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Achtung, Bürokontrolle! Interview mit der Aufräumexpertin Edith Stork

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Unnötiges „fliegt raus" und was bleibt, erhält eine teamfähige Systematik. Das Ergebnis: eine genau berechenbare Kostenminimierung, eine teamfähige Papierregentschaft und Zufriedenheit. Ihre erfolgreichen Bücher, zahlreiche Medienberichte und Interviews in TV und Hörfunk machten die Aufräumexpertin Edith Stork in der breiten Öffentlichkeit und über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt.

Nach ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Firma Triops GmbH (Verlag, Langen) folgten zwei Jahre Teilzeitbeschäftigung in unterschiedlichen deutschen Büros. Das Büro-Chaos, dem sie dabei immer wieder begegnete, brachte sie auf die erfolgversprechende Idee: "Büro-Organisation vor Ort" einschließlich individueller Beratung und Nachkontrolle. Seit 1993 begleitet sie der Slogan: „Eine Frau räumt auf". Humor und Ironie sind für Edith Stork eine Möglichkeit, eine gesunde Distanz zu unserer unaufgeräumten Welt mit all ihrem Hype um nichtige Dinge zu schaffen. Auch lassen sich ernste Dinge so besser ertragen. Ordnung als Lebensform beruht auf Beständigkeit, Eigenverantwortung und Regelhaftigkeit.

„Eine feste Routine rettet dich vorm Aufgeben", sagte John Updike. Dem Schreibtisch als Kraftzentrum zwischen Leben und Arbeit und Garant einer neuen Beheimatung widmet sich Inge Jens in ihrem Buch „Am Schreibtisch. Thomas Mann und seine Welt" (2013). An diesem Ort samt den vertrauten Utensilien, die ihm das Gefühl von Sicherheit und Kontinuität vermittelten, versammelte der Schriftsteller seine Gedanken. „Es ist faszinierend zu sehen, wie sich Thomas Manns Leben in dem Augenblick wieder ordnet, da er über einen Arbeitstisch verfügt, dessen Nutzung ausschließlich ihm vorbehalten blieb". Unordnung war für ihn eine psychische Belastung und mit trüben Gedanken verbunden.

Auch David Lynch erzählte 1990, dass er es mag, „wenn alles seine Ordnung hat". Simone de Beauvoir gab keine Partys und keine Empfänge. Was für sie wirklich zählte, war das wirklich Essenzielle. „Ihr Leben war sehr ordentlich und absichtlich so einfach aufgebaut, damit sie sich ganz ihrer Arbeit widmen konnte", schreibt Mason Currey in seinem Buch „Musenküsse" (2014), in dem er 88 Weisheiten von kreativen Berühmtheiten in unterhaltsamen Miniaturen beschrieben hat.

Ordnung und Nachhaltigkeit sind untrennbar miteinander verbunden. Allerdings muss, wer Nachhaltigkeit im besten Wortsinn be-greifen will, zuerst den Raum entrümpeln, in dem dieses kulturell tief verwurzelte Wort neben vielen inhaltsleeren Begriffen steht, die seinen eigentlichen Kern verdecken. Binnen weniger Jahre wurde aus einem „gewachsenen" Begriff, für den es keine Alternative gibt, ein abgeschlagenes Allerweltswort. Das Konkrete zeigt sich nur, indem es immer wieder freigelegt wird und Dinge in Beziehung gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund habe ich Claudia Silber, Leiterin der memo AG, einem ökologischen Versender (u.a. für Büromaterial) gebeten, spontan jene Antworten von Edith Stork zu kommentieren (*), die sie besonders ansprechen. Denn jedes Wort braucht immer auch eine „Ordnung" in der Praxis.

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Eine Frau räumt auf

Interview mit Edith Stork


_ Frau Stork, was macht einen „aufgeräumten" Menschen für Sie aus?

Das ist sicher eine Fangfrage, aber ich weiche nicht aus: Ein aufgeräumter Mensch ist gut gelaunt und nutzt Ordnung als „Eingangstor", sich von Ballast zu befreien, hedonistisch Klarheit zu genießen. Sie merken schon, ich meine nicht die quälenden Disziplinierungen von „Lebensgewohnheiten" oder Erziehungsversuchen.

Nehmen wir die Ordnung, sich Freiraum zu schaffen, unnötige Suchzeiten zu vermeiden, eben den Schlüssel immer in den schönen Zinnteller im Flur zu werfen, damit ich ihn nicht suchen muss, weil ich abgelenkt wurde. Es ist günstig, eine aufgeräumte Handtasche zu haben. Das schafft ein sicheres Gefühl.

Der dritte Aspekt von Ordnung und Aufgeräumtsein in der Welt ist zum Beispiel Kunst und Leben, Politik und Gesetz, Musik und Mathematik , Kultur und Religion und vielen andere Elemente, die „Gesetze der Ordnung in der Natur einzuhalten und zu achten. Wer sich dessen bewusst ist, es lebt, kann durchaus ein aufgeräumter Mensch sein. Vielleicht räumt dieser die Socken halt doch auf. Sie folgen meiner Metapher? Da Sie nicht nach den Chaoten, die das Chaos brauchen, um kreativ zu sein, fragen, beantworte ich es auch nicht. Meistens verwechseln sie Chaos mit Unordnung.

* Claudia Silber: Das kann ich nur bestätigen! Ordnung im Leben und im Kopf schafft Freiräume. Es gibt zudem nur ganz wenige Menschen, die auch innerhalb ihres Chaos' noch „aufgeräumt" sind.

