Ein von Bodo Ramelow unterstütztes Papier von SPD, Grünen und Linken in Thüringen, das die DDR als Unrechtsstaat beschreibt, führt zu Debatten in der Partei die Linke. Gregor Gysi lehnt den Begriff ab. Woher kommt der Begriff?
Der Begriff DDR-Unrechtsstaat wurde das erste Mal vom Bundespräsident Lübcke 1963 benutzt. Damals wollte man die Menschen in der Bundesrepublik für das Schicksal der Menschen in der DDR aufrütteln und interessieren. Lübcke verglich die DDR, die damals noch von Politikern als Sowjet-Zone bezeichnet wurde, mit dem Nazi-Regime.
Das macht vielen Leuten, die den Begriff ablehnen, Bauchschmerzen. In der DDR-Forschung ist es Konsens, die DDR als Diktatur zu bezeichnen. Mit der Gründung wurde das Mehrparteiensystem praktisch abgeschafft und in eine Nationale Front verwandelt mit festen Quoten für Parteien und Massenorganisationen. Die Justiz entwickelte sich zu einem Instrument der SED.
Das änderte sich nicht bis 1989. Im Rahmen der Entspannungspolitk lehnten immer mehr Politiker und Wissenschaftler den Begriff Unrechtsstaat ab, da er oft von Vertretern der Totalitarismustheorie gebraucht wurde. Kritiker weisen auf die oppsitionellen Strukturen in der DDR hin: Wäre es in der DDR zu einer totalen Herrschaft gekommen, wäre das bunte Treiben in vielen DDR Kirchen kaum erklärbar.
Viele SPD-Ministerpräsidenten haben diesen Begriff auch nie benutzt. Herr Stolpe lobte die Kooperation von Staat und Kirche. Er sprach bei Herrn Gauß im Fernsehen des ORB in den 90er Jahren sogar von erfolgreichen Interventionen im Bereich der Justiz mit manchmal rechtsstaatsähnlichen Resultaten. Das wurde von den Befürwortern als Verharmlosung angesehen.
Auch Ministerpräsident Sellring von Mecklenburg-Vorpommern verwahrte sich gegen den Begriff.
"Ich verwahre mich dagegen, die DDR als totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gute gab." Auch für Gesine Schwan impliziert der Begriff "Unrechtsstaat", "dass alles unrecht war, was in diesem Staat geschehen ist."
Deshalb erstaunt es nicht, daß Gregor Gysi auch aus der geschichtlichen Perspektive den Begriff ablehnt. Er weist auf die 20 Millionen Toten der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg hin, die der Gründung der DDR gegen den Willen der Bevölkerung akzeptabel machen. Zumal viele Menschen eine anti-kapitalistische Haltung hatten.
Hier steht er aber im Gegensatz zu einem wichtigen Vertreter der DDR-Forschung. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund DDR-Staat schrieb am 15.2.14 in der Thüringer Allgemeinen:
"Dann könnte man auch sagen, dass die Hitler-Diktatur durch die Geschehnisse und Folgen des Ersten Weltkrieges legitimiert war. Legitimation bedeutet für mich eine Zustimmung der Bevölkerung - auf welche Weise auch immer. Es ist richtig, das nach 1945 viele den Kapitalismus abgelehnt haben. Man kann aber aus der Verneinung des Vorhergegangenen nicht die Legitimation einer neuen Diktatur ableiten."
Neben der Frage der Legitimität der Herrschaft in der DDR gibt es noch einen zweiten Punkt in der Debatte: Viele Forscher analysieren die DDR immer nur in den Kategorien von Justiz-Unrecht. Doch müsste in der Sozialgeschichte nicht auch soziales Unrecht in die Betrachtung einbezogen werden?
Deshalb gibt es den Vorwurf, der Forschungsverbund vernachlässige die Sozial- und Alltagsgeschichte der DDR. Für viele Menschen waren die Aktivitäten der Opposition andere Welten, mit denen sie nicht in Berührung kamen. Die Perspektive dieser Menschen ist sehr wichtig.
Herr Schröder erwidert den Vorwurf der Herrschaftgeschichte:
"Auch wenn mir das immer mal wieder vorgeworfen wird, stimmt es nicht. Ich schreibe die Geschichte nicht ausschließlich als Herrschaftsgeschichte, sondern ich sage, die Herrschaftsgeschichte hat die Sozialgeschichte dominiert."
Trotzdem darf der soziale Aspekt von Recht und Unrecht nicht ausgeklammert werden.
Schröder ist im Bereich der Forschung ein wichtiger Verfechter des Begriffs 'Unrechtsstaat'. Er benutzt es auch als Abrechnung mit der alten DDR-Forschung in Zeiten der Entspannungspolitik.
"Man übersah den Diktaturcharakter und überschätzte die wirtschaftliche Stabilität der DDR völlig."
So sah DDR-Forschung im Westen nicht aus. Eine klare Darstellung der repressiven Seiten der DDR ist wichtig. Das heißt aber nicht, dass man einen alten Begriff aus den 60er Jahren haben muss. Dieser Begriff sollte aus der Parteipolitik herausgehalten werden.
