Die Verteidiger der Sparer und Steuerzahler gehen auf die Barrikaden. So hat Ifo-Präsident Prof. Hans-Werner Sinn die Staatsanleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) bereits heftig gegeißelt.
Zocker hinter Bildschirmen
Anlässlich der Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg erklärte er: „Die Finanzmärkte sind nur dadurch beruhigt worden, dass die Lasten von den cleveren Zockern hinter ihren Bildschirmen auf die treuglaubenden Steuerzahler verlagert wurden." Das sei zynisch.
Denn die Investoren könnten sich dann aus dem Staub machen. Doch wir würden zu Geiseln der Finanzmärkte und der Spekulanten. Die würden der Politik Maßnahmen aufzwingen, die wir alle nicht wollten. Das müsse einmal ein Ende haben.
Nur eine Stimme wie Malta
Der EZB-Rat ist laut Hans-Werner Sinn „ein technokratisches Gremium, in dem Deutschland nur eine Stimme hat wie Malta oder Zypern". Dort würde Deutschland regelmäßig überstimmt. Die Eurorettung müsse jedoch über die Parlamente laufen. Doch das sei nicht der Fall. Deshalb hätten wir „ein riesiges Demokratieproblem in Europa".
In Luxemburg prallten die Streitparteien deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof kräftig aufeinander. So betonte der Völkerrechtler Bernhard Kempen, der eine Klage des Vereins „Mehr Demokratie" mit 37.000 Unterstützern vertrat: „Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Euro."
Nicht legitimierte „Nebenregierung"
Nur habe er die Sorge, dass sich die EZB ermächtige, in die Wirtschaftspolitik einzugreifen. Dadurch würde sie zur nicht demokratisch legitimierten wirtschaftlichen „Nebenregierung". Sie überschreite damit ihre Kompetenzen und betreibe monetäre Staatsfinanzierung, was ihr verboten sei.
Auch Juraprofessor Dietrich Murswiek bezweifelte die ins Feld geführten Motive der EZB. „Ob sie diese Ziele ernsthaft verfolgt oder nur vorschiebt, um in Wirklichkeit ganz andere - nicht ausdrücklich genannte - Ziele verfolgen zu können, lässt sich kaum nachprüfen."
Das Beispiel mit dem Bankraub
Die EZB könne praktisch uneingeschränkt Wirtschaftspolitik betreiben und in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten übergreifen. Denn es sei praktisch immer möglich, wirtschaftspolitische Maßnahmen als geldpolitisch motiviert darzustellen.
Dazu brachte der Juraprofessor folgendes Beispiel: „Stellen Sie sich vor, jemand raubt eine Bank aus und behauptet dann, das sei kein Bankraub, sondern eine Wohltätigkeits-Aktion; er wolle das Geld nämlich einem Waisenheim spenden. Sie würden doch sagen: Bankraub bleibt Bankraub, egal welchen noch so ehrenwerten Zweck der Täter verfolgt; das sei Kriminalität und nicht Mildtätigkeit oder Sozialpolitik."
Furcht vor einer Insolvenz
Die EZB aber betreibe Eurorettungspolitik. Sie tue damit exakt das, wofür die Eurostaaten zuständig seien. Und sie behaupte, das sei nicht Wirtschaftspolitik, sondern Geldpolitik.
Entscheidend sei aber, dass der Ankauf von Staatsanleihen im Rahmen des sogenannten OMT-Programms unmittelbar dazu diene, die Renditen der Staatsanleihen bestimmter Krisenstaaten zu senken, den Gläubigern dieser Staaten die Furcht vor der Insolvenz und vor einem Schuldenschnitt zu nehmen und auf diese Weise die Gefahr einer Insolvenz abzuwenden. Das unmittelbare Ziel sei also ganz offenkundig ein wirtschaftspolitisches Ziel.
Generalkompetenz für Wirtschaftspolitik
Wäre es richtig, dass die EZB im Rahmen ihres Mandats alles tun dürfe, was in irgendeiner Weise indirekt die Effektivität ihrer geldpolitischen Zielverfolgung erhöhe, dann hätte sie nach den Worten von Dietrich Murswiek „eine Generalkompetenz für die Wirtschaftspolitik und sogar für die Sozialpolitik".
