und Sie werden es mir nicht glauben: Heute kriegen Sie in Berlin sogar einen vernünftigen Bagel...

Von all diesen Schlaglichtern jüdischen Lebens möchte ich eines hervorheben, das mich besonders berührt hat.

Vor wenigen Wochen war ich in Breslau, einst ein Zentrum jüdischen Lebens in Europa.

Liebe Charlotte Knobloch, am 1. September kamen wir nach Breslau, auf den Tag genau 75 Jahre, nachdem Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg vom Zaun brach. An diesem Tag, 75 Jahre später, saß ich in der alten Synagoge zum Weißen Storch und war Zeuge der ersten Ordination von Rabbis seit dem Krieg - vier jungen Rabbis, die hier in Berlin und Potsdam ausgebildet wurden - am Abraham-Geiger-Kolleg, dessen Rektor Walter Homolka heute hier ist.

Das war ein Moment, der niemand im Saal unberührt gelassen hat und den auch ich nicht vergessen werde!

Ja, jüdisches Leben blüht wieder in Deutschland und in Europa.

Im Angesicht der Geschichte ist das nicht weniger als ein Wunder und ein Segen - ein Segen, an dem viele von Ihnen in diesem Saal Anteil haben! Jüdisches Leben ist zurück im Herzen dieses Landes - und dort gehört es hin! Das ist ein Glück, eine Bereicherung, deren wahre Bedeutung auch viele in unserem eigenen Land noch nicht erkannt haben.

Und weil das so ist, meine Damen und Herren, liebe Freunde, will ich im zweiten Teil meiner Antwort genau so ehrlich und genau so entschieden sein:

Antisemitismus ist ein Dolchstoß ins Herz dieser Gesellschaft! Antisemitismus geht gegen unsere Verfassung, gegen unsere Zivilisation - gegen alles, woran wir glauben, und alles, was wir gelernt haben!

Und deswegen geht es hier nicht nur um den Schutz und die Rechte einer sogenannten Minderheit, sondern es geht ins Herz dieser Gesellschaft: In unserem Verständnis eines freien, demokratischen und toleranten Deutschlands ist kein Platz und darf kein Platz sein für Antisemitismus, meine Damen und Herren!

Deshalb sind wir in Deutschland in den zehn Jahren seit der Berliner Erklärung auf vielerlei Art aktiv geworden: durch den Ausbau von Aufklärungsprogrammen, Schulunterricht, Jugendarbeit, Förderung von Initiativen, die sich gegen Antisemitismus engagieren und vieles mehr. Natürlich auch durch die aktive Bekämpfung von Antisemitismus mit den Mitteln des Rechtsstaats und, vor allem, durch die Förderung jüdischen Lebens.

Vor wenigen Wochen durfte ich in New York dem Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland überreichen.

Es war eine schöne, würdige Feierstunde für diesen Mann, den wir alle verehren

Aber eines hat er dort zu mir gesagt, was mir, was uns allen sehr nahe gehen muss.

Er sagte: „Wenn man mir 1945 gesagt hätte, dass ich als alter Mann im Jahre 2014 noch gegen Antisemitismus kämpfen würde, hätte ich das nie geglaubt. Jetzt ist die Gefahr wieder da!"

Wir sind entsetzt über die Welle antisemitischer Hetze und Übergriffe, die in den letzten Monaten in vielen europäischen Städten ausgebrochen ist. Das Phänomen latent antisemitischer Einstellungen, die sich in vordergründiger Israel-Kritik niederschlagen, gibt es leider seit langem. Was wir in diesem Sommer erlebt haben, hat aber ein neues Ausmaß: Da wurden Angriffe auf jüdische Bürger verübt und Parolen gebrüllt, die an Hass nicht zu überbieten sind. Nicht nur bei uns, aber eben auch bei uns hat ein offener, brutaler Antisemitismus wiedermal seine hässliche Fratze gezeigt, der eine Gefahr ist, besonders für jüdische Bürger, aber eben für uns alle, für unsere Werte und für unsere Zivilisation - geprägt von Humanitas und Toleranz.