_ Seit 1962 sammeln Sie alles über die Farbe Blau. Welchen Bezug hat sie zur Ordnung? Was bedeutet für Sie „Blaudenken" (gibt es eine Verbindung zu „Blaumachen")? Was ist für Sie eine blaue Welt?

Das ist eine ziemlich intime Frage: „Es blaut die Nacht" - Händels Arie der Cleopatra ist meine erste liebste Bläue gesungen von Felicitas Palmer, die blauen Gedichte von Else Lasker-Schüler "Mein blaues Klavier". Das Azurgottesblau von Chagall, die blaugekritzelten Badewannen von Jan Fabre. Es gibt etwa 15.000 Blaus auf unserem blauen Planeten. Bücher, die das Blau zitieren, Ausstellungen dazu in Heidelberg...

Die Farbe Blau macht für das Auge eine sonderbare und fast unaussprechliche Wirkung. Sie ist als Farbe eine Energie. Wie wir den hohen Himmel, die fernen Berge blau sehen, so scheint eine blaue Ferne vor uns zurückzuweichen - wie wir einen angenehmen Gegenstand gern verfolgen, so sehen wir das Blau gerne an. Das schrieb Goethe in seiner Farbenlehre.

_ Der Soziologe Max Weber sprach vor 100 Jahren vom „Gehäuse der Hörigkeit". Was macht für Sie das ideale Büro aus?

Spartanisch eingerichtet, mit quadratischem Tisch mit einer Schublade für den Krimskrams und Stifte, ein bis drei Besucherstühle aus verschiedenen Epochen der Bürowelt, ein ergonomisch gut gemachter Bürostuhl, eine fahrbare PC-Konsole, um den Arbeitstisch zu „befreien", ein Regal von Boden bis zur Decke für Ordner - Bücher und andere Sammlungen. An der freien Wand steht ein Blaues Sofa zweisitzig und auf einem Beistelltisch eine italienische Kaffeemaschine.

Für die Pause Leselampe und DVD-Spieler mit Klavierkonzerten von Bach bis Rachmaninow, Barockopern ... Das heißt, es ist mein ballastbefreites Gehäuse, aber wir leben in hausgemachten alten Hierarchien. Deshalb hat meine Buch „Tatort Büro" den Untertitel. „Die Zurichtung des Menschen im Büro". Es führte deswegen zu einem Vertreterstreit im Verlag. Diese Art von idealem Büro ist für alle machbar unter dem Aspekt von Denken in methodischen Ordnungen.

* Claudia Silber: Sicherlich haben wir bei memo nicht die Möglichkeit, den Mitarbeitern dieses ideale Büro anzubieten. Aber wir schaffen „Freiräume" durch eine gesunde Umgebung, gesunde Möbel, Ruhezonen und Treffpunkte. Der Tischkicker aus Recyclilngpappe in der memo Cafeteria ist das Highlight, seit er dort steht.

_ Weshalb muss im Zeitalter der Digitalisierung die Vorstellung vom Sinn und Zweck von Büros neu ausgerichtet werden?

Nochmal, es ist die Möglichkeit für eine äußerlich radikale Entschlackung der Möblierung und Funktionalität. Aber das Papier war zuerst da, danach kam die Digitalisierung, was nicht gleich die große rationalisierende Ordnung bedeutet hat, sondern sogenannten Individualität der Mitarbeiter Tür und Tor geöffnet hat.

Seit Aufkommen der PCs hat sich der Papierverbrauch erhöht, da alles ausgedruckt wird. Multiple Choice ohne Wording ohne Verschlagwortung??? Ich habe in 21 Jahren Praxis in den Büros kaum Neues entdeckt, da alte Verhaltensweisen sich nicht verflüchtigt haben.

_ Es geht heute nicht mehr um die „Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen", schreibt Christoph Bartmann über das neue „Leben im Büro", sondern um die Herausforderung von freien Mitarbeitern, die dann am besten sind, wenn sie nicht gelenkt und gesteuert werden. Entsprechend löst sich auch die alte Büroarchitektur in mehrdeutige und offene „Bürowelten" und „Bürosituationen" auf, die kaum einen Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit erkennen lassen. Ist die von Ihnen kritisierte „Zurichtung des Menschen im Büro" damit beendet?

NEIN! Ich widerspreche einfach mal so vor mich hin. Die Büronomaden verlieren den Anschluss ohne Kommunikation mit den anderen, weil sie zu Hause abgeschottet sind, natürlich ab und zu mal eine Spülmaschine füllen und sich am Kindererziehen beteiligen. WOW, der neue Mann, die neue Frau!? Freiheit? Die Großraumbüros mit abgedämmtem Wandschirmen und montierten Lichtsegeln mit hoher Lärmfrequenz sind nicht reizvoll.

Die Betonung auf „freie" Mitarbeiter, die ohnehin frei sind und keine Lenkung brauchen!? Die anderen, die trotz aller neuen Erkenntnisse zum Trotz Führung brauchen und wollen. Die unternehmerische Idee ginge verloren. Denn in der Führung werden die Unbilden der Macht immer genutzt, würde der ungesunde Hauch von Rigidität kein Hemmschuh sein.

Das Thema lohnte sich noch näher zu beschreiben. Ich will zwischen Freizeit und Arbeit sehr wohl unterscheiden. Freizeit bedeutet, m e i n Leben zu gestalten mit der Arbeit, mit der ich das Geld dafür verdiene, eben diese mir zu leisten. Dieser allzeitbereite Arbeitsallrounder ist mir suspekt, gar eine alerte Modeerscheinung.

* Claudia Silber: Wichtig ist es, dass der Arbeitgeber jedem Mitarbeiter ermöglicht, sein persönliches Lebensmodell zu schaffen. Dazu gehört die für jeden individuelle Work-Life-Balance.