Mit dem OMT-Programm verlagere die EZB Solvenzrisiken in Höhe immenser Milliardenbeträge von den Gläubigern der Krisenstaaten auf die Steuerzahler der Eurostaaten. Das Bundesverfassungsgericht habe zu Recht festgestellt, dass dies nicht vom Mandat der EZB gedeckt sei.
Einem solchen Vertrag nie zugestimmt
Es ist für den Juraprofessor evident, dass der Vertrag von Maastricht mit einer solchen Ermächtigung nie zustande gekommen wäre: „Deutschland hätte bestimmt nicht zugestimmt. Die Vergemeinschaftung von Schulden war für die Politik tabu. Und ansonsten hätte das Bundesverfassungsgericht das Zustimmungsgesetz zu einem solchen Vertrag für verfassungswidrig erklärt."
Die EZB besitze dafür keine demokratische Legitimation. Es sei völlig klar, dass die Vertragsstaaten der EZB nicht die Kompetenz übertragen hätten, Solvenzrisiken zwischen den Eurostaaten umzuverteilen und einzelnen Eurostaaten Haushaltsrisiken aufzubürden, deren Volumen ein mehrfaches des aktuellen Staatshaushalts erreichen könne.
Machtanmaßung der EZB
Mit dem OMT-Programm aber mache die EZB „aus der Währungsunion eine Schuldenunion, ohne die Mitgliedstaaten und ihre Parlamente zu fragen". Der Gerichtshof müsse die Demokratie in Europa vor der „unlegitimierten Machtanmaßung der EZB schützen".
Ins gleiche Horn stößt Dr. Peter Gauweiler als stellvertretender Parteivorsitzender der CSU. Mit dem OMT-Programm biete die EZB den Investoren - ökonomisch betrachtet - eine kostenlose Kreditausfallversicherung.
Risikoübertragung an Steuerzahler
Die EZB gebe nämlich das Versprechen ab, die Problemstaaten notfalls vor der Insolvenz zu retten, indem sie Staatsanleihen aufkauft und die Finanzierung dieser Staaten sicherstellt. Auf diese Weise nehme die EZB den Banken und anderen Großinvestoren, die in Staatsanleihen von Problemstaaten investieren, ihr Risiko ab und übertrage es auf den Steuerzahler.
Das OMT-Programm sei also ein „Rettungsschirm", den die EZB für Krisenstaaten aufgespannt habe und der jetzt neben dem von den Eurostaaten installierten „Rettungsschirm", dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), stehe. Der ESM allerdings ist nach den Worten von Peter Gauweiler durch Entscheidungen der nationalen Parlamente, die dem ESM-Vertrag zugestimmt haben, „demokratisch legitimiert".
Bundestag muss „ja" sagen
Und jede einzelne Rettungsaktion zugunsten eines Krisenstaates dürfe nur vorgenommen werden, wenn der Bundestag ihr vorher zugestimmt habe. Das gelte auch für Staatsanleihenkäufe, die der ESM tätigen dürfe.
Das maximale Risiko, mit dem der Bundeshaushalt belastet werde, dürfe den Kapitalanteil am ESM - 190 Mrd. Euro - nicht überschreiten. Diese Begrenzungen und demokratischen Legitimationsanforderungen würden durch das OMT-Programm unterlaufen.
Verbotene Staatsfinanzierung
Die EZB tue exakt das gleiche, was der ESM zur Rettung von Krisenstaaten tun darf, aber sie tue es „ohne demokratische Legitimation". Sie belaste den Bundeshaushalt mit hohen Milliardenrisiken, ohne den Bundestag zu fragen.
Das Bundesverfassungsgericht habe erklärt, dass nach seiner Auffassung die EZB mit dem OMT-Programm ihre Kompetenzen überschreite und verbotene Staatsfinanzierung betreibe. Sollte der Europäische Gerichtshof das undemokratische Handeln der EZB billigen, so sei der Rechtsstreit definitiv nicht entschieden.
Bindung ans Grundgesetz lösen?
Dann wird, wie Peter Gauweiler betont, „das Bundesverfassungsgericht sich nochmals mit der Sache befassen müssen, um abschließend zu klären, ob supranationale Organisationen die Bundesbank, die Bundesregierung und den Bundestag von deren Bindung an das Grundgesetz lösen können".
![2014-10-20-Schuldenunion.JPG]()
Das Fehlverhalten der Europäischen Zentralbank im Blick: Stellvertretender CSU-Vorsitzender Dr. Peter Gauweiler (Foto: Privat).