Deshalb sage ich in aller Klarheit: Nichts, auch nicht die dramatische militärische Konfrontation in Gaza, rechtfertigt die Ausfälle der letzten Wochen. Deshalb kommt es gerade jetzt auf die Null-Toleranz gegenüber Antisemitismus, die in der „Berliner Erklärung" angelegt ist, an. In diesem Sommer habe ich das gemeinsam mit meinen französischen und italienischen Amtskollegen in Brüssel öffentlich bekräftigt.

Aber, wie ich schon sagte: Eben nicht nur wir Politiker, sondern die Gesellschaft insgesamt ist aufgestanden, um den Antisemitismus zurückzuweisen. Mitte September haben tausende Menschen in einer großen Demonstration am Brandenburger Tor ihre Stimme erhoben und gerufen: Antisemitismus hat hier keinen Platz!

Nicht nur in Momenten wie jenem am Brandenburger Tor zeigt sich das Engagement einer verantwortungsbewussten Zivilgesellschaft, das wir dringend brauchen.

Auf dem gestrigen Veranstaltungstag konnte man sehen, wie viele zivilgesellschaftliche Organisationen sich judenfeindlichen Strömungen aktiv entgegenstellen. Gestern haben Sie in verschiedenen Arbeitsgruppen die bisherigen OSZE-Verpflichtungen, die aus der „Berliner Erklärung" von 2004 hervorgegangen sind, diskutiert, ausgewertet und weiterführende Empfehlungen für die OSZE-Teilnehmerstaaten entwickelt, die Sie heute Nachmittag vorstellen werden.

Ich will gleich vorneweg sagen: Sie sind es, die tagtäglich am Puls des gesellschaftlichen Lebens sind, und deshalb sollten wir Ihre Ideen und Vorschläge nach Kräften in unser politisches Handeln einfließen lassen.

Und deshalb wünsche ich dieser Konferenz nicht nur einen guten Verlauf, sondern auch Ergebnisse, die uns helfen, in unserem Einsatz gegen Antisemitismus und Judenhass! Vielen Dank.


Bei diesem Beitrag handelt es sich um die Eröffnungsrede von Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Festveranstaltung zum 10. Jahrestag der Berliner Erklärung der OSZE im Auswärtigen Amt (13. November 2014).

---


Das von Außenminister Frank-Walter Steinmeier initiierte Projekt "Review 2014 - Außenpolitik Weiter Denken" will eine breite gesellschaftliche Debatte über Ziele, Interessen und Perspektiven deutscher Außenpolitik anstoßen: www.review2014.de

2014-10-08-dadad.png

Warum immer mehr Menschen Altersarmut droht

$
0
0
Die Tendenz ist nicht neu, aber alarmierend: Immer mehr Menschen ab 65 Jahren sind auf Grundsicherung angewiesen. 2013 stieg in dieser Altersgruppe die Zahl der Empfänger um mehr als sieben Prozent. Insgesamt rund eine halbe Million Senioren konnten am 31.12.2013 nicht aus eigener Kraft ihre Grundbedürfnisse stillen.

Es ist gut und richtig, dass der Sozialstaat niemanden im Stich lässt. Die Frage bleibt: Was ist geschehen, dass so viele nicht mit ihrem „Lohn für Lebensleistung" menschenwürdig alt werden können und außerdem viele Renten knapp über dem Niveau der Grundsicherung liegen?

Ein Grund liegt auf der Hand: Immer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Das kann für Beitragszahler und Rentenempfänger nicht zufriedenstellend funktionieren. Der Ruhestand wird für manchen Bürger zum Sorgenstand.

Ruhestand als Sorgenstand

Übrigens: Viele Seniorinnen mit beklagenswert geringen Renten tauchen in dieser Statistik gar nicht auf. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner sorgen selbstverständlich und ohne mediale Präsenz täglich füreinander. Wer in einer stabilen, dauerhaften Partnerschaft lebt, schützt sich auch im Alter wirksam vor Armut.

