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Genf II Liveblog: Stimmen aus Syrien

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Kurz vor den internationalen Syrien-Gesprächen in Montreux bei Genf hat der Konflikt in dem Land weiter an Schärfe gewonnen. Das Militär des Assad-Regimes verbreitet mit Fassbomben und Luftangriffen Terror unter der Zivilbevölkerung und riegelt ganze Ortschaften ab, um die aufständische Bevölkerung buchstäblich auszuhungern. Doch nach über einem Jahr Vorlauf wird erstmals wieder der Versuch unternommen, politische Gespräche über die Zukunft des Landes zu führen. Wir halten während der Verhandlungen engen Kontakt zu unseren Projektpartnern vor Ort und beschreiben die Lage und Entwicklungen im Land.
Unsere erste Einschätzung zu den Genf II-Verhandlungen haben wir in einem Interview mit dem Deutschlandradio abgegeben. Hier können Sie das Interview nachhören.

Berlin, 28. Januar, 14:00
Razan Zaitouneh nach neusten Informationen am Leben!
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Die syrische Menschenrechtsanwältin Razan Zaitouneh wurde am frühen Morgen des 10. Dezember 2013 in ihrem Büro in Douma festgenommen.[/caption]Der Nachrichtensender Orient News hat von einer Quelle aus der FSA erfahren, dass Razan Zaitouneh und ihre KolleginInnen unversehrt sind und bald freigelassen werden. Doch wer sie gekippnet hat, ist immer noch unklar. Die Quelle möchte momentan niemandem die Schuld zuweisen.

Die 36-jährige Menschenrechtlerin und Anwältin ist seit dem 10. Dezember 2013 verschwunden, ebenso ihr Mann und KollegInnen. Niemand hatte sich bisher zu der Entführung bekannt, die Täter und ihr Aufenthaltsort sind unbekannt. Unterdessen haben andere MenschenrechtlerInnen Hilfs- und Solidaritätsaktionen veranstaltet.

Razan Zaitouneh dokumentierte die Zahl der Gefangenen in Syrien der letzten 13 Jahre und half den Familienangehörigen der Gefangenen. Sie wurde 2011 mit dem Anna Politkovskaya Preis ausgezeichnet, der Frauen für ihren Einsatz für die Menschenrechte in Konfliktgebieten ehrt.

Leipzig, 27. Januar, 15:00
Unterstützung für zivile Projekte in Syrien gesucht
Die Informationen in unserem Liveblog stammen von AktivistInnen der über 40 zivilen Projekte, mit denen Adopt a Revolution im ganzen Land zusammenarbeitet. Dazu gehören Zentren für Zivilgesellschaft, Medienkomitees und Schulprojekte. Können Sie die Projekte der jungen syrischen Zivilgesellschaft unterstützen?
Für Syrien spenden


Eine Stimme aus Genf, 27. Januar, 13:00
Obwohl viele der Rebellen und AktivistInnen in Syrien der Meinung sind, dass es "Verrat gegen die vom Regime Getöteten ist, mit Assads Repräsentanten zu verhandeln", hat sich Noura al-Ameer dennoch dafür entschieden. Sie hofft, dass das Leiden der Bevökerung gemindert werden kann.

Noura al-Ameer ist eine der wenigen weiblichen Repräsentantinnen der Opposition in Genf II und darüber hinaus auch eine der wenigen, die den Krieg und die Willkür des Regimes am eigenen Leib miterlebt haben.

Die 26 Jahre alte Aktivistin war in einem der meist berüchtigten Gefängnisse Syriens nahe Damaskus für sechs Monate inhaftiert. Al-Ameer und ihr Netzwerk von AktivistInnen waren im Mai 2012 verhaftet worden. In den Gefängnisssen wurde sie mit Elektroschocks und Kabeln gefoltert. Dennoch wehrt sie es ab, weiter darüber zu sprechen, denn es sei nichts gegen das, was weibliche Gefangene jetzt gerade erleiden. Sie berichtet, dass, "seit ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, das Regime die Folter in Gefängnissen verstärkt (hat). Sie begannen neue Foltermethoden anzuwenden, insbesondere gegen Frauen." Nach einer Verlegung in ein Gefängnis in Homes, wurde sie Ende 2012 freigelassen.