Mehr für Verbraucher und Sparer auf www.finanz-blog-online.de und www.finanz-pressedienst.de
Zocker hinter Bildschirmen
Anlässlich der Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg erklärte er: „Die Finanzmärkte sind nur dadurch beruhigt worden, dass die Lasten von den cleveren Zockern hinter ihren Bildschirmen auf die treuglaubenden Steuerzahler verlagert wurden." Das sei zynisch.
Denn die Investoren könnten sich dann aus dem Staub machen. Doch wir würden zu Geiseln der Finanzmärkte und der Spekulanten. Die würden der Politik Maßnahmen aufzwingen, die wir alle nicht wollten. Das müsse einmal ein Ende haben.
Nur eine Stimme wie Malta
Der EZB-Rat ist laut Hans-Werner Sinn „ein technokratisches Gremium, in dem Deutschland nur eine Stimme hat wie Malta oder Zypern". Dort würde Deutschland regelmäßig überstimmt. Die Eurorettung müsse jedoch über die Parlamente laufen. Doch das sei nicht der Fall. Deshalb hätten wir „ein riesiges Demokratieproblem in Europa".
In Luxemburg prallten die Streitparteien deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof kräftig aufeinander. So betonte der Völkerrechtler Bernhard Kempen, der eine Klage des Vereins „Mehr Demokratie" mit 37.000 Unterstützern vertrat: „Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Euro."
Nicht legitimierte „Nebenregierung"
Nur habe er die Sorge, dass sich die EZB ermächtige, in die Wirtschaftspolitik einzugreifen. Dadurch würde sie zur nicht demokratisch legitimierten wirtschaftlichen „Nebenregierung". Sie überschreite damit ihre Kompetenzen und betreibe monetäre Staatsfinanzierung, was ihr verboten sei.
Auch Juraprofessor Dietrich Murswiek bezweifelte die ins Feld geführten Motive der EZB. „Ob sie diese Ziele ernsthaft verfolgt oder nur vorschiebt, um in Wirklichkeit ganz andere - nicht ausdrücklich genannte - Ziele verfolgen zu können, lässt sich kaum nachprüfen."
Das Beispiel mit dem Bankraub
Die EZB könne praktisch uneingeschränkt Wirtschaftspolitik betreiben und in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten übergreifen. Denn es sei praktisch immer möglich, wirtschaftspolitische Maßnahmen als geldpolitisch motiviert darzustellen.
Dazu brachte der Juraprofessor folgendes Beispiel: „Stellen Sie sich vor, jemand raubt eine Bank aus und behauptet dann, das sei kein Bankraub, sondern eine Wohltätigkeits-Aktion; er wolle das Geld nämlich einem Waisenheim spenden. Sie würden doch sagen: Bankraub bleibt Bankraub, egal welchen noch so ehrenwerten Zweck der Täter verfolgt; das sei Kriminalität und nicht Mildtätigkeit oder Sozialpolitik."
Furcht vor einer Insolvenz
Die EZB aber betreibe Eurorettungspolitik. Sie tue damit exakt das, wofür die Eurostaaten zuständig seien. Und sie behaupte, das sei nicht Wirtschaftspolitik, sondern Geldpolitik.
Entscheidend sei aber, dass der Ankauf von Staatsanleihen im Rahmen des sogenannten OMT-Programms unmittelbar dazu diene, die Renditen der Staatsanleihen bestimmter Krisenstaaten zu senken, den Gläubigern dieser Staaten die Furcht vor der Insolvenz und vor einem Schuldenschnitt zu nehmen und auf diese Weise die Gefahr einer Insolvenz abzuwenden. Das unmittelbare Ziel sei also ganz offenkundig ein wirtschaftspolitisches Ziel.
Generalkompetenz für Wirtschaftspolitik
Wäre es richtig, dass die EZB im Rahmen ihres Mandats alles tun dürfe, was in irgendeiner Weise indirekt die Effektivität ihrer geldpolitischen Zielverfolgung erhöhe, dann hätte sie nach den Worten von Dietrich Murswiek „eine Generalkompetenz für die Wirtschaftspolitik und sogar für die Sozialpolitik".
Mit dem OMT-Programm verlagere die EZB Solvenzrisiken in Höhe immenser Milliardenbeträge von den Gläubigern der Krisenstaaten auf die Steuerzahler der Eurostaaten. Das Bundesverfassungsgericht habe zu Recht festgestellt, dass dies nicht vom Mandat der EZB gedeckt sei.