Leider war über das Statistische Bundesamt eine fundierte Analyse der konkreten Erwerbsbiografien nicht möglich. Einen fokussierten Blick auf unterschiedliche Empfängergruppen (und mögliche Ursachen) lässt die Datenlage nicht zu.

Frauen sind besonders von Altersarmut betroffen

Wer sind diese Menschen? Meine These: Unstete Erwerbsverläufe und Beschäftigungsverhältnisse mit geringer Bezahlung verursachen die prekäre Situation im Alter. Dass vor allem Frauen davon betroffen sind, überrascht nicht. Zu viele arbeiten im Niedriglohnsektor oder aus familiären Gründen in Teilzeit. Kindererziehung und die Pflege Angehöriger im Alter werden hierzulande ja kaum honoriert.

Also verdienen - meist jedenfalls - die Frauen „etwas zum Einkommen des Partners hinzu" oder schlagen sich „nebenbei" mit unterbezahlten Jobs durch. Zwar werden Erziehungszeiten in der Rente angerechnet - doch mehr als ein Versuch, das Geleistete ansatzweise zu honorieren, ist das nicht. Scheitert die Beziehung im Laufe des Lebens, sind diese Frauen konkret von Armut bedroht.

Der Arbeitsmarkt ist dankbar für diesen Spagat am finanziellen Abgrund und setzt auf Frauen, die schnell in eine Lücke springen und ebenso schnell wieder zu „entsorgen" sind. Der Skandal um die „Schlecker-Frauen" ist uns allen noch gut im Gedächtnis.

Eltern tragen die größte Last für unser Rentensystem

Der schwere Tanker Rentenversicherung fährt mit voller Kraft auf den Eisberg zu, die Offiziere sehen die Gefahr und sind hilflos. Mit zu kurzen Paddeln versuchen wir verzweifelt, den Kurs zu korrigieren - dazu gehört auch die Überlegung, vermehrt auf Kapitaldeckung zu setzen. Dabei müssen sich auch und besonders intensiv jene in die Ruder legen, die den Kurs der Renten-Galeere am wenigsten zu verantworten haben: die Eltern von Kindern.

Sie erziehen und versorgen ihre Sprösslinge und leisten einen generativen Beitrag für die Rentenversicherung. Das Bundesverfassungsgericht nennt diesen Beitrag „konstitutiv". Ohne Kinder, die heute geboren werden, gibt es morgen keine Rentenzahler und das Schiff geistert ohne Mannschaft in den Untergang. Darüber hinaus zahlen Eltern in die Rentenkasse ein, als hätten sie keinen Nachwuchs.

Sie tragen, wie alle Beitragszahler, neben der Verantwortung für ihre Elterngeneration, zusätzlich auch den Aufwand für eine nachfolgende Generation. Aber nur mit diesem Nachwuchs hat unser Sozialversicherungssystem überhaupt eine Chance, die Seefahrt bei hohem Wellengang zu überstehen!

Sozialversicherung muss zukunftsfähig gemacht werden

Wir müssen endlich unser Sozialversicherungssystem zukunftsfähig machen! Das funktioniert nur, wenn Familien nicht weiter ausgeblutet werden. Kindererziehung muss bereits während der aktiven Erziehungsphase beitragsmindernd berücksichtigt werden.

Um Eltern in der Erziehungsphase zu entlasten, müssen die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung familiengerecht und kinderzahlabhängig gestaltet werden. Wie in der Steuer muss es mindestens einen Kinderfreibetrag geben. Sonst gerät schon eine Familie mit zwei Kindern, die von einem Facharbeiterlohn lebt, nach Abzug von Steuern und Abgaben mit ihrem Nettoeinkommen einschließlich Kindergeld unter die Armutsgrenze.

Die Forderung ist nicht neu: Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Pflegeversicherungsurteil schon 2001 entschieden, dass Eltern, die Kinder erziehen, nicht mit einem gleich hohen finanziellen Beitrag belastet werden dürfen wie Kinderlose.

