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Warum gibt es FC Bayern München Fans?

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Es gibt einige Dinge, die ich nicht verstehe. Warum man einen SUV fährt, wenn man in der Stadt wohnt, zum Beispiel. Oder warum man nebeneinander im Café sitzt und jeweils nur auf sein Smartphone starrt. Was an Schläppchen von Prada für € 500 so toll ist, verstehe ich auch nicht. Aber ganz besonders kann ich nicht verstehen, warum man FC Bayern München Fan sein kann.

Nun mag es noch nachvollziehbar sein, wenn ich in München und Umgebung wohne. Ich habe mir zwar sagen lassen, dass dort hauptsächlich Zugezogene leben und keine ursprünglichen Bayern, aber ich will mal nicht so sein. Ist ja auch eine Art von Intergration, sich dem Fußballverein am Wohnort zuzuwenden. Es gäbe zwar noch 1860, aber wollen wir es mal nicht so genau nehmen.

Doch je weiter die Menschen von München entfernt ihren Lebensmittelpunkt haben, desto weniger wird eine Zuneigung zum Rekordmeister für mich nachvollziehbar. Spätestens an der Rhein-Main-Linie hört es ganz auf.

Fan sein braucht Schmerzen

10 Millionen Fans soll Bayern München in Deutschland haben, las ich letztens in einer Tageszeitung. Wirft dies nicht ein beängstigendes Licht auf unsere Gesellschaft? Fan sein ist doch mehr, als nur mit Siegen anzugeben. Fan sein heißt, dass ich mitleide, dass ich den Kampf zum Erfolg meines Herzensvereins mit verfolge und dass ich mich schlecht fühle, wenn der Weg dorthin noch lange und steinig zu sein scheint.

Als Autorin weiß ich, dass Helden, denen alles gelingt, die nur Erfolg haben, stinklangweilig sind. Selbst Comic-Helden werden heute mit innerer Zerrissenheit dargestellt, damit sie für Leser und Zuschauer noch von Interesse sind. Bei Bayern München hält sich das Leiden schwer in Grenzen. Es stellt sich höchstens die Frage, ob sie schon wieder Deutscher Meister werden und mit wie viel Punkten Vorsprung dies wohl geschehen mag. Wie langweilig.

Erfolg, wem Erfolg gebührt

Sie haben es gut gemacht, die Bayern. Haben frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und klug gehandelt. Das sie heute die Liga beherrschen, ist nachvollziehbar und sicherlich auch bewundernswert. Wenn man dies mit den abenteuerlichen Versuchen einer Borussia Dortmund mit ihrem Börsengang vergleicht, muss man Bayerns Erfolg sicherlich anerkennen. Aber ich erkenne auch Heinos Lebensleistung an. Ein Fan bin ich deswegen noch lange nicht.

Nur Erfolg reicht doch nicht

Wenn mir also jemand im Café in Düsseldorf gegenübersitzt, der Rheinländer von Geburt an ist und mir sagt, er sei Bayern München Fan, dann wirft dies für mich einige Fragen zu dessen Persönlichkeit auf. Was sagt es über einen Menschen aus, dass er nur auf makellosen Erfolg aus ist? Dabei wären doch im näheren Umfeld genügend Alternativen vorhanden, die alle Aspekte des menschlichen Leidens in sich vereinen.

Er könnte Schalke-Fan sein, was Leiden in der Urform ist. Selbst ein Bekenntnis, Fan vom 1. FC Köln zu sein, würde mir eine gewisse Hochachtung entlocken. Ich könnte sogar Mitleid empfinden, wenn er mir beichten würde, Fan von Bayer Leverkusen zu sein, wenn die überhaupt Fans hätten. All dies wäre nachvollziehbar.

Nein, ich werde es nie verstehen

Es wird mir aber immer fremd sein, dass jemand Fan des deutschen Rekordmeisters ist. Auch wenn es die schon zitierten 10 Millionen sein mögen. Vielleicht sagen diese Menschen es auch nur in die Mikros der Befragungen, weil sie sich nicht trauen, zu gestehen, dass sie eigentlich im Herzen für ihren Heimatverein TuS Hintertupfingen fiebern.

Vielleicht wollen sie nur ihr verletzliche Seele schützen und nutzen dafür den kantenlosen FC Bayern München. Vielleicht ist es genauso, wie mit den SUVs in der Stadt: die reine Angst, verletzlich zu sein.

P.S.: Falls sich jemand fragt, für welchen Verein mein Herz schlägt, dann kann ich sagen, es schlägt einzig und allein für Borussia Mönchengladbach und das schon immer.

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