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Muss ich Wirtschaftskriminalität im Unternehmen nachgehen? Anmerkungen zum ungeliebten Thema Aufarbeitung...

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Die Antwort für den eiligen Leser: Ja, Sie müssen. Unbedingt.
Aber zunächst einmal: Worum geht es? Sie haben als Geschäftsführer, Vorstand oder auch als leitender Angestellter Kenntnis von einem Fall von Wirtschaftskriminalität - oder Sie vermuten es. Beispiele aus meiner Praxis:
  • Ein Geschäftsführerkollege von Ihnen reicht Spesenabrechnungen privater Natur ein, etwa Reisen mit seiner Ehefrau, die er als geschäftlich deklariert und, damit es nicht so auffällt, mit einem Besuch bei einem Ihrer Kunden verschleiert.

  • Ihr Chef, dem Sie als Leiter Finanzbuchhaltung berichten, gönnt sich einen erhöhten Bonus und lässt sich diesen von Ihnen auch auszahlen; da Sie in einer ausländischen, nicht sonderlich gut überwachten Beteiligungsgesellschaft arbeiten, fällt dies im Mutterhaus nicht auf und wird in verschiedenen Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung versteckt.

  • Als Mitarbeiter im Einkauf wissen Sie, dass Ihr Chef, der Einkaufsleiter, Anteile an einem Unternehmen hat, das als Lieferant für Ihr Unternehmen arbeitet. Die Preise für die Leistungen sind im Marktvergleich überhöht, Ihr Unternehmen wird dadurch geschädigt.


Manche Unternehmen lösen das Problem auf eine der möglichen falschen Arten, z.B. indem der Täter einen schicken Aufhebungsvertrag bekommt, intern auf eine andere Stelle weggelobt wird oder im schlimmsten Fall durch Untätigkeit. In diesen Unternehmen ist man der Meinung, durch das Beenden der strafbaren Handlungen bereits genug getan zu haben. Diese Meinung ist aber leider falsch.

Zu einem Tatbestand kommen regelmäßig automatisch andere...

Was wird unter Aufarbeitung von Wirtschaftskriminalität verstanden? Was viele Unternehmen ohne Erfahrung im Bereich Wirtschaftskriminalität übersehen ist die Tatsache, dass neben dem eigentlichen Delikt automatisch begleitend Straftaten oder Ordnungsmäßigkeitsverstöße entstehen, die dann das Unternehmen ausräumen muss.

Dieser Aspekt kann für Geschäftsführer und Vorstände gefährlich werden, die nur das eigentlich strafbare Delikt (dolose Handlung, Straftat) im Blick haben. Denn wenn z.B. ein Kollateraldelikt wie Steuerbetrug nicht geheilt wird, macht sich das Management ungewollt und natürlich ungewünscht z.B. der Steuerhinterziehung strafbar.

Ein Beispiel dazu: Ein korrupter Einkaufsleiter stellt fiktive Rechnungen an das Unternehmen und schleust sie zur Bezahlung ein, die auch stattfindet. Die auf den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wird von der Steuerschuld des Unternehmens abgezogen und wirkt steuerverkürzend. Da der Rechnung aber keine erhaltenen Waren oder Dienstleistungen zu Grunde liegen, hätte dieser Abzug nicht geltend gemacht werden dürfen. Ebenfalls gilt, dass die Rechnung den Gewinn des Unternehmens vermindert, da sie ja (angeblich) betrieblichen Aufwand darstellt. Damit ergibt sich eine zu geringe Besteuerungsgrundlage für Erfolgssteuern.
Der kleine Fall zeigt, dass Sie in einem Vorgang mehrere Verstöße und gegebenenfalls Straftaten begehen bzw. deren Folgen durch Nichtstun nicht heilen werden. Die Aufarbeitung sichert das Management in diesen Fällen also gegen Risiken ab, die es selbst betreffen können.

Zum zweiten ist auch klar, dass eine dolose Handlung (Straftat) durch einen Mitarbeiter nur dann begangen werden konnte, wenn es Schwächen im so genannten Internen Kontrollsystem gab. Hinter diesem Fachbegriff befindet sich alles an Maßnahmen und Funktionen, die das Vermögen des Unternehmens sichern soll, die interne und externe Buchhaltung sauber arbeiten lässt und für die Einhaltung aller Vorschriften wie Gesetze und interne Richtlinien sorgt. Den Ursachen muss darum nachgegangen werden, weil sich so ein Vorfall ja nicht wiederholen soll und die Lücken zu schließen sind.

Diese ex post Analysen des Internen Kontrollsystems oder des Anti Fraud Management Systems bilden einen wichtigen Baustein in der gesamten Thematik der Aufarbeitung von Wirtschaftskriminalität.

Prävention gegen Wirtschaftskriminalität. Also ist es immer intelligenter, Lücken zu schließen, bevor eine Straftat begangen wird. Die Kosten für die Aufarbeitung können ein vielfaches der Schäden betragen, die durch das eigentliche Delikt entstanden sind. Für mittelständische Unternehmen kann dies bestandsgefährdend werden.

Aus den angegebenen Gründen ist sie aber kein Selbstzweck, vielmehr Selbstschutz für das Management vor Gesetzesverstößen und Schutz des Unternehmens vor einer Wiederholung der Vermögensminderung. Beides sind gute Gründe dafür zu sagen: Sie müssen aufarbeiten.

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