Bis heute hat der Gesetzgeber - bis auf einen geringen Kinderlosenzuschlag in der Pflegeversicherung - diese Vorgaben nicht umgesetzt. Wir brauchen dringend eine unabhängige Kommission, die über die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wacht.





Schnelle Nachrichten, spannende Meinungen: Kennen Sie schon die App der Huffington Post?


Sie können sie rechts kostenlos herunterladen.




Get it on Google Play






Video: Schock-Moment: Rallye-Auto kracht in Zuschauermenge

Hands on Sound - Akustische Szenografie

$
0
0
Eine neue Generation wühlt klassische Industrien auf. Junge Unternehmer, die für ihre Ideen brennen. Die nicht nur davon reden, sondern machen. Mit der Reihe StartUps der Huffington Post werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und schaffen eine Plattform für kreative Ideen und ungewöhnliche Konzepte.
Wir stellen nur die Fragen. Denn die Akteure von morgen wissen in der Regel selbst am Besten, was sie sagen wollen.


Wenn auch Ihre Idee Teil der Reihe StartUps werden sollte, schreiben Sie eine Mail an blogs@huffingtonpost.de.

was machen hands on sound? from hands on sound on Vimeo.



Hands on Sound - hier gibt's was auf die Ohren

hands on sound ist ein Büro für akustische Szenografie. Das Kernteam, bestehend aus einem Sound Designer und einem Architekten, entwickelt innovative Ansätze zur akustischen Inszenierung von Ausstellungen, Museen, Brand-Spaces und dem öffentlichen Raum.

Mit neuen Technologien wie generativem Sound Design und interaktiver Musik bringen sie so Exponate zum klingen, schaffen Atmosphären, irritieren Besucher oder regen zur Auseinandersetzung mit Ausstellungsinhalten an. Bisherige Arbeiten beinhalten das Kleist-Museum Frankfurt (Oder), Roadshow-Inszenierungen für Mercedes-Benz, freie Arbeiten in Tiflis und Portugal und eine Multimedia-Installation in der Firmenzentrale von Brillux in Münster.

2014-11-14-hosleitner2.jpg


In 140 Zeichen: Wie wirst Du mit Deiner die Welt verändern?
Zumindest im Kleinen werden wir ein wenig dazu anregen, bewusster zu Hören und unsere klingende Umwelt verantwortungsvoller zu gestalten...

Wo bist Du auf die Idee gekommen?
Auf einem Konzert

Für welche Überzeugung halten Dich andere Menschen für verrückt?
Keine Ahnung... würde mich aber sehr interessieren.

Wie wird Deutschland zu einem Gründerland?
Durch seine Gründer - und mittlerweile durch einige spannende Initiativen und Fördermöglichkeiten.

Was war Dein größter Fehler?
Keine Ahnung... ein Ace of Base Album vielleicht...? :)

Welcher Unternehmer hat Dich am meisten beeinflusst?
Schwer zu sagen - vielleicht Gerhard Behles? Seine Software Ableton Live nutze ich seid Jahren tagtäglich...

Was bedeutet Work-Life-Balance für Dich?
Sehr viel und manchmal nicht genug...

Welche Technologie wird die nächsten 10 Jahre prägen?
In der Branche, in der ich mich bewege, werden sicherlich generative Klänge, neue Interaktions-Konzepte und innovative Beschallungssysteme wie zum Beispiel Wellenfeldsynthese eine große Rolle spielen. Das Bewusstsein für die Chancen des Einsatzes von Klang als Kommunikations- und Gestaltungsmedium wachsen nach wie vor - und dementsprechend werden gerade neue Ansätze und Ideen in diesem Feld breite Anwendung finden.

Mehr Informationen über hands on sound gibt's hier und natürlich über Twitter.

