Quantcast
Channel: Germany
Viewing all articles
Browse latest Browse all 18967

Auch inklusive Geschäftsmodelle haben einen Markt

$
0
0
Wirtschaftlich erfolgreiche Innovationen (wie z.B. weiche Kontaktlinsen, die DVD oder der Airbag) beschränken sich in Zeiten der Globalisierung selten auf nur ein Land oder eine Region. Gute Geschäftsideen finden heute in funktionierenden Märkten meist Absatz auf der ganzen Welt. Sie ziehen oft zahlreiche Kopien und Nachahmer an, die für eine schnelle Verbreitung in sogar weiter entlegene und weniger rentable Gebiete sorgen.

Bei inklusiven Geschäftsmodellen - die Menschen am unteren Ende der Einkommenspyramide in funktionierende Wirtschaftskreisläufe einbinden und somit dazu beitragen sie mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen zu versorgen - zeichnet sich jedoch ein anderes Bild. Selbst erfolgreiche Geschäftsmodelle und wirkungsvolle Innovationen, die das Potential dafür hätten, auch in anderen Teilen der Welt gesellschaftliche Probleme zu lösen, bleiben zu oft regional oder national verhaftet. Mit ihrem großen finanziellen Risiko bei gleichzeitig niedriger Rendite bieten sie nicht die gleichen wirtschaftlichen Anreize und können somit nicht auf eine automatische Verbreitung durch reine Marktmechanismen hoffen. Deshalb müssen Sozialunternehmer bei der Verbreitung ihrer Lösungen andere, neue Wege gehen.

Verheißungsvolle Märkte für inklusive Ansätze

Dabei wachsen die Märkte für inklusive Ansätze derzeit enorm. Weltweit leben 4 Milliarden Menschen, die weniger als 3000 Dollar pro Jahr zu Verfügung haben. Zusammen haben sie eine Kaufkraft von rund 5 Billionen Dollar. Bis 2050 wird die Weltbevölkerung um weitere 3 Billionen Menschen anwachsen, der Hauptteil dessen kommt aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Viele Innovationen von Sozialunternehmern sind gerade in diesen Armutsmärkten am wirkungsvollsten, da sie die Menschen dort oft erst in funktionierende Marktkreisläufe einbinden.

Das langfristige Ziel der meisten Sozialunternehmer ist es deshalb, vor Ort Bedingungen zu schaffen, die es den Menschen ermöglichen, selbst wirtschaftliche Wertschöpfung und somit eigene Einkommen zu kreieren. Dies schaffen viele der weltweit über 3000 Ashoka Fellows vor allem durch drei Methoden:

  • Schaffung von Arbeitsplätzen und Einbindung in Märkte durch den Aufbau von Vertriebskanälen „für die letzte Meile": Beispielhaft dafür steht das von Ashoka Fellow Katherine Lucey gegründete Sozialunternehmen 'Solar Sisters'. Die Organisation bildet Frauen im ländlichen Uganda als Vertriebsunternehmer für Solarlampen aus. Durch ihre lokalen Kenntnisse und Kontakte können diese Frauen selbst in abgelegenen Gegenden Kunden mit ihren Produkten erreichen und dadurch ihren eigenen Lebensunterhalt finanzieren.


  • Schöpfung wirtschaftlicher Möglichkeiten durch die Förderung kleiner und mittlerer Betriebe: In Latein Amerika hilft der amerikanische Entrepreneur Ben Powell mit seiner Organisation 'Agora Partnerships' kleinen und mittelständischen Unternehmen durch Mentoring und Fortbildungen dabei, Kredite aufzunehmen, Mitarbeiter auszubilden und somit langfristige Einkommen und wirtschaftliche Entwicklung zu sichern.


  • Unterstützung informeller Arbeiter, Selbständiger und Kleinstunternehmer durch Information und Lobbying: Arbind Singh's Organisation NIDAN bietet informellen Arbeitern in Indien Zugang zum regulären Arbeitsmarkt. Dafür gründet er volkseigene Betriebe, die teilweise so groß werden, dass sie lokale und nationale Politik beeinflussen und als wettbewerbsfähige Akteure auftreten können.


Wie die Innovationen von Sozialunternehmen wachsen können
Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Skalierung erfolgreicher, inklusiver Ansätze zwar als Priorität im Sektor hervorgetan. Jedoch wird derzeit noch zu häufig auf rein konventionelle Marktlösungen zurückgegriffen und keine Rücksicht auf die Besonderheiten von Sozialunternehmen genommen. Wachstum im traditionell wirtschaftlichen Sinne zielt auf das Wachstum von Unternehmen, deren Strukturen ab, um letztlich durch Skaleneffekte mehr Effizienz und somit mehr Gewinn zu schaffen. In den meisten inklusiven Geschäftsmodellen steigt jedoch die organisatorische Komplexität schneller als die erzielten Skaleneffekte, weshalb die Skalierungsbemühungen von Sozialunternehmen nicht rein auf das Wachstum der Organisation, sondern der sozialen Wirkung abzielen sollte.

Deshalb besteht die Kunst des Sozialunternehmers darin, die positiven sozialen Effekte zu steigern, ohne gleichzeitig und gezwungenermaßen die organisatorischen Strukturen im gleichen Maße ausweiten zu müssen. Dies kann nur gelingen, wenn der Fokus auf das Wachstum und die Verbreitung des Modells bzw. der Innovation liegt. Der Sozialunternehmer muss also Andere geradezu einladen ihn zu kopieren. Ein recht absurder Gedanke für einen normalen Unternehmer!

Viele Sozialunternehmer tun dies bereits, indem sie Dritte in die Verbreitung ihres Modells miteinbeziehen (sei es als Franchise-, Lizenz-Nehmer oder einfach nur durch die Offenlegung ihres Wissens). Trotzdem sind die Barrieren für die Verbreitung inklusiver Geschäftsmodelle zahlreich. So ist zwar jedes Unternehmen, ob Profit- oder Wirkungsorientiert, mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, wenn es um Kapitalbeschaffung, der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften oder wichtigen Marktdaten und Handelspartnern geht. In Schwellen- und Entwicklungsländern sind diese strukturellen Probleme jedoch besonders ausgeprägt: Kunden sind weit weg und schwer zu erreichen, Zulieferer und Ausbildungsstätten vielen Orts überhaupt nicht vorhanden, dafür aber unklare Gesetzeslagen und unnötige Bürokratien. Außerdem für inklusive Geschäftsmodelle kommt erschwerend hinzu, dass ein unterstützendes Ökosystem mit Inkubatoren, Risiko- und Wachstumskaptialgebern, Headhuntern und Weiterbildungsinstitutionen, Service-Dienstleistern und spezialisierten Beratungsunternehmen vielen Orts erst noch im Aufbau ist.

Die Beseitigung solcher Barrieren und die Schaffung eines solchen unterstützenden Ökosystems müssen daher an erster Stelle stehen, wenn es um die Förderung von Sozialunternehmern und die Verbreitung ihrer inklusiven Innovationen geht.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 18967

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>