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Bankenstresstest: Viele Banken werden weiter unter Druck geraten

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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die 130 wichtigsten Geldhäuser der Eurozone auf ihre Krisenfestigkeit untersucht. Nicht geprüft wurde, ob die Profitabilität und Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle dieser Banken langfristig ausreichen. Dabei wäre das mindestens so wichtig.

Nicht zuletzt wegen des Niedrigzinsumfeldes ist die Profitabilität vieler Banken stark unter Druck gekommen. Und da die Zinsen und Renditen im Euroraum für die nächste Zeit sehr niedrig bleiben werden, ist eine schnelle Verbesserung der Profitabilität nicht absehbar. Die Geschäftsmodelle vieler Banken werden weiter unter Druck geraten.

Bankenstresstest: Die Ergebnisse

Die Ergebnisse des Stresstests waren insgesamt wenig überraschend: Rund 20 Prozent der Banken im Euroraum haben Schwierigkeiten mit dem Eigenkapital. Fünf der rund 130 geprüften Banken müssen sich zusätzliches Eigenkapital in Höhe von rund vier Milliarden Euro beschaffen. Das sollte für die Finanzmärkte kein Problem sein. Wie schwer es für die einzelne Bank wird, das Kapital zu bekommen, hängt auch vom jeweiligen Geschäftsmodell ab.

Ein Problem ist beispielsweise die Fristentransformation. Die Kreditinstitute leihen sich von ihren Kunden kurzfristig per Tages- oder Festzins Geld, welches sie dann mittel- oder langfristig zu höheren Zinssätzen an Häuslebauer verleihen. Dieses klassische Kerngeschäft der Banken kommt immer mehr unter Druck. Angesichts der immer niedrigeren Zinsen tendieren die Margen gen Null oder sind bereits negativ.

Um hiervon unabhängiger zu werden, müssten sich die Banken realwirtschaftlich wieder stärker engagieren. Aber das ist nicht ohne Risiken ist. Die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte wird in der öffentlichen Diskussion derzeit als positiv angesehen - hieraus entstehende Risiken sind gesamtwirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch eigentlich wünschenswert, da sie die dringend notwendigen Investitionen fördern.

Kreditvergabe trauen sich viele Banken nicht zu

Doch zusätzlichen Risiken aus der Neukreditvergabe können sich viele Banken im Euroraum kaum erlauben. Die Regulierung spricht dagegen. Umso mehr hat es überrascht, dass EZB-Vize Constancio mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstests seine Erwartung geäußert hat, dass eine Zunahme der Kreditvergabe nun mehr nicht an den Banken scheitern, sondern von der Nachfrage der Kreditnehmer abhängen werde.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Banken eine solche Nachfrage vollumfänglich bedienen können. Die EZB hat bereits angekündigt, dass es nun jährlich einen Stresstest geben soll. Dies wird die Bereitschaft von Banken merklich verringern, Kredite an Unternehmen zu vergeben, deren Bonität zweifelhaft ist.

Hiervon dürfte es aber insbesondere im südlichen Euroraum viele geben, da diese Länder aus einer tiefen Rezession kommen. Die ökonomisch gesünderen Banken im nördlichen Euroraum werden sich dieser Risiken aus den gleichen Gründen auch nur sehr zögerlich annehmen. Zwar dient das der Stabilität des Systems gegenüber Krisen, den Banken bleibt aber eine einst lukrative Ertragsquelle durch regulatorische Restriktionen versperrt bzw. die Hürden sind merklich höher geworden.

Überregulierung bindet den Banken die Hände

Gleichzeitig werden die regulatorischen Kosten für die Banken im Euroraum weiter steigen. So muss demnächst eine europäische Bankenabgabe gezahlt und die Einlagensicherungsfonds aufgefüllt werden. Außerdem droht eine Verteuerung der Refinanzierung durch Bail-in-Mechanismen, die im Rahmen der europäischen Restrukturierungs- und Abwicklungsregeln eingeführt werden.

Nach unseren Berechnungen fallen allein in Deutschland durch die Bankenunion jährliche Kosten von etwa 10 Milliarden Euro an. Hinzu kommen weitere regulatorisch bedingte Kosten im Zusammenhang mit Basel III sowie der geplanten Finanztransaktionssteuer.

Dem steht ein durchschnittlicher Jahresüberschuss aller deutschen Banken von nur 9,5 Milliarden Euro in den letzten 15 Jahren gegenüber. Selbst, wenn man davon ausgeht, dass trotz der angespannten Wettbewerbssituation ein Teil der Kosten auf die Kunden abgewälzt werden kann, geraten die Bankengewinne dennoch enorm unter Druck.

