Quantcast
Channel: Germany
Viewing all articles
Browse latest Browse all 18967

Darum hilft die Türkei nicht in Kobane

$
0
0
Kobane hat inzwischen einen hohen symbolischen Wert erhalten. Die Kleinstadt auf der syrischen Seide der syrisch-türkischen Grenze wird seit drei Wochen durch die Truppen des terroristischen "Islamischen Staates" belagert.

Inzwischen sollen rund 40% der Stadt unter der Kontrolle der IS-Kämpfer sein. Während in der Stadt Kurden mit arabischen Verbündeten verzweifelt um jeden Häuserblock kämpfen, stehen dutzende türkische Kampfpanzer in Sichtweite auf der anderen Seite der Grenze. Dort stehen sie seit Tagen, ohne den Kämpfern in Kobane gegen die IS-Terroristen zu helfen. Doch warum hilft die Türkei nicht?

Die Türkei und der radikale Islam
Die Türkei hat seit der Regierungszeit von Erdogan ein zunehmend entspanntes, ja freundschaftliches Verhältnis zum radikalen Islam an den Tag gelegt. So hat das Land nicht nur die Führerschaft der terroristischen Muslimbrüder aufgenommen als Katar sie zur Ausreise aufforderte. Auch die Terrororganisation der Hamas wird als Verhandlungspartner von der Türkei akzeptiert, es bestehe gar ein "romantisches Verhältnis" zwischen dem NATO-Mitgliedsland und der Terrororganisation.


Anders als es allerorten zu lesen ist, gibt es jedoch keine belastbaren Belege für eine direkte Zusammenarbeit der Erdogan-Regierung mit dem terroristischen "Islamischen Staat". Doch während die Türkei die Terroristen des IS nicht nachweisbar direkt mit Waffen oder Informationen versorgt hat, hat sich das Land doch jahrelang mit aller Macht die Augen zugehalten, als es um die Verhinderung einer Stärkung der Anhänger des radikalen Islams im südlichen Nachbarland ging.

Die Kämpfer des IS konnten, genau wie die der al-Nusra Front, die Grenze die meiste Zeit lang ungehindert überqueren. Schon vor Monaten warfen in einer VICE News Reportage kurdische Kämpfer im Norden Syriens den türkischen Truppen vor, islamistische Kämpfer gar mit Panzerfahrzeugen zur Grenze zu eskortieren.

Neo-Osmanische Großmachtsphantasien
Während die Türkei mit ihrer starken Armee keine militärische Bedrohung in dem "Islamischen Staat" sehen muss, liegt das ausbleibende Eingreifen in Kobane somit weder in der eigenen Angst vor den Terroristen, noch in einer direkten Kooperation. Vielmehr ist das türkische Verhalten den neo-osmanischen Großmachtsphantasien von Erdogan und seinen Anhängern geschuldet.

Anders als es von dem Staatsgründer vorgelebt wurde, sieht Erdogan die Türkei nicht als türkischen Staat, sondern als sunnitisch-islamischen. Darauf aufbauend erhebt das Land einen Führungsanspruch, den es mit seiner erstarkenden Wirtschaft und seinen Streitkräften ausbauen will. Eine Expansion des türkischen Einflusses in Richtung Europa scheint militärisch unmöglich und bestenfalls durch die Auslandstürken möglich.

Eine Expansion in Richtung Kaukasus fällt durch Russland allerdings ebenfalls aus. Da bleibt nur noch eine Ausweitung des Einflusses von Ankara aus in Richtung Süden und Südosten, in die mehrheitlich sunnitisch-arabischen Gebiete der Levante und des Zweistromlands.


Der Wunsch auf seiner sunnitisch-islamischen Identität den eigenen Einfluss auszuweiten ist damit auch der Grund, wieso die Türkei so verhalten ist, wenn es gegen Kämpfer mit radikaler sunnitisch-islamischer Ideologie gehen soll. Aktuell sieht es entlang seiner östlichen und südlichen Grenze nämlich Staaten, in denen der schiitische Islam unter der Führung des Irans in den staatlichen Strukturen tonangebend ist. Um seine Machtposition auszubauen und zu einer sunnitischen Führungsmacht zu werden, müsste die Türkei daher den iranischen Einfluss in der Region brechen.

Darin begründet liegt es, warum die Türkei zwar ein militärisches Eingreifen gegen den "Islamischen Staat" durchaus in Erwägung zieht, jedes solche Engagement jedoch mit der Forderung nach einer Beseitigung des Assad-Regimes verbindet.

Ein gefährliches Spiel
Solange die türkischen Forderungen nach einem gemeinsamen Kampf gegen das Assad-Regime also nicht vom Westen unterstützt werden, ist ein einseitiges Vorgehen des Landes gegen den IS unwahrscheinlich, nutzt dessen vorgehen doch kurzfristig den türkischen Interessen. Die Truppen des "Islamischen Staates" sind erbitterte Feinde des syrischen Diktators und versuchen zunehmend, die von den Kurden in Syrien erkämpfte Autonomie zu beenden. Damit schwächt der "Islamische Staat" den iranischen Statthalter in Damaskus, während das Gespenst eines gemeinsamen Kurdenstaates von Kurden in mehreren Ländern zunehmend zerschlagen wird.

Diese Strategie ist dabei jedoch naturgemäß ein Spiel mit dem Feuer. Während der IS in Syrien zumindest ein Stück Weit türkische Interessen vorantreibt, verliert die aktuelle Regierung der Türkei doch gleichermaßen an Legitimität innerhalb ihres Landes und an diplomatischen Krediten. Währenddessen ist das syrische Regime, das immerhin für einen Bürgerkrieg mit mehr als 200.000 Toten verantwortlich ist, gleichzeitig international auf dem Weg zur Rehabilitierung und kann sich zudem intern als Gegengewicht zu den Schlächtern des IS profilieren.

Am Ende könnte die Regierung Erdogan geschwächt aus der Situation hervorgehen, während die PKK ihren Waffenstillstand mit der türkischen Regierung aufkündigt und der Iran sich zusammen mit dem Schlächter Assad als Kämpfer gegen den internationalen Terrorismus produzieren konnten.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 18967

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>