ARTMOS: Die Manufaktur für Lichtkunst

$
0
0
Eine neue Generation wühlt klassische Industrien auf. Junge Unternehmer, die für ihre Ideen brennen. Die nicht nur davon reden, sondern machen. Mit der Reihe StartUps der Huffington Post werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und schaffen eine Plattform für kreative Ideen und ungewöhnliche Konzepte.
Wir stellen nur die Fragen. Denn die Akteure von morgen wissen in der Regel selbst am Besten, was sie sagen wollen.


Wenn auch Ihre Idee Teil der Reihe StartUps werden sollte, schreiben Sie eine Mail an blogs@huffingtonpost.de.

2014-11-14-LE3DForumMesseNrnberg1.jpg

ARTMOS: Die Manufaktur für Lichtkunst

Die ARTMOS GmbH ist eine Dortmunder Firma, die mit Witz, Emotion und Technik jongliert. Sie kreiert neue Marketing- und Showkonzepte rund um Licht und LED-Technik. Kreativer Querdenker der Firma ist Geschäftsführer Wolfram de Bruyn. Zusammen mit seiner Frau und einem Team aus festen und freien Mitarbeitern - Schauspielern, Designern und Programmierern - erschafft er LED-Shows, um das Leuchten der Menschen erstrahlen zu lassen.

Zwei Produkte werden derzeit erfolgreich vertrieben:
  • die LED-Show ist eine einmalige Darbietung von 2 Akteuren mit 2 LED-Displays, die Marken und Events erfolgreich und sympathisch kommuniziert.

  • die LED-Kugel ist ein rundum animierbares Licht-Objekt, auf dem interaktive Bilder und Filme vollflächig dargestellt werden.




In 140 Zeichen: Wie wirst Du mit Deiner Idee die Welt verändern?
Mit unseren innovativen Licht-Erfindungen, der LED-Show und LE3D (der LED-Kugel) und weiteren in der Entwicklung befindlichen Konzepten, wecken wir Emotionen und setzen Impulse für neuartige Showkonzepte.

Wie bist Du auf die Idee gekommen?
Durch den Wunsch eine rundum Animation auf einer Kugel erstrahlen zu sehen und die damit verbundenen neuen Herausforderungen zu lösen.

Für welche Überzeugung halten Dich andere Menschen für verrückt?
Für meinen Leitsatz: „Alles ist möglich!"

Wie wird Deutschland zu einem Gründerland?
Mit dem Leitsatz: „Alles ist möglich!"

Was war Dein größter Fehler?
Die Wahl falscher Partner.

Welcher Unternehmer hat Dich am meisten beeinflusst?
Mein bester Freund - bevor er Privatier wurde.

Was bedeutet Work-Life-Balance für Dich?
Es ist eine Grundvoraussetzung für gutes Unternehmertum.

Welche Technologie wird die nächsten 10 Jahre prägen?
3D Printing.

Mehr Informationen über ARTMOS gibt's hier.

Besorgte Eltern? Nein, ihr missbraucht Eure Kinder!

$
0
0
Unter dem Motto „Besorgte Eltern" oder „Rettet unsere Kinder" rufen zur Zeit verschiedene Vereine zu Demonstrationen in Großstädten auf. Wer genauer hinschaut, bemerkt: Da werden wehrlose Kinder für politisch und religiös extreme Interessen ihrer Eltern missbraucht. Ein Weckruf von David Berger

Nachdem es den selbsternannten Wächtern für Anstand, Ordnung und Sitte nicht wie vor gut einem Jahr in Frankreich gelungen ist, Zehntausende gegen Homoehe und Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften auf die Straßen zu holen, hat man beschlossen, in Deutschland einen anderen Weg zu gehen. Man behauptet, besorgter Kinderschützer zu sein. Eine Strategie, die man scheinbar von rechtsradikalen Gruppen abgeschaut hat, die neue Sympathisanten über das Motto: „Wir kämpfen gegen den Missbrauch wehrloser Kinder!" suchen.