_ Ende der 1990er Jahre haben Sie geschrieben, dass in keiner Institution Bürologistik gelehrt wird. Hat sich das inzwischen geändert?

Kurz und knackig: NEIN. Ich fände es gut und umsichtig für die Nachhaltigkeit, wenn es dieses Fach an Universitäten, Schulen und Berufsschulen gäbe. Ich habe bereits an verschiedenen Fachhochschulen Studenten (Erfurt, Mainz, Brugg in der Schweiz) begeistert, in der KinderUni hatte ich 140 Kinder im Hörsaal als aufmerksame Zuhörer, in einer Haushaltsschule Unterricht erteilt, an einer Schule die letzte Klasse geschult, Sekretärinnenschulen mit ins Boot genommen.

Ich würde mich gerne für diese Institutionen auf den Weg machen. Impulse und Initiative dafür lohnten sich.

_ Welches Ziel hat Bürologistik, und wie gehen Sie in Ihrer Arbeit vor?

Ich nehme jetzt den Mund nicht etwa zu voll: Ich will erreichen, dass die Firmen und ihre Büros teamfähig und kostenminimierend und mit e i n e r Methode arbeiten. Das bedingt 2-3 Tage Schulungen mit obligatorischer Abnahme in verschiedenen Bereichen. Alle nehmen teil. Solisten gibt es nur in der jeweiligen Professionalität.

_ Mit A-P-DOK® haben Sie Ihr eigenes Ablagesystem für Büros entwickelt. Was ist daran „nachhaltig", der ganzheitliche Ansatz?

Es ist nicht nur ein Ablagesystem, sondern meine gesamtheitliche Strukturgabe für das ganze Office-Management. Die Nachhaltigkeit liegt in ihrer Einfachheit von Anwendung, dieses System teamfähig zu nützen, Kosten grundsätzlich einzusparen.

Es ist ein Führerschein für Ordnung schlechthin, vielleicht der Mercedes der Ordnung: hält lang, hält die Qualität mit Disziplin bei teamfähiger Nutzung bei. Die Methode ist in allen Branchen einsetzbar, da sie das Kürzel für kaufmännisches Handeln ist. Die Methode A-P-DOK® bildet die Dokumentenlenkung der ISO 9001:2008 Pos. 42 ab und begibt sich damit in eine grundsätzlich machbare Qualität. In sokratischer Kompetenz ist A-P-DOK® nachweisbar verwertbar, ein geldwerter Luxus, den sich jede Branche leisten kann.

_ Was machen für Sie nachhaltige Büroprodukte aus?

Wenn die Logistik ein Produkt ist, liegt es mir am Herzen, die Mitarbeiter dazu zu bringen, methodisch zu denken und die erlernte Methode anzuwenden. Ich vergleiche das Büroprodukt mit Methode, wie das Erlernen des Autofahrens. Gas, Kupplung und Bremse müssen immer an der gleichen Stelle sitzen, sonst gibt es Chaos.

_ Weshalb ist der Satz von Josef Beuys „Wer nicht denken will, fliegt raus." Ihr Lieblingszitat? Weil Ordnung Freiräume zum Denken schafft?

Diesen Satz zitiere ich immer, wenn wir die Clear-Desk Übung erlernen. Damit wir keinen drei Pultordner verwenden müssen, Pultordner A-Z, und zum Überfluss noch einen 1-12? Wir nehmen jedes Papier nur einmal in die Hand. Wird im Pultordner 1-31 zum Beispiel das Dokument vom 5.5. eingeordnet, liegt dort auch das Dokument vom 5.6., der 5.7. eingeordnet.

Damit man sich das merkt, rufe ich immer dieses Zitat allen zu. Der Satz passt natürlich auch an anderen Stellen zu den Freiräumen durch Ordnung. Was manchmal befreit...oder ein gesundes Gelächter hervorruft.

_ Steve Jobs sortierte privat und beruflich alles aus, was er für unwichtig hielt. Aber er wusste: Um effizient vereinfachen zu können, muss man die Komplexität, die verringert werden soll, verstehen. Wie kann der Weg zur Einfachheit in Organisationen besser gelingen?

Durch methodisches Handeln. Dazu gehören ein starker Entscheidungswille und der Hunger nach Befreiung nebst dem Wunsch nach Vereinfachung im Büro. Mir ist wichtig, dass ich meine selbst errichteten „Altäre" aufgebe oder neu überdenke, und den Katalog erstelle, was ich will, und was nicht.

_ Weshalb ist es wichtig, in der Büroorganisation genaue Entscheidungen zu treffen und allem einen konkreten Namen und Begriffszuweisungen zu geben?

Jedes Ding, jedes Papier hat seinen Namen! Verboten sind Sortierhilfen wie allgemein, divers, varia und Sonstiges. Ich richte mich nach dem Alphabet und finde heraus, was ich „sammle". Geben Sie 20 Mitarbeitern das gleiche Dokument zum Ablegen. Sie werden es an 20 verschiedenen Plätzen ablegen. Das macht es erforderlich, einen gemeinsamen Katalog (Thesaurus) zu entwickeln, sich gemeinsam auf einen Begriff festzulegen.

_ Welche Rolle spielt die richtige Ernährung im Büroalltag?

Da alle den sitzenden Beruf haben, sollte es eine leichte Kost sein, viel Wasser und keine zum Schlaf treibenden Mittagessen. Es ist noch wichtig, einen Sozialraum zu haben, gemeinsam zu essen und nicht den Schreibtisch voll zu krümeln.

