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Crystal Meth: Ein Ex-Dealer der Schwulen-Szene packt aus

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Lars Svenson war viele Jahre erfolgreicher Pornodarsteller in den USA. Dann ging er nach Berlin und wurde zu einem der wichtigsten Dealer der Hauptstadtszene. Bis er aufflog. Derzeit büßt er seine sechsmonatige Strafe ab. Wir haben mit ihm über die Gefährlichkeit von Crystal gesprochen
TEXT & INTERVIEW: DAVID BERGER


Die Berliner Partypeople, aber auch Pornofans werden ihn sicher kennen. Vielleicht nicht unbedingt dem Namen nach, aber optisch auf jeden Fall. Lars Svenson war über viele Jahre als Pornodarsteller sehr erfolgreich. Es war zu der jener Zeit, als Porno in der öffentlichen Wahrnehmung hip wurde und man mit den Filmen noch richtig viel Geld verdienen konnte.

Geldadel und Prominenz war auf einmal ganz scharf darauf, mit einem bekannten Pornostar öffentlich aufzutreten. Für den jungen Lars Grund genug aus dem brandenburgischen Kleinmachnow bei Berlin in die USA zu gehen, dort mit den wöchentlichen Pornodrehs und seiner Escorttätigkeit erstaunlich gut zu verdienen und sich den Traum vom Leben in Amerika wahrzumachen.

„Junge Menschen, die fröhlich sind, gut aussehen und Drogen nehmen"

Das ging auch vier Jahre lange gut - bis es, wie bei vielen anderen auch, Visa-Probleme gab und Lars 2010 nach Berlin zurückkehrte. Berlin hatte sich inzwischen von einer „kleingeistigen, piefigen Stadt zu einer weltgewandten Metropole" gewandelt. Lars wurde mit einem positiven HIV-Testergebnis konfrontiert und in dem pornomäßig völlig überfütterten Berlin wollte er nicht für einen Hungerlohn weiter arbeiten.

Eine chronische Depression meldete sich zu allem Überfluss wieder zurück. Während er in den USA kaum Kontakt mit Drogen hatte, ging es jetzt ganz schnell, dass die Drogen, besonders GBL, Ecstasy und Koks, zu seinem Alltag gehörten und auf einmal alles besser aussah. Er lernte neue Leute kennen, denen es richtig gut ging, die gut aussahen, Party machten, Spaß am Leben hatten und Drogen nahmen. Einer von diesen gab ihm auch den Tipp: Mach dein Hobby zum Beruf. Die steil anwachsende schwule Szene in Berlin braucht einen verlässlichen und seriösen „Apotheker".

Vor dem Verkauf hat Lars alles selbst getestet

Die Idee zündete, Lars baute sich innerhalb kürzester Zeit ein geradezu professionelles Imperium auf, mit festen Verkaufstagen, Öffnungszeiten und ab einem gewissen Betrag auch einen Lieferservice. Im Angebot hatte er alles, was in der schwulen Welt so gang und gäbe ist. Während an den Pornos keiner mehr interessiert war, standen nun die Interessenten Schlange.

Schnell war er berlinweit dafür bekannt, das beste Koks der Stadt zu verkaufen und sich die Kunden - im Unterschied zu seinen heterosexuellen „Kollegen" - auf Mengenangaben und Qualität verlassen konnten: „Vermutlich, weil ich vorher immer alles selbst getestet habe, bevor ich es weiterverkauft habe", sagt Lars ganz ernst.

Manchmal veranstaltete er mit guten Freunden auch eigene Partys, in denen es nicht nur reichlich Champagner gab, sondern auch die neuesten Kokslieferungen getestet wurden. Das Klischee des steinreichen Drogenbarons kann er dennoch nicht bedienen. Was er einnahm, ging für seine Lebenshaltungskosten und den eigenen Konsum drauf.

„Silvester im Gefängnis statt im Berghain belehrte mich eines Besseren"

Bis dann an einem frühen Nachmittag im letzten November alles ganz abrupt zu Ende ging. Lars war gerade vom Gym nach Hause genommen und lag auf seinem Sofa, als acht Kriminalpolizisten die kleine Wohnung in Schöneberg stürmten. Er landete in Untersuchungshaft, kam aufgrund der Tatsache, dass er den Dealerjob eigentlich nur zur Deckung des eigenen Drogenkonsums gemacht hatte, glimpflich davon.

Aber die Haft hat ihn verändert. Silvester im Gefängnis statt im Berghain wurde für ihn zur Schlüsselerfahrung: Die Freiheit war ihm von da an so wichtig, dass die Dealertätigkeit von daher endgültig der Vergangenheit angehörte. Kurz nach unserem Treffen trat er seine vom Gericht angeordnete sechsmonatige Strafe an: „Irgendwie auch befreiend zu wissen, dass das nun alles zu Ende ist" sagt er. Und man nimmt ihm das auch ab.

Bestürzende körperliche und charakterliche Veränderungen

Dann haken wir aber nochmal nach und wollen wissen, wie er denn nun aufflog. Verraten hatte ihn tatsächlich ein ehemaliger Kunde, mit dem er keinen Sex haben wollte und der anfänglich sein Crystal Meth über ihn bezog. Lars, der ohnehin ein gespaltenes Verhältnis zu „Tina" hatte, stoppte aber den Verkauf an den Kunden, als er bemerkte, wie dieser geistig, psychisch und körperlich rasant abbaute.

INTERVIEW

Lars, ist dir Crystal Meth zum Verhängnis geworden?
Ja, angesichts des irrationalen Handelns meines Kunden schon. Meine ersten Chrystal-Erfahrungen hatte ich in den USA im Rahmen meiner Escorttätigkeit. Da wurde mir schon klar, wie gefährlich das Zeug ist. Und ich habe von da an persönlich die Finger davon gelassen.

Ist Meth wirklich so gefährlich, wie das die großen Medien derzeit darstellen?
Ein kleiner Teil der Konsumenten verträgt Crystal Meth ganz gut. Aber für die große Mehrheit der Konsumenten gilt: Ja, es ist tatsächlich so gefährlich.

Was hast du beobachtet?
Zunächst einen rasanten körperlichen Verfall, dann irgendwann auch bestürzende Charakterveränderungen - bis hin zur Unzurechnungsfähigkeit. Immer wieder ist mir in diesem Zusammenhang ein seltsamer Verfolgungswahn aufgefallen.

Hast du auch Leute kennengelernt, die ihren Konsum von Meth unter Kontrolle haben?
Ja, aber das war wirklich die Ausnahme. Ich würde aber niemanden raten, das auszutesten.

Immer wieder wird eine extreme Zunahme des Meth-Konsums fest gestellt, besonders des Slammens (d.h. Spritzen der Droge) - in Berlin in den letzten zwei Jahren. Kannst du das bestätigen?
Aus meiner Erfahrung nein. Die Gruppe der Konsumenten scheint mir seit Jahren in Berlin sehr konstant zu sein. Das sind weniger die Partygänger, als vielmehr die Leute aus der Fist- und Fetischszene (SM, Leder, Gummi).

Der Artikel ist Teil eines großen Spezials zu Crystal Meth, das in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „MÄNNER" erschienen ist: Mehr Informationen hier: MÄNNER-ONLINE

Foto: Lars Svenson (c) David Berger

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