Um einen Beitrag für den Frieden Syriens zu leisten, hat sie sich entschlossen den Dialog in Montreux mitzugestalten. Anstatt die oppositionelle Nationale Koalition nur zu kritisieren, will sie handeln. "So entschied ich mich (an Genf II) teilzunehmen, weil unsere Revolution überall repräsentiert sein soll. Ich will außerdem, dass das Gesicht der revolutionären Frauen repräsentiert wird." Al-Ameer weiß, dass der politische Prozess langwierig und zäh ist. Sie meint, das sei der Grund, warum die AktivistInnen vor Ort derartig von der Koalition frustriert sind. Die Revolution ist schnelllebig. Sie erwarten, dass sich die Dinge schneller bewegen, das sei verständlich.
Die vorranschreitenden Verhandlungen versuchen Lösungen zu finden für einen politischen Wandel in Syrien, die Beendigung der Kämpfe und für humanitäre Korridore für die belagerten Gebiete.
Bis jetzt hat das Regime nur zugesagt, Frauen und Kinder aus Homes herauszulassen. Einen Austausch bzw. die Freilassung von Gefangenen ist derzeit nicht absehbar. Ein ernstgemeinter humanitärer Korridor würde anders aussehen.

Berlin, 25. Januar, 18:00
Das Blutvergießen in Syrien muss durch Verhandlungen gestoppt werden

Der 27-jährige Nayar al-Hindawi stammt aus Damaskus, lebt aber gegenwärtig in Beirut. Als Aktivist war er auf den Fahndungslisten des syrischen Regimes und konnte nicht mehr nach Syrien zurückkehren. Aktuell arbeitet er als Manager für Öffentlichkeitsarbeit beim Public Committee for Civil Defense in Daraa (PCCD), das die zivile Verwaltung im südlichen Daraa übernommen hat und die lokale Infrastruktur betreibt. Nayar hat das Projekt mit anderen AktivistInnen gegründet. Adopt a Revolution hat das Projekt PCCD mit Spenden unterstützt. Nayar setzt durchaus Hoffnungen auf Genf II, zumindest führt auf lange Sicht kein Weg an Verhandlungen vorbei:

"Ich wünsche mir von Genf II folgendes:

  1. Einen Waffenstillstand, denn seit fast drei Jahren erhoffe ich mir, dass ein Tag in Syrien vergeht, ohne dass SyrerInnen verletzt oder getötet werden.

  2. Die Freilassung aller politischen Gefangenen. Aus persönlicher Sicht betrifft das v.a. Rami Hanawi, Osama Habali, Abdel Aziz Al-Khair und seine KollegInnen vom Nationalen Koordinationskomitee für demokratischen Wandel (NCB) sowie Rami Soulaiman.

  3. Die Aufhebung der Blockade aller belagerten Gebiete in Syrien und die Gewährleistung von humanitärer Hilfe für alle SyrerInnen und Nicht-SyrerInnen.

  4. Die Fortsetzung der Verhandlungen zwischen Opposition und dem Regime - unter Einbindung aller ausländischen Staaten, die Einfluss auf die syrischen Konfliktparteien nehmen. Dies ist unerlässlich, um eine Lösung für Syrien zu finden und vom Land zu retten, was verblieben ist. Hoffentlich gelingt dies, wenn auch erst nach 50 Genf-Verhandlungen. Das wichtigste ist, dass das Blutvergießen in Syrien ein Ende nimmt."