* Claudia Silber: Leider ist das „Am-Schreibtisch-essen" eine weit verbreitete und schlechte Angewohnheit. Auch ich bin davon betroffen. Seit wir mehrmals die Woche ein Mittagessen bestellen können, nehme ich mir aber ab und zu die Zeit, mit den Kollegen in der Cafeteria zu essen. Viel zu wenige Menschen gönnen sich im Arbeitsalltag bewusst Pausen - dabei ist das gut für Körper und Geist.

_ Welche Bedeutung haben für Sie Gärten? Sind sie Sinnbilder für das Zusammenspiel von Lebensinhalt und -form und damit wieder für Ordnung, die geschaffen wird? Oder verkörpern sie einfach nur das Wissen für Sie, „den Tag zu pflücken"?

Die alten Gärten, Parks und Labyrinthe haben für mich mit Lebensfreude zu tun, den wilden Garten wachsen zu lassen, die Barockgärten, die Französischen, die Englischen zu bewundern. Daher bin ich oft in Schwetzingen, wo ein wunderbares Rokokotheater die Ganzheit der Ordnung von Natur und Kultur ergänzt, die Regentschaft der Gartenbauer uns zeigt, wie auch hier Nachhaltigkeit wirkt.
Die Arten der Gärten haben mit den Naturordnungen zu tun, aber die Gartenarchitekten geben ihnen eine Ordnung, die die jeweilige Kultur einer Zeit wiederspiegelt. Eine elegante Ordnung. Die Nachhaltigkeit ist hier „lesbar" und auch Lust.

_ Weshalb ist es wichtig, dass ein Unternehmen ein „Gesicht" hat?

Also, ein Unternehmen ohne Gesicht? Wir reden von Corporate Identidy, Firmenlogo, der Marke, der Persönlichkeit einer Geschäftsdynastie, dem Produkt. Wir brauchen die Wiedererkennung, die Auffindbarkeit, nicht Masse zu sein. Sonst wären Marketing und Werbung nicht im Vordergrund, um die Ware teuer an Mann und Frau zu bringen.

_ Was bedeutet Ihnen das Schreiben von Hand? Und warum sollte es gepflegt werden?

Mein erstes Buch „Logistk im Büro" habe ich zum Leidwesen meiner Lektorin von Hand geschrieben, viele große Schriftsteller schreiben und schrieben von Hand bis heute, ich fühlte mich ganz dazwischen: Auf einer Seite ein Stapel weißes Papier, auf der anderen Seite 10 gespitzte weich schreibende Bleistifte. Die Bilder und Zeichnungen habe ich dazwischen montiert. Mir hat das Spaß gemacht. Die Dame, die es abschreiben musste, hat mich sicher verflucht.

Ich finde es s c h ö n, Briefe von Hand zu schreiben, Postkarten zu entwerfen und selbst zu zeichnen. Es hat etwas mit mir zu tun. Aber diese Kultur, die Ordnung eines Briefes zu schaffen, ist uns abhandengekommen.

* Claudia Silber: Silber: Für ein Unternehmen ist das Schreiben von Hand außerhalb persönlicher Notizen oder kurzer Infos an Kollegen sicherlich nicht praktikabel. Im Privaten macht es aber doch Sinn, z.B. ein Tagebuch zu führen. Ganz old school auf Papier! Das ordnet die Gedanken und gibt wieder Weitblick. Persönlich geschriebene Nachrichten haben mittlerweile einen Stellenwert, da sich der Schreibende die Zeit dafür genommen hat.

_ Hierarchien bezeichnen Sie als alte Formen der „Zurichtung" in Organisationen. Das ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten, da Großorganisationen auch Routineapparate und hierarchische Gebilde sind. Wie kann der „Zurichtung" so begegnet werden, dass Organisationen dynamischer werden, gleichzeitig aber auch eine gewisse Kontinuität und stabilisierende Elemente beibehalten können?

Wir haben nichts anderes „erschaffen", das ohne Hierarchien funktioniert. Die patriarchalischen Konstrukte lassen es nicht zu. Die Kontinuität und Stabilität sind die Organisationen, die mit methodischen Elementen entschärft werden könnten. Vergessen Sie nicht, die Organisationsformen unterliegen der Anordnung der Pyramide. Die Spitze ist immer oben, das Fundament wichtig aber unten.

_ Weshalb ist Ihr Motto „Mehr Hingabe" mitunter eine schwere Herausforderung? Und wie gelingt es Ihnen dennoch, in Ihrer Berufung „hingebungsvoll" zu bleiben?

Ich bin ein beteiligter Mensch. Der Humor und die Ironie sind meine Mitstreiter und Freunde. Und ich weiß, dass ich eine kluge Methode entwickelt habe, mit der ich den Menschen im Büro und zu Hause, den Weg in die geldwerte Ordnung erleichtern kann. Meinen Kunden geht es danach gut und sind befreit vom Druck der Unordnung. Es ist eine Freude, wenn die Menschen meinem Impuls folgen und sich wenigstens der Ordnung „hingeben".

_ Warum braucht Ordnungsliebe auch Humor? Wie vermitteln Sie Spaß und Energie bei Ihrer „Kulturarbeit" in Büros?

Ordnung ohne Humor zu „verkaufen", ist eine Strapaze für alle Beteiligten. Ohne Lachen und Spaß ist das nicht zu ertragen. Ich setze gezielte Motivation für meine Methode ein, immer leicht versteckt, irgendeine trifft immer. Sie gewinnen Platz, reduzieren Ordner und jeder in der Familie weiß, wo alles zu finden ist.

Der Luxus der Sorglosigkeit tritt ein und gibt ein sicheres Gefühl. Wenn meine Kunden A-P-DOK® in der Firma gelernt haben und mit nach Hause nehmen, habe ich gewonnen. Danach ist meine obligatorische Abnahme ein Kinderspiel.

