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Homo-Song für Sotschi: Wie eine Pop-Band die russischen Anti-Propaganda-Gesetze unterwandert

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enough is enough

Zweifel, ob es eine gute Idee war, die olympischen Winterspiele im russischen Sochi auszutragen, gibt es schon lange. Eines haben die Winterspiele allerdings bevor sie noch begonnen haben, zweifellos schon jetzt erreicht: sie haben die Aufmerksamkeit gerade auch vieler junger Menschen auf die Menschenrechtssituation in Russland enorm gesteigert; häufig von Menschen, die zuvor politisch kaum interessiert waren.

Dies gilt besonders für junge Schwule und Lesben, die die grobe Unterdrückung von Homosexuellen in Russland durch eigene Homo-Hass-Gesetze sowie eine pogromartige Stimmung gegen Homosexuelle in Russland aufgeschreckt hat. Selbst bislang unpolitische junge Menschen wurden so über Nacht zu Aktivisten.

Typisch dafür ist die Berliner Aktivistengruppe „Enough is Enough!" Innerhalb kürzester Zeit hat diese kleine Gruppe junger, in Berlin lebender Menschen im letzten Sommer eine Großdemonstration in der Bundeshauptstadt auf die Beine gestellt. Und das ganz unabhängig von irgendwelchen Parteien oder den traditionell für LGBTI-Rechte tätigen Vereinen. Bei der Schlusskundgebung vor der russischen Botschaft in Berlin war die von der kleinen Gruppe aktivierte Menschenmenge auf fast Zehntausend überwiegend junge Menschen angewachsen, die eindeutig klar machten: „Gemeinsam stellen wir uns gegen Hass und Verfolgung".

Der Ruf an Sponsoren, Sportverbände, Politiker und andere Verantwortungsträger, alles zu tun, um zu verhindern, dass das Olympische Feuer zur Bedrohung und Verhöhnung der Menschenrechte eingesetzt wird, blieb leider erfolglos.

Dennoch gibt die Gruppe, die allein auf ihrer Facebookseite mehr als 20 Tausend Unterstützer zählt, nicht auf. Wenn in Russland das Olympische Feuer entzündet werden wird, wollen sie in Berlin am Potsdamer Platz eine große Regenbogenflamme entzünden. Tag und Nacht soll sie während der zwei Wochen der Winterspiele brennen, Mahnwache sowie Ort der Begegnung und Aufklärung sein. Sie verstehen die „Rainbow flame" als eine Einladung an alle Menschen in und außerhalb Berlins: Gemeinsam wollen sie als eine ständig wechselnde Mahnwache die "Flamme beschützen" und so ein unmissverständliches Zeichen der Solidarität mit der LGTBI-Community auf der ganzen Welt setzen: „Love is not for propaganda!".

Mit diesem Schlagwort ist der Gruppe bereits vorab ein kleiner Coup gelungen. Am vergangenen Freitag veröffentlicht die Initiative den Titel „Love Is Not For Propaganda" - ein Pop-Song gegen Homophobie und für die Freiheit der Liebe. Schon kurz darauf wurde der Song mit ESC-Qualitäten in vielen Szene-Clubs und Bars gespielt und rangiert im iTunes Store bereits auf Platz 196 der Bestseller. Alle Einnahmen sollen LGTBI-Projekten in Russland zur Verfügung gestellt werden. Der Song wird erstmalig live bei der Entfachung der Regenbogenflamme zu hören sein, bei der auch ein Musikvideo gedreht wird.

Das eigentlich Besondere an der Sache: der Titel mit seiner eindeutigen Botschaft kann auch in Russland heruntergeladen und so verbreitet werden. Damit hat es die Initiative geschafft, ganz bewusst die ungerechte Gesetzgebung zu unterlaufen, für die dieses Lied eindeutig zur inkriminierten Homo-Propaganda gehört.

Es bleibt abzuwarten, ob die russischen Machthaber so viel „Homo-Porpaganda" dulden werden, während sie anlässlich der Winterspiele unter besonderer Beobachtung stehen. Wie schnell es mit der Freiheit aus sein kann, hat sich bereits gezeigt: Seit Sonntag ist Russlands beliebteste Dating-App für schwule Männer lahmgelegt. Die App bot angesichts der restriktiven Gesetzgebung in Russland einen der wenigen Schutzräume, in dem schwule Männer sich zumindest virtuell treffen, aber auch konkrete Aktionen absprechen konnten. Die Macher gehen davon aus, dass dies auf eine gezielte Aktion der russischen Regierung zurückgeht.

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