Ein gefundenes Fressen waren da die Richtlinien für „sexuelle Vielfalt" in Baden Württemberg, in denen es darum ging, im Unterricht mit den Schülern offen über Sexualität in ihrer ganzen Vielfältigkeit zu reden und ihnen Akzeptanz zu vermitteln. In diesem Sinne bildet sich derzeit eine Allianz von politischen Extremisten, Erzkonservativen und fundamentalistischen Christen, teilweise unterstützt von Islamisten. Allein in diesem Monat wird diese Allianz in Stuttgart, Hannover und Dresden wieder Tausende unter dem Motto „Rettet unsere Kinder" auf die Straßen treiben.

Fünf grundlegende Dinge, die man den angeblichen Kinderschützern und ihren Mitläufern unbedingt sagen muss:

1.) Ihr behauptet religiös ungebunden zu sein. Das ist eine Lüge. Die Liste Eurer Bündnispartner liest sich wie ein Who-is-who der evangelikalen und erzkatholischen Homophoben. Ob Gabriele Kuby und Christa Meves, die zum sektiererischen katholischen Fundamentalismus gehörende „Deutsche Vereinigung für eine christliche Kultur" oder das Hardcorekatholiken-„Forum Deutscher Katholiken": die Evangelikalen und Katholiban stellen Euch ihre Ideologien zur Verfügung. Und wenn ihr Euch noch mehr Schlagkraft wünscht, macht Ihr gemeinsame Sache mit den antisemtischen Islamisten der Internetseite Muslim-Markt, die ein Interview mit Eurem Sprecher Mathias Ebert groß rausbrachte.

2.) Ihr schreibt ausdrücklich, politisch unabhängig und neutral zu sein. Gleichzeitig arbeitet Ihr aufs engste mit Extremisten zusammen: das sieht man schön an der Tatsache, dass Jürgen Elsässer mit seinem Compact-Magazin Eure neue Lichtfigur ist. Jener Mann, der wie kein anderer für die abartigen Gemeinsamkeiten von Links-und Rechtspopulisten steht.

3.) Ihr nennt Euch „besorgte Eltern", seid aber voller vergiftetem Misstrauen gegenüber Euren Kindern: So behauptet ihr zum Beispiel, dass das aufgeklärte Reden über Sexualität zu mehr gewalttätigen sexuellen Übergriffen durch Jugendliche auf andere Jugendliche und Erwachsene führt. Dies ist nicht nur abstrus und zeugt von Euren überstark sexualisierten Phantasien. Es offenbart auch, welches Bild Ihr von Kindern habt: kleine Monster, die zu Sexmonstern werden, sobald man nur konkret über Sexualität redet. Ich habe mehr als 10 Jahre eng mit Kindern und Jugendlichen zusammen gearbeitet und nicht einmal den Hauch einer Vermutung gehabt, dass Eure perversen Phantasien irgend etwas mit der Lebenswelt dieser jungen Menschen zu tun haben. Zeigt Euer Verdacht nicht, wie wenig Ihr an das Gute in unseren Kinder glaubt?

4.) Ihr behauptet nicht „homophob" zu sein. Aber genau das seid ihr in übelster Form. Denn Euer ganzes Selbstmarketing beruht auf der Aktivierung einer in bestimmten Bevölkerungsschichten vorhandenen Homophobie. Im Verbund mit einer geschickten Nutzung weit verbreiteter Verunsicherungen bezüglich des eigenen Mann-und Frauseins. So kommt es dann, dass Homosexualität auf subtile Weise in die Nähe von Pädophilie gerückt und mit in der Tat umstrittenen Gender-Theorien gleichgesetzt wird. Folglich entsteht ein demagogisches Bild von Homosexuellen, die nur das Ziel haben, Sex mit Kindern auf Unisextoilletten zu machen.

5.) Ihr fordert, dass das Glück der Kinder im Vordergrund stehen soll und keine „Lobbyarbeit auf Kosten der Wehrlosen" stattfinden soll. Da bin ich prinzipiell ganz bei Euch. Wenn es Euch darum aber wirklich gehen würde, müsstet Ihr Euer Engagement sofort einstellen: Durch jedes Eurer Worte zeigt Ihr, dass es nicht um das Glück Eurer Kinder geht. Sondern um deren Knechtung - völlig unabhängig davon, ob diese daran zugrunde gehen oder nicht. Denn auf dem Altar der Ideologien müssen Opfer gebracht werden. Ihr missbraucht Eure Kinder auf tragische Weise für Eure Rückzugsgefechte.