Berlin, 25. Januar, 15:00
Syriens Frauen bei Genf II marginalisiert: Schaden für den Friedensprozess

Zwar sind in beiden syrischen Delegationen - Regime und Opposition - Frauen beteiligt, jedoch fehlen unabhängige Frauengruppen als Teilnehmer bei Genf II. Lange ist der positive Einfluss von Frauen auf Waffenstillstandsverhandlungen und Friedensprozesse bekannt, jedoch ließen die UN und Lakhdar Brahimi keine Frauengruppen bei Genf II zu. Gruppen wie Code Pink haben jedoch Diskussionsveranstaltungen zu Syrien in Montreux initiiert, bei denen anti- und pro-Regime-Aktivistinnen miteinander sprachen. Die Unvermeidlichkeit des Dialogs war für beide Seiten offensichtlich. Ein ausführlicherer Bericht zum Thema ist
hier erschienen.

Damaskus/Umland, 24. Januar 2014, 12:00
Die Bombardierung geht weiter - trotz Genf!
Das Regime kämpft ungemindert weiter, während der Außenminister des Regimes in Montreux vertreten ist und verhandelt.
Das vor allem palästinensische Camp Yarmouk und benachbarte Viertel im Süden von Damaskus sind weiterhin vom Regime belagert und die Checkpoints bleiben geschlossen. Aus Kampfflugzeugen aus wird auch heute wieder das damaszener Umland Zamalke und Al Mliha bombardiert. Daraya, Zabadani und mehrere Gebiete in Ost-Ghouta werden mit Raketen und mit Artillerie beschossen. In Khan Al Sheikh bombardierte das Regime gezielt Felder und Agrarland mit Fassbomben. In Artouz führte das Regime heute morgen eine große Verhaftungskampagne durch.
Das Video zeigt den Luftangriff von heute Morgen auf Zabadani:


Qamishli, 23. Januar 2014, 16:00
Alltag in Qamishli

Zara Seyda, ein 30-jähriger Mann aus Qamishli, einer Stadt in Syriens Nordosten, berichtet zur aktuellen Lage:

"In der Stadt selbst wird zur Zeit nicht gekämpft, aber in den Vororten bekriegen sich die kurdische Miliz PYD und die radikal-islamische ISIS-Gruppe. Elektrizität gibt es nur drei Stunden jeden Tag, Wasser ebenso, da die Pumpen elektrisch betrieben werden. Es gibt Lebensmittel, aber sie sind sehr teuer, die Händler sagen es ist wegen dem Verfall der syrischen Lira zum Dollar. Dagegen gibt es einen grossen Mangel an Medikamenten, auch in Krankenhäusern und Apotheken. In dieser Situation befinden wir uns seit etwa drei Monaten, manchmal war es auch schlimmer.

Die Lage wird brenzliger, und viele Familien versuchen zu fliehen, wegen der anhaltenden Not und dem Geräusch der Kämpfe, das wir ständig hören. Meine Hoffnung für Genf 2 ist, dass sie eine Lösung finden, die Frieden herstellt und die Militarisierung stoppt."

Berlin, 23. Januar 13:30
Verhaftungswelle erschüttert AktivistInnen: Regime-Kalkül vor Genf II

In einem Hintergrund-Beitrag zur letzten Verhaftungswelle in Damaskus wird deutlich, welch zynische und kalkulierte Politik das Regime in Bezug auf die AktivistInnen und säkulare Opposition im Land verfolgt. Während die Al-Qaida-Gruppe ISIS im Norden Syriens vom Regime nicht angetastet wird, verschleppt und foltert das Regime fortwährend jene AktivistInnen und Oppositionelle, mit denen es in Genf eigentlich verhandeln sollte. Absolut lesenswerter Beitrag, auch mit Stimmen aus Syrien unterlegt.

Der größte Teil der Informationen für diesen Liveblog stammt von den AktivistInnen der lokalen Gruppen in Syrien, die Adopt a Revolution unterstützt. Helfen Sie mit, die wichtige Arbeit der jungen syrischen Zivilgesellschaft zu finanzieren!
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