_ Weshalb darf ein System, das gut mit Komplexität klarkommt, nicht überreguliert und mit festen Hierarchie- und Organigramm-Verknüpfungen versehen sein?

Wir sind dem kaufmännischen Modus, der weltweit überall gleich ist, angepasst, das heißt, wenn das System von jedem dennoch anwendbar ist, macht es das „Herrschen" leicht, und es fließt, weil alle die Methode beherrschen. Ein gutes Gefühl für ein Regelwerk. Die Hierarchie wird dann etwas einfacher und erträglicher.

_ Sie haben einen Konkurs als Lebenskatastrophe und Ohnmacht erlebt. Was gibt Ihnen heute Sicherheit und Vertrauen?

Es ist meine Kraft und mein Wille, die mir nicht abhandengekommen sind. Ich wusste, dass ich nicht zurück ins Amt (GTZ) wollte, so war es Zeit, mich von etwas anderem zu „ernähren", mich neu zu orientieren. Ich erfand und entwickelte die Methode A-P-DOK® und fing an, gegen alle Unkereien Ordnung zu verkaufen.

Die beiden Götter Kronos: in der Zeit sein, und Kairos: alles zur rechten Zeit. Wenn Kairos vorbei kommt, muss man zupacken und den alten Zopf abschneiden. Das ist mir gelungen. Mut und konstante Qualität und die Medien haben mich vorangebracht. Ich lebe seit 21 Jahren vom Chaos anderer Menschen.

_ Weshalb sollte nicht versucht werden, Verhalten direkt zu ändern, sondern braucht es die Schaffung von Kontexten, in denen das gewünschte Verhalten „richtig" ist?

Zwänge und Befehle sind unbeliebt. Aber am Anfang war Erziehung und nicht der Liebe Gott. Durch Schaffung von Kontexten oder Methoden wird das erwünschte Verhalten „weicher" erworben und angenommen. Wir müssen nur noch festlegen, was „richtiges" Verhalten ist, und wer darüber bestimmt. Wer den Atlas trägt?

_ Was macht ein Management aus, das Arbeit nicht mehr über Anweisungen, sondern über Netzwerke definiert? Welche Bürostrukturen sind hier sinnvoll?

Es ist egal, wer das definiert, die Strukturen sind im Duktus immer gleich kaufmännisch ausgerichtet. Netzwerke sind nach meiner Erfahrung von gleichen Zwängen geprägt und verlangen einen professionellen Umgang. Seilschaften und Netzwerke sind desgleichen mit Anweisungen besetzt und verlangen einen diplomatischeren offeneren Umgang. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese zusammenfassende Gruppierung von Zusammenschlüssen mag.

_ Wie kann das Thema Motivation in Großorganisationen wirken? Für die Unternehmensführung an der Spitze dürfte das weniger ein Problem sein, aber weiter unten wird es zunehmend schwieriger...

Wenn die Unternehmensführung dem Anspruch des Führens nicht annehmen würde, gäbe es weder die Motivation, noch das Motto oder Vertrauen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, ein verkaufbares Produkt herzustellen.

Was Sie als „unten" bezeichnen, sind nicht Unternehmer, werden auch nicht als solche bezahlt, sondern sind Mitarbeiter, die durch eine gute mitreißende menschliche Führung motiviert sein können, oder sie sind motiviert, weil sie ihren Beruf lieben, oder es gibt ein gutes Betriebsklima, was einen guten Zusammenhalt bietet, oder es gibt ein soziales Verhalten der GF, die gerne angenommen wird.

_ Weshalb muss eine handlungsstarke Organisation ihren Führungskräften auch Zeit geben um nachzudenken? Warum ist eine Aussage wie „Wer nachdenkt, verliert" schädlich für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung?

Weil es eine Killerphrase ist. Da ist mir mein Satz von Josef Beuys lieber: „Wer nicht denken will, fliegt raus." Was nicht nur Führungskräften gilt, doch eher allen...

* Claudia Silber: Eine gute Aussage. Schlechter Führungsstil und schlechte Unternehmensphilosophie beinhalten oft den Eindruck, die Führungskräfte möchte keine selbst denkenden Mitarbeiter, sondern einfach nur Herdentiere, die ihnen folgen.

_ Warum ist Ordnung für Sie eine Philosophie?

Philosophie ist das Streben der menschlichen Vernunft nach Wahrheit und „letzten Gründen", insbesondere auch das Fragen nach der Stellung des Menschen in der Welt. Heute wird Philosophie mit Erkenntnis- bzw. Wissenschaftstheorie gleichgesetzt. Sie zeigt mir die Ordnung in der Welt. Das Prinzip der Natur ist Ordnung, Sonne, Mond und Sterne, immer alles im Kontext. Ich wiederhole mich: dafür braucht es die Nachhaltigkeit. Das Gegenteil von Chaos ist Unordnung? Eine aus der Balance geratene Welt.

_ Wie kann es Organisationen gelingen, gleichzeitig effizient und anpassungsfähig zu sein?

Indem sie sich als Team betrachten (was sie aber nicht tun, oder es nicht sind). Es gilt die Vereinheitlichung der Ideen, nicht der Mitarbeiter und deren Gesinnung. Die Konzepte einzuleiten und gleichzeitig die intellektuellen Fähigkeiten zu nutzen, die Organisationsabläufe teamfähig und gleich abzuwickeln. Für eine solche Verzwickung brauchen wir fachliche Kompetenzen ohne wirkliche Hierarchien. Eine schwere Aufgabe, Groß und Klein im übertragenen Sinn zu ordnen .