Es gibt viele Gründe, einen Ministerpräsidenten abzulehnen. Doch es sollte nicht an diesem Begriff festgemacht werden.
Der Begriff DDR-Unrechtsstaat wurde das erste Mal vom Bundespräsident Lübcke 1963 benutzt. Damals wollte man die Menschen in der Bundesrepublik für das Schicksal der Menschen in der DDR aufrütteln und interessieren. Lübcke verglich die DDR, die damals noch von Politikern als Sowjet-Zone bezeichnet wurde, mit dem Nazi-Regime.
Das macht vielen Leuten, die den Begriff ablehnen, Bauchschmerzen. In der DDR-Forschung ist es Konsens, die DDR als Diktatur zu bezeichnen. Mit der Gründung wurde das Mehrparteiensystem praktisch abgeschafft und in eine Nationale Front verwandelt mit festen Quoten für Parteien und Massenorganisationen. Die Justiz entwickelte sich zu einem Instrument der SED.
Das änderte sich nicht bis 1989. Im Rahmen der Entspannungspolitk lehnten immer mehr Politiker und Wissenschaftler den Begriff Unrechtsstaat ab, da er oft von Vertretern der Totalitarismustheorie gebraucht wurde. Kritiker weisen auf die oppsitionellen Strukturen in der DDR hin: Wäre es in der DDR zu einer totalen Herrschaft gekommen, wäre das bunte Treiben in vielen DDR Kirchen kaum erklärbar.
Viele SPD-Ministerpräsidenten haben diesen Begriff auch nie benutzt. Herr Stolpe lobte die Kooperation von Staat und Kirche. Er sprach bei Herrn Gauß im Fernsehen des ORB in den 90er Jahren sogar von erfolgreichen Interventionen im Bereich der Justiz mit manchmal rechtsstaatsähnlichen Resultaten. Das wurde von den Befürwortern als Verharmlosung angesehen.
Auch Ministerpräsident Sellring von Mecklenburg-Vorpommern verwahrte sich gegen den Begriff.
"Ich verwahre mich dagegen, die DDR als totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gute gab." Auch für Gesine Schwan impliziert der Begriff "Unrechtsstaat", "dass alles unrecht war, was in diesem Staat geschehen ist."
Deshalb erstaunt es nicht, daß Gregor Gysi auch aus der geschichtlichen Perspektive den Begriff ablehnt. Er weist auf die 20 Millionen Toten der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg hin, die der Gründung der DDR gegen den Willen der Bevölkerung akzeptabel machen. Zumal viele Menschen eine anti-kapitalistische Haltung hatten.
Hier steht er aber im Gegensatz zu einem wichtigen Vertreter der DDR-Forschung. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund DDR-Staat schrieb am 15.2.14 in der Thüringer Allgemeinen:
"Dann könnte man auch sagen, dass die Hitler-Diktatur durch die Geschehnisse und Folgen des Ersten Weltkrieges legitimiert war. Legitimation bedeutet für mich eine Zustimmung der Bevölkerung - auf welche Weise auch immer. Es ist richtig, das nach 1945 viele den Kapitalismus abgelehnt haben. Man kann aber aus der Verneinung des Vorhergegangenen nicht die Legitimation einer neuen Diktatur ableiten."
Neben der Frage der Legitimität der Herrschaft in der DDR gibt es noch einen zweiten Punkt in der Debatte: Viele Forscher analysieren die DDR immer nur in den Kategorien von Justiz-Unrecht. Doch müsste in der Sozialgeschichte nicht auch soziales Unrecht in die Betrachtung einbezogen werden?
Deshalb gibt es den Vorwurf, der Forschungsverbund vernachlässige die Sozial- und Alltagsgeschichte der DDR. Für viele Menschen waren die Aktivitäten der Opposition andere Welten, mit denen sie nicht in Berührung kamen. Die Perspektive dieser Menschen ist sehr wichtig.
Herr Schröder erwidert den Vorwurf der Herrschaftgeschichte:
"Auch wenn mir das immer mal wieder vorgeworfen wird, stimmt es nicht. Ich schreibe die Geschichte nicht ausschließlich als Herrschaftsgeschichte, sondern ich sage, die Herrschaftsgeschichte hat die Sozialgeschichte dominiert."
Trotzdem darf der soziale Aspekt von Recht und Unrecht nicht ausgeklammert werden.
Schröder ist im Bereich der Forschung ein wichtiger Verfechter des Begriffs 'Unrechtsstaat'. Er benutzt es auch als Abrechnung mit der alten DDR-Forschung in Zeiten der Entspannungspolitik.
"Man übersah den Diktaturcharakter und überschätzte die wirtschaftliche Stabilität der DDR völlig."
So sah DDR-Forschung im Westen nicht aus. Eine klare Darstellung der repressiven Seiten der DDR ist wichtig. Das heißt aber nicht, dass man einen alten Begriff aus den 60er Jahren haben muss. Dieser Begriff sollte aus der Parteipolitik herausgehalten werden.
Es gibt viele Gründe, einen Ministerpräsidenten abzulehnen. Doch es sollte nicht an diesem Begriff festgemacht werden.