Und das in einer Zeit, in der Banken Rücklagen bilden und externe Kapitalgeber finden sollen, um steigende Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Der regulatorische und ökonomische Druck auf den Bankensektor im Euroraum wird also weiter steigen, sowohl von der Ertrags- als auch von der Kostenseite.

Die Banken müssen reagieren

Die Banken müssen hierauf reagieren. Unabhängig von einzelnen länderspezifischen Entwicklungen dürfte es dabei generell zwei Entwicklungslinien geben - auf Trends wie Demographie und Technologie möchte ich hier nicht gesondert eingehen, da diese generell die Entwicklungen beschleunigen dürften.

Wirtschaftlich gesunde Banken nutzen die sich bietenden Möglichkeiten und werden wachsen. Dies wird sich jedoch nur langsam entwickeln, da man das regulatorische Umfeld immer im Auge behalten muss.

Zudem dürfte es Banken, die zu den sogenannten nationalen SIFIs gehören, leichter fallen zu wachsen als solchen, die noch nicht zu dieser Gruppe gehören. Denn eine Bank, die noch kein nationale systemrelevante Bank (SIFI) ist, muss beim Überschreiten der entsprechenden Hürden - diesen hängen grundsätzlich von der Höhe der Bilanzsumme ab - zusätzliches Eigenkapital vorhalten.

Entsprechend dürfte es hier zwischen diesen Gruppen eine klare Differenzierung geben, denn für eine Bank macht es nur wenig Sinn, wenn sie nur knapp über den entsprechenden Kennzahlen liegt.

In diesem Fall wären die relativen Kosten für das zusätzlich benötigte Eigenkapital viel höher als bei Banken, die eine deutlich höhere Bilanzsumme aufweisen. Gleiches gilt natürlich auch bei dem Sprung in die Gruppe der globalen SIFIs.

Große Banken wachsen weiter, kleine Banken stagnieren


Es wird also alleine aus diesem Grund eine eindeutige Segmentierung im Bankensektor geben, die sich hauptsächlich nach der Höhe der Bilanzsumme richten dürfte. Dabei dürfte gelten: Große Banken wachsen weiter, kleinere Banken werden es sich gut überlegen, über die entsprechende Kennzahlen hinaus zu wachsen, da man dann einen großen Sprung machen muss.

Innerhalb dieser Entwicklung wird die Ressource Kapital für Banken sehr wertvoll. Entsprechend wird diese auch sehr umsichtig bewirtschaftet werden und die Ertragsproduktivität des Kapitals dürfte sich zu einer sehr wichtigen Kenngröße entwickeln, wonach auch geschäftliche Entscheidungen und Engagements der Banken entschieden werden.

Fusionen als Lösungsweg?

Der andere Entwicklungspfad dürfte die Konsolidierung des Bankenmarktes sein. Dies kann theoretisch durch Marktaustritte oder durch Fusionen erfolgen. In der Vergangenheit hat sich bereits gezeigt, dass Marktaustritte in Europa nur sehr selten und eigentlich nur im Notfall erfolgen.

Folglich sollte man in den kommenden Jahren mit einer Zunahme von Zusammenschlüssen von Banken im Euroraum rechnen. Diese Entwicklung ist sicherlich vor dem Hintergrund der Markteffizienz zu begrüßen. Denn die dann entstehenden Banken sollen von der Marktdurchdringung und Kosteneffizienz besser aufgestellt sein.

Dabei dürften sich nicht nur schwache Banken zusammenschließen, auch Banken mit einen ähnlichen Geschäftsmodell könnten sich finden. Zwar wäre es im Sinne eines einheitlichen Bankenmarktes zu begrüßen, wenn sich auch grenzüberschreitende Zusammenschlüsse ergeben würden. Realistisch betrachtet dürfte dies aber eher die Ausnahme sein.

Positive Folgen für den Euroraum

Für den Euroraum selbst wäre diese Entwicklung sehr positiv. Ein fragmentierter und ertragsschwacher Bankensektor ist der wirtschaftlichen Entwicklung eines Wirtschaftsraumes in der Regel nicht sehr zuträglich, zumal der Konkurrenzdruck aus dem Ausland weiter steigt, was vor allem an den unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen liegt.

Somit kann der nun absolvierte Stresstest nur der Startpunkt für eine umfassende Marktkonsolidierung sein. Die Geschäftsmodelle würden geschärft, die Banken widerstandsfähiger werden.

Zudem wären die Probleme der EZB, dass die geldpolitischen Impulse nicht mehr bis zur Realwirtschaft gelangen, gelöst. Man kann also nur hoffen, dass die EZB als Aufsichtsorgan die Freiheit hat, einen solchen Prozess konstruktiv zu begleiten.





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