_ Noch nie gab es eine solche Vielfalt an Lebensentwürfen wie heute, wo jeder die Chance hat, sich individuell auszuleben und zu entwickeln. Wie müssen die Organisationsstrukturen von Unternehmen beschaffen sein, um dieser Entwicklung gerecht zu werden?

Ja, das stimmt. Aber jedes Unternehmen will ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen und unterliegt damit wieder zwangsläufig den üblichen Codizes des kaufmännischen Handels. Die Vielfalt der Lebensentwürfe schaffen zwar Lebenskünstler oder seltene Positionen, aber ein Firmenablauf und ein Aufbau sind immer gleich. Wir (ver)enden alle bei der Steuer.

Die Originalität eines Mitarbeiters bringt sicher Effizienz oder einen Schub für eine Weiterentwicklung - dafür wird er/sie gut bezahlt, die alten Strukturen jedoch haben sich nicht verändert. Dafür gibt es gute Förderideen und Fördermittel, Qualifikationen im Einzelnen zu nutzen.

_ In Ihrem Buch „Tatort Büro" von 2004 zitieren Sie den ehemaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer, der einmal gesagt hat, dass wir vom papierlosen Büro genauso weit weg sind wie von der papierlosen Toilette. Das war vor zehn Jahren. Wo stehen wir heute?

Stimmt, immer noch so! Nur sehen die Büros heute moderner aus.

* Claudia Silber: Das kann ich nur bestätigen. Auch memo ist - trotz großer Bemühungen - noch weit entfernt vom papierlosen Büro. Generell sind Unternehmen ja vielen Vorschriften unterlegen, z.B. der Archivierung über Jahre hinweg. Das geht oft nicht ohne Papier.

_ Welche Bedeutung hat die Psychohygiene für das Wohlbefinden im Büro?

Wir brauchen die Mitmenschlichkeit täglich. Wir brauchen es, gemocht zu werden. Wir brauchen es, bestätigt zu werden. Wir brauchen es, gelobt zu werden. Wir brauchen es, akzeptiert zu werden - damit der Laden läuft.

_ Weshalb ist die mit Ihrer Unterstützung geschaffene neue Qualität am Büroarbeitsplatz berechenbar?

Ganz einfach: Es wird nicht mehr gesucht. 200 bis 300 Stunden Suchzeiten pro Mitarbeiter pro Jahr entfallen. Beispiel: Lohnkostensatz ca. € 50.- / Stunde. Und nun rechnen Sie selbst mit Ihren eigenen Zahlen. Selbst wenn sie nur 50 Stunden suchen, ist mir das zu viel. Die Verlustzahlen werden offensichtlich hingenommen. Die erwirtschafteten Stunden lassen sich in Freizeit umwandeln, zum Beispiel: keine Überstunden mehr, oder Sie reinvestieren die gewonnene Zeit für neue Projekte und Visionen.

_ Was heißt für Sie ganzheitliche „Sanierung", wenn es um Lebensqualität im Büro geht?

Es handelt sich um ein kollektives Wohlbefinden. Ich habe noch eine Mitarbeiterin eines Betriebes im Ohr: „Jetzt ist alles wieder hell und aufgeräumt, es liegt nichts mehr herum, und es ist eine Freude, den Arbeitsplatz jeden Morgen so gepflegt zu sehen". Das betrifft nicht nur den äußeren Zustand des Arbeitsplatzes, sondern die wieder gewonnene Lebensqualität im Büro, also eine Sanierung des Innen und des Außen.

_ Die Mitbegründerin der Huffington Post, Arianna Huffington, plädiert in Ihren Vorträgen und Publikationen augenzwinkernd dafür, sich „nach oben" zu schlafen und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Führungskräfte mit zu wenig Schlaf ihre Unternehmen meistens an die Wand gefahren haben, weil sie wie Alkoholiker handelten. Schlafmangel, den so viele Menschen im Interesse ihrer beruflichen Karriere in Kauf nehmen, beeinträchtigt zudem massiv unsere Kreativität, Produktivität und unser Entscheidungsvermögen. Sie haben bereits vor zehn Jahren auf das wichtige Thema verwiesen und sich dafür eingesetzt, auch dem Büroschlaf seine Zeit zu lassen. Weshalb kann bereits ein 20-Minuten-Schlaf Wunderbewirken?

Im Management steht die Wachsamkeit an erster Stelle. An zweiter Stelle die Angst als großer Antreiber, Macht zu behalten oder zu erringen, Erster zu sein, Konkurrenzdenken. Es ist Krieg ... wie kann man(n) da schlafen.

Das Geschenk der Gelassenheit ist schwer erlernbar - was sind da 20 Minuten Schlaf oder ruhendes Innehalten? Das Siesta-Verhalten der Südländer hat da schon etwas Beneidenswertes. Geht doch!!!
Es braucht eine Unternehmenskultur, Ruhe per Schlaf im Liegen zu verordnen. Eine Siesta-Kultur loszutreten, braucht ein beredtes gewaltiges Potenzial - dann könnte es gehen. Somit steht das Nach-Oben-Schlafen oder das Sich-Hoch-Schlafen nicht zur Debatte, da es schon immer dazugehört...

_ Sollte der Mittagsschlaf in Unternehmenskulturen integriert werden? Können Sie Beispiele nennen, wo dies gelungen ist?

Ich weiß, dass Firmen in Österreich, Schweiz und sogar in Deutschland Ruheräume anbieten. Aber ich habe in den 21 Jahren meiner Tätigkeit in den Büros keine Schlafzellen entdeckt, geschweige denn, dass jemand den Mut hatte, offiziell 20 bis 30 Minuten zu schlafen. Pausen werden daher meistens zum Essen „verbraucht" oder zu einem genüsslichen Spaziergang um die vier Ecken. .

