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Sorgen Sie dafür, dass Mitgefühl und Großzügigkeit ein Teil Ihres Alltags werden

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Wohlbefinden, Weisheit, Staunen - sie alle sind entscheidend für die Neudefinition von Erfolg und die persönliche Entfaltung, aber ohne das vierte Element der Dritten Größe sind sie unvollständig: die Großzügigkeit.

Schenken, Liebe, Fürsorge, Empathie und Mitgefühl, über sich selbst hinauszugehen und die eigene Bequemlichkeit zurückzustellen, um anderen zu dienen - das ist die einzig sinnvolle Reaktion auf die vielfachen Probleme in der Welt. Wenn Wohlbefinden, Weisheit und Staunen unsere Antwort auf einen persönlichen Weckruf sind, dann sind Großzügigkeit und Dienen die Antwort auf den Weckruf an die Menschheit.

Wir befinden uns mitten in einer multiplen Krise - einer Wirtschaftskrise, