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Urlaub in Ägypten und das Recht zum Reiserücktritt

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Am Freitagmorgen haben drei Bombenanschläge in der ägyptischen Hauptstadt Kairo mehrere Menschenleben gefordert. Verschiedene Medien berichten bisweilen von mindestens vier Toten und dutzenden Verletzten nach einem Attentat auf das Polizeihauptquartier Kairos. Zwei weitere Sprengsätze, die wenige Stunden danach gezündet wurden, sollen weitere fünfzehn Menschen verletzt haben. Es wird noch eine Weile dauern, bis genauere Zahlen genannt werden können.

Zum Hintergrund: Die Revolution gegen Husni Mubarak jährt sich am Samstag, den 25.01.2014 zum dritten Mal. Die islamistische Muslimbruderschaft hatte die ersten freien Wahlen nach dem Sturz Mubaraks für sich entscheiden können. Nach einem Militärputsch gegen den aus der Bruderschaft stammenden Präsidenten Mursi im vergangenen Juli ist der Norden Ägyptens immer wieder wegen Anschlägen auf Polizisten oder Sicherheitsbeamte in die Schlagzeilen geraten. Die Muslimbruderschaft hat zum Jahrestag der Revolution ihre Anhänger zu Protesten aufgerufen.

Was tun, wenn das Urlaubsziel zum Krisengebiet wird?



Ägypten ist gerade in Deutschland ein beliebtes Reiseziel und derzeit bereiten sich tausende Urlauber auf ihre Reisen vor. Unruhen und Proteste sind selbstverständlich für Reisende ein Sorgenfaktor und bei manchen ein Grund zur Stornierung ihres Urlaubs, auch wenn die eigentlichen Touristengebiete relativ sicher sind. Doch: Greift eine Reiserücktrittsversicherung in diesem Fall?

Generell gilt, dass das Auswärtige Amt Sicherheitshinweise und Reisewarnungen ausspricht. Im Falle Ägyptens bestehen seit der Januarrevolution 2011 mehrere Sicherheitshinweise. Aktuell wird für das Gebiet eine Teilreisewarnung ausgesprochen. Für Reisen in das Gebiet im Norden der Sinai-Halbinsel, in den Ballungszentren um Kairo und das Nildelta, sowie in das israelische Grenzgebiet wird generell gewarnt; Sicherheitshinweise gelten für die Bereiche außerhalb der Touristengebiete. Weiterhin sollen Reisende auf Hinweise von Hotels und Veranstaltern achten und die mediale Berichterstattung verfolgen.

Wann greift die Reiserücktrittsversicherung



Auch wenn eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen wurde, gelten besondere Bedingungen zum Rücktrittsrecht. Eine kostenfreie oder kostenverringerte Stornierung kann nur in Fällen von „höherer Gewalt" erfolgen. Dazu gehören unter anderem plötzliche Krankheits- oder Todesfälle, nicht bestandene Prüfungen, die zum Reisezeitpunkt nachgeholt werden müssen, plötzliche Arbeitslosigkeit, unvorhersehbarer Neueintritt in den Beruf oder Schwangerschaften, sofern eine Reise in dem Fall nicht zumutbar wäre. Eine Reiserücktrittsversicherung greift im Falle politischer Unruhen nicht automatisch.

Hier ist die Unterscheidung zwischen Sicherheitshinweisen und Reisewarnungen durch das Auswärtige Amt maßgeblich: Sicherheitshinweise gelten lediglich als Aufforderung zu erhöhter Vorsicht und berechtigen nicht zum Reiserücktritt. Wird eine Reisewarnung ausgesprochen, entscheidet der Faktor „höhere Gewalt" über die Möglichkeiten eines Reiserücktritts, ganz gleich, ob eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen wurde oder nicht.

Der Begriff „höhere Gewalt" ist reiserechtlich gebräuchlich, aber im Falle Ägyptens nicht unproblematisch. Das Auswärtige Amt kann die Frage nach einem generell kostenlosen Rücktrittsrecht nicht beantworten. „Höhere Gewalt" ist dann gegeben, wenn Krieg oder Terror zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unvorhersehbar waren. Im Falle Ägyptens verweist das Auswärtige Amt seit nunmehr drei Jahren auf die politischen Unruhen seit der Januarrevolution. Hinzu kommt, dass der Begriff einer „Teilreisewarnung" rechtlich ebenso streitbar sein dürfte.

Wenn das Auswärtige Amt aktualisierte Reisewarnungen für Ägypten aussprechen sollte, werden die Reiseveranstalter selbst tätig. Zwar sind in den wenigsten Fällen kostenfreie Stornierungen möglich, allerdings zeigen sich viele Veranstalter kulant und bieten die Möglichkeit, die Reise kostenfrei oder mit geringem Kostenaufwand umzubuchen. Derlei Kulanzregelungen sind zum einen abhängig vom Reiseveranstalter und zum anderen von der Buchungslage des alternativen Urlaubsorts. Wurde die Reise in einem Reisebüro gebucht, können solche Fälle zwar direkt mit der Reiseverkehrsfachperson besprochen werden; die Reisebüros müssen sich allerdings an die Vorgaben der Reiseveranstalter halten und haben keine Einflussnahme auf Entscheidungen oder Kulanzregelungen.

Wer auf volle Rückerstattung des Reisepreises beharrt, wird kaum umhin kommen, reiserechtlichen Beistand zu ersuchen, denn dann wird im Zweifel ein Zivilprozess über den Fall entscheiden und sich dabei auch auf die Hinweise des Auswärtigen Amts berufen. Im Falle der „Sicherheitshinweise und Teilreisewarnungen" seit Beginn der Revolution 2011 in Ägypten, sind die Chancen auf eine erfolgreiche Klage zu bezweifeln.

Die Touristengebiete Ägyptens am Roten Meer gelten als relativ sicher und die Sicherheitsvorkehrungen werden vermutlich erneut verstärkt werden. Je nach Lage werden Hotelgäste dazu angehalten, größere Stadtzentren zu meiden. Für viele Urlauber ist dies ein Grund, die Veranstalter um die Möglichkeit der Umbuchung zu bitten. Für einige Touristen ist dies allerdings auch Anlass, erst recht ihren Urlaub anzutreten, weil sie vermuten, dass die Hotels und Strände dann nicht überfüllt sind.

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