Einem solchen Vertrag nie zugestimmt
Es ist für den Juraprofessor evident, dass der Vertrag von Maastricht mit einer solchen Ermächtigung nie zustande gekommen wäre: „Deutschland hätte bestimmt nicht zugestimmt. Die Vergemeinschaftung von Schulden war für die Politik tabu. Und ansonsten hätte das Bundesverfassungsgericht das Zustimmungsgesetz zu einem solchen Vertrag für verfassungswidrig erklärt."
Die EZB besitze dafür keine demokratische Legitimation. Es sei völlig klar, dass die Vertragsstaaten der EZB nicht die Kompetenz übertragen hätten, Solvenzrisiken zwischen den Eurostaaten umzuverteilen und einzelnen Eurostaaten Haushaltsrisiken aufzubürden, deren Volumen ein mehrfaches des aktuellen Staatshaushalts erreichen könne.
Machtanmaßung der EZB
Mit dem OMT-Programm aber mache die EZB „aus der Währungsunion eine Schuldenunion, ohne die Mitgliedstaaten und ihre Parlamente zu fragen". Der Gerichtshof müsse die Demokratie in Europa vor der „unlegitimierten Machtanmaßung der EZB schützen".
Ins gleiche Horn stößt Dr. Peter Gauweiler als stellvertretender Parteivorsitzender der CSU. Mit dem OMT-Programm biete die EZB den Investoren - ökonomisch betrachtet - eine kostenlose Kreditausfallversicherung.
Risikoübertragung an Steuerzahler
Die EZB gebe nämlich das Versprechen ab, die Problemstaaten notfalls vor der Insolvenz zu retten, indem sie Staatsanleihen aufkauft und die Finanzierung dieser Staaten sicherstellt. Auf diese Weise nehme die EZB den Banken und anderen Großinvestoren, die in Staatsanleihen von Problemstaaten investieren, ihr Risiko ab und übertrage es auf den Steuerzahler.
Das OMT-Programm sei also ein „Rettungsschirm", den die EZB für Krisenstaaten aufgespannt habe und der jetzt neben dem von den Eurostaaten installierten „Rettungsschirm", dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), stehe. Der ESM allerdings ist nach den Worten von Peter Gauweiler durch Entscheidungen der nationalen Parlamente, die dem ESM-Vertrag zugestimmt haben, „demokratisch legitimiert".
Bundestag muss „ja" sagen
Und jede einzelne Rettungsaktion zugunsten eines Krisenstaates dürfe nur vorgenommen werden, wenn der Bundestag ihr vorher zugestimmt habe. Das gelte auch für Staatsanleihenkäufe, die der ESM tätigen dürfe.
Das maximale Risiko, mit dem der Bundeshaushalt belastet werde, dürfe den Kapitalanteil am ESM - 190 Mrd. Euro - nicht überschreiten. Diese Begrenzungen und demokratischen Legitimationsanforderungen würden durch das OMT-Programm unterlaufen.
Verbotene Staatsfinanzierung
Die EZB tue exakt das gleiche, was der ESM zur Rettung von Krisenstaaten tun darf, aber sie tue es „ohne demokratische Legitimation". Sie belaste den Bundeshaushalt mit hohen Milliardenrisiken, ohne den Bundestag zu fragen.
Das Bundesverfassungsgericht habe erklärt, dass nach seiner Auffassung die EZB mit dem OMT-Programm ihre Kompetenzen überschreite und verbotene Staatsfinanzierung betreibe. Sollte der Europäische Gerichtshof das undemokratische Handeln der EZB billigen, so sei der Rechtsstreit definitiv nicht entschieden.
Bindung ans Grundgesetz lösen?
Dann wird, wie Peter Gauweiler betont, „das Bundesverfassungsgericht sich nochmals mit der Sache befassen müssen, um abschließend zu klären, ob supranationale Organisationen die Bundesbank, die Bundesregierung und den Bundestag von deren Bindung an das Grundgesetz lösen können".
Das Fehlverhalten der Europäischen Zentralbank im Blick: Stellvertretender CSU-Vorsitzender Dr. Peter Gauweiler (Foto: Privat).
Mehr für Verbraucher und Sparer auf www.finanz-blog-online.de und www.finanz-pressedienst.de