_ Was verbindet Ordnung mit Nachhaltigkeit? Weshalb ist der Begriff nicht verbraucht? Kann Ordnung nicht dazu beitragen, seine Bedeutung richtig zu erfassen?

Ich sage etwas ganz Einfaches: der Umgang mit der Ordnung dient dazu, meine persönlichen Gegenstände zu pflegen und in Ordnung zu halten und damit ihre Haltbarkeit zu gewähren, oder sie lange zu nutzen und mich daran zu erfreuen. Das Gesetz der Nachhaltigkeit bedeutet demzufolge, dass wir der Natur und einer jeden Sache Respekt zollen, wir achtsam mit Ressourcen wie Wasser, mit Tierschutz und Klima und mit allen Ordnungen dieser Welt f ü r s o r g l i c h umgehen.
Das gilt auch für die Büros, die von 18 Millionen Menschen in Deutschland „besiedelt" werden, und deren Nachhaltigkeit von qualifizierten kaufmännischen Handlungen bestimmt werden sollte.

* Claudia Silber: Meine Worte! Der ordentliche Umgang mit Gegenständen UND Menschen sorgt für Langlebigkeit.

_ Haben Menschen besonders in instabilen und unsicheren Zeiten eine besonders ausgeprägte Sehnsucht nach Ordnung?

Sicher ist das so, alleine bei allen den Weltkatastrophen und Kriegen werden Institutionen gebraucht, die Ordnung schaffen oder diese neu aufstellen, Regeln geben, um eine Gemeinschaft wieder lebbar zu machen, Unebenheiten physisch wie psychisch zu glätten. Die Ordnung wieder herstellen und somit eine Sicherheit schaffen. Das ist eine der Sehnsüchte, die es zu stillen gilt.

* Claudia Silber: Ich muss gerade an ein Interview mit einer Frau aus der Ukraine denken - in unruhigen und instabilen Zeiten sehen sich die Menschen nach Ordnung und Sicherheit. Wir in Deutschland können uns das kaum noch vorstellen, dass es keine Infrastruktur gibt, keine Lebensmittel, keine Möglichkeit Freunde und Familie zu treffen.

_ Dass Sie nach Ihrem Konkurs wieder aufgestanden sind, verdanken Sie Ihrem ungebrochenen Selbstbewusstsein. In Ihrem Buch „Eine Frau räumt auf" schreiben Sie: „denn ich wußte immer, was und wer ich bin, mit oder ohne Federn, mit oder ohne Geld." Was würden Sie Menschen antworten, die sich nach einem Jobverlust die Frage stellen: „Was bin ich ohne meine Funktion?"

Dem Einzelnen: Kriechen ist keine Gangart. Es gibt i m m e r eine neue Möglichkeit, sich neu zu definieren, einfach was ganz anderes zu arbeiten. Denn wir haben zudem nur die Leistungsgesellschaft, die sagt, wir brauchen Geld, um das Brot zu bezahlen. In dieser Gemeinschaft habe ich eine Pflicht, mich auf die Suche zu machen.

Ich hatte dafür das Selbstvertrauen und die Ausschöpfung meiner Talente. Viel schwerer ist es, wenn ganze Firmenzüge entlassen werden und tausende von Menschen auf der Straße stehen. Da ist das politische und wirtschaftliche System kaputt bis zum Missmanagement von Bank und Wirtschaft.

* Claudia Silber: Ich kann das bestätigen: Unsere Gesellschaft tut ihr übriges dazu, dass man sich nach Jobverlust wie „der letzte Mensch" fühlt. Dabei sollte es ja nicht nur der Job sein, über den man sich definiert. Und auch bei mir hat sich bestätigt, dass, wenn eine Tür zugeht, sich eine neue öffnet, hinter der vielleicht ein viel besseres Leben liegt.

_ In einem nachhaltigen Unternehmens- und Entwicklungsprozess ist die Selbstorganisation aller beteiligten Akteure ein zentrales Element. Was macht für Sie eine professionelle Selbstorganisation von Führungskräften und Mitarbeitern aus?

Einfache Antwort: Teamfähigkeit und Kostenminimierung im Office-Management. Alle nützen ein gleiches System zur Abwicklung aller Geschäfte ohne Einräumung von Kompromissen oder Sonderrechte. Damit wird Nachhaltigkeit gelebt und geprägt.

_ Ihr Anspruch ist es, eine Spannung zwischen Ordnung und Chaos, Struktur und Kreativität herzustellen. Wie gelingt Ihnen dies?

Klingt ganz einfach: Ich nutze die Ordnung, damit ich kreativ sein kann, mich und meine Ideen chaotisch ausbreiten kann. Wenn ich in dieser Schöpfungsphase die Dinge bewegt habe, wieder in meine Ordnung zurückkehren kann. Es widerspricht sich nicht. Ich kenne das Zitat: „Ich brauche das Chaos, damit ich kreativ sein kann". In Wirklichkeit ist das nur gewöhnliche Unordnung. Das widerspricht sich.

_ Welche Bedeutung hat das Stehpult in modernen Büros?

Eine sehr gute Lösung: Dann, wenn einer Rückenprobleme hat, nicht zu lange sitzen will, sich zusätzlich bewegen kann, so dass er /sie auch im Stehen arbeiten und dieses eine Qualität für eine bessere Lebensqualität im Büro sein kann.

* Claudia Silber: Bessere Alternative zum Stehpult: Eine Sitz-/Steh-Tischkombination. Bei memo sind mittlerweile 58 % aller Arbeitsplätze mit derartigen Schreibtischen ausgestattet - Tendenz weiter steigend.