Mit dem Ausdruck „Lobbyarbeit auf Kosten der Wehrlosen" habt Ihr Euer Treiben exakt umschrieben. Zeit das Treiben gewissenloser, ideologisch verblendeter, ihre Kinder missbrauchenden Eltern zu stoppen! ... sage ich als besorgter schwuler Mann.


Auch auf HuffingtonPost.de: Diese Promis stehen zu ihrer Homosexualität









Schnelle Nachrichten, spannende Meinungen: Kennen Sie schon die App der Huffington Post?


Sie können sie rechts kostenlos herunterladen.




Get it on Google Play




The Good Evil: Ein Game Studio bringt mehr Spaß ins Lernen

$
0
0
Eine neue Generation wühlt klassische Industrien auf. Junge Unternehmer, die für ihre Ideen brennen. Die nicht nur davon reden, sondern machen. Mit der Reihe StartUps der Huffington Post werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und schaffen eine Plattform für kreative Ideen und ungewöhnliche Konzepte.
Wir stellen nur die Fragen. Denn die Akteure von morgen wissen in der Regel selbst am Besten, was sie sagen wollen.


Wenn auch Ihre Idee Teil der Reihe StartUps werden sollte, schreiben Sie eine Mail an blogs@huffingtonpost.de.



The Good Evil: Ein Game Studio bringt mehr Spaß ins Lernen

Wir konzipieren und entwickeln Spiele. Von der Idee bis zum fertigen Produkt. Unser Ziel: interaktive Anwendungen mit denen man etwas erleben und lernen kann. Lernen nicht wie in einem Klassenraum, sondern wie beim Springen über einen Fluß, beim ersten Anfachen eines Feuers oder dem gemeinsamen Betreten eines neuen Kontinents.

The Good Evil GmbH wurde Anfang 2013 von Linda Kruse und Marcus Bösch gegründet. Die beiden Geschäftsführer haben beide am Cologne Game Lab einen Master of Arts in Game Development and Research absolviert und vorher langjährige Erfahrungen in der Film- und Medienbranche gesammelt.



In 140 Zeichen: Wie wirst Du mit Deiner die Welt verändern?
Wir helfen mit, Spiele zum Leitmedium des 21. Jahrhunderts zu machen. Das Versprechen: Bildung macht Spaß.

Wo bist Du auf die Idee gekommen?
Kennengelernt haben wir uns am Cologne Game Lab. Unsere Masterarbeiten drehten sich beide um so genannte Serious Games.

Für welche Überzeugung halten Dich andere Menschen für verrückt?
M: Nach Wearable Technologie kommen flächendeckend Implantate.
L: Programmieren und Mathe ist einfach - auch für Mädchen.

Wie wird Deutschland zu einem Gründerland?
M: Bürokratieabbau.
L: Mehr Spiele im Schulsystem, sie fördern Gründer-Schlüsselkompetenzen: Probleme lösen, Entscheidungen fällen, Querdenken, „Trial and Error"...

Was war Dein größter Fehler?
M: Nicht aufgepasst, als Excel erklärt wurde.
L: Meinen N64 verkauft zu haben.

Welcher Unternehmer hat Dich am meisten beeinflusst?
M: Dagobert Duck
L: George Lucas.

Was bedeutet Work-Life-Balance für Dich?
M: Was ist das?
L: Selbstbestimmtes Arbeiten an Projekten, die ich machen will.

Welche Technologie wird die nächsten 10 Jahre prägen?
M: Mobile und tragbare Technologie und VR.
L: Globale Vernetzung durch das neue „Internet".

Mehr Informationen über The Good Evil gibt's hier.
Viewing all 18967 articles
Browse latest View live


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>