_ Was bedeutet für Sie Unternehmenskultur? Und welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das Büro? Was ist „Bürokultur"?

Ein guter Platz, um zu arbeiten: Ich will in unverrenkten Möbeln sitzen, an einem rechteckigen Holztisch zeichnen, essen und trinken, lesen, will geschmackvolle Leuchten und gute akustische Verhältnisse um mich haben. Das brauchen wir alle.

_ Warum hat „Utopia" in Ihrem Buch „Tatort Büro" das letzte Wort?

Weil es so ist: Wir werden nicht arbeitsbefreit sein und ausschließlich in Harmonie leben, wo Religionen nebeneinander friedlich existieren - alles das nicht, was Thomas Morus in seinem Buch „Utopia" zitiert: das Pantheon der guten Götter.

Wir leben erdenweit im Patriarchat weit entfernt von einem Pantheon in einer nach Nachhaltigkeit suchenden Ordnung oder um Ordnung zu ringen, damit die Nachhaltigkeit gewährleistet ist, um diesem Utopia näher zu kommen. Vielleicht brauchen wir zum Üben einen weiteren Planeten.

_ Weshalb sollte jede Führungskraft und jeder Mitarbeiter Verantwortung für seinen Arbeitsplatz und die Logistik übernehmen? Ist Ordnung nicht auch eine Form der Selbstverantwortung?

Cosi fan tutte, so machen's alle. Jeder für sich solistisch - damit ist es uneinheitlich und individuell. Da alle die punktgenaue Landung nicht „gelernt" haben, haben wir in Folge eine ungesunde Artenvielfalt, die für ein Geschäft nicht zuträglich ist.

Es geht um die Selbstverantwortung für die Firma und deren Produkt. Der gemeinsame Verdienst ist es, die den Mitarbeiter mit Lohn versehen. Es ist also selbst die Verantwortung in gemeinsamer Sache. So einfach ist das.

_ Welche Erfahrungen haben Sie mit der Generation Y gemacht? Wie „ordentlich" sind die so genannten Digital Natives?

Digitale Medien werden von der jüngeren Generation als selbstverständlich genutzt - auf der Straße, im Auto, in Zügen und in Büros. Man findet sie auch bei Büronomaden. Dort allerdings richten sich die Nutzer ihr eigenes System ein oder sind an das in ihrer jeweiligen Firma gültigen DokumentenManagementSystem angepasst. Hier also „Artenvielfalt".

Die Situation ist die gleiche wie bei den älteren Mitarbeitern, die alt und neu kennen. Es gibt nur dann eine Teamfähigkeit, weil sie explizit erforderlich ist. Sie ist aber, wie wir aus der Praxis wissen, nicht überall Bedingung. Mit Stolz ohne Papier, nur einen kleinen ACOR auf den Knien auf der Parkbank ... umzingelt von Apps.Trotzdem wäre die jüngere Generation, wenn sie mit Methode Kosten sparen könnten, sicher auch dabei. Medienvielfalt schützt nicht vor Strukturlosigkeit bei Jung und Alt.

* Claudia Silber: „Mir fällt immer wieder auf, wie junge Menschen einerseits sehr unbesorgt mit dem Leben umgehen (positiv: Unbeschwertheit im Umgang mit Fremdem / negativ: Freigabe von persönlichen Daten z.B. im Internet) und sich aber andererseits bei vielen wichtigen Themen sehr engagieren bzw. "besser" und bewusster verhalten (Beispiel: nachhaltige Mobilität). Junge Menschen gelten ja gemeinhin als "unordentlicher" - ordentliche junge Menschen werden oft als "Nerds" belächelt. Dabei sollten wir als vorhergehende Generation(en) etwas moderater sein: Ordnung stellt sich im Laufe des Alters bei den Meisten ganz von selbst ein, wenn das berufliche und private Leben geregelt ist. Trotzdem ist es schade, wenn man im Laufe der Jahre diese gewissen Unbeschwertheit verliert, denn das bedeutet doch oft auch den Verlust der Offenheit.

_ Haben Stadtverwaltungen das gleiche Problem?

Ja, trotz eines Aktenplans, der in sich bindend wäre, halten sich Mitarbeiter nicht immer daran. Die Methode A-P-DOK® ist in Ämtern genauso anwendbar, genauso zertifizierbar. In den meisten Ämtern wird numerisch abgelegt und folgen strukturell nicht dem Alphabet. Die Qualität einer ganzheitlichen Abwicklung in Papier und PC ist machbar und kann die Kosten mit Hinweis auf die Wertschöpfungstabelle nachweisbar senken.

_ Weshalb sollte die Beschäftigung mit Themen wie Ordnung und Nachhaltigkeit nie trocken und mit Zwang verbunden sein?

Wer isst schon gerne Wassersuppe oder Verkochtes und Angebranntes? Damit die Delikatesse der Ordnung und Nachhaltigkeit schmeckt, muss sie gut gewürzt sein, so wie wir unsere Lieblingsgerichte essen. Es geht ja nicht nur um den nachhaltigen Erhalt der Bürowelten - es geht um unsere ganze Welt, den blauen Planeten, deshalb immer noch Utopia.

_ Was macht für Sie eine prozessorientierte Zukunftssicherung einer Organisation aus?

Wenn man diese Zukunftssicherung einer Organisation endlich in allen Facetten gelernt hat, die Zukunft nachhaltig sichert und diese Regeln und Gesetze lebt - jede Stunde, jeden Tag. Nochmal: Wer nicht denken will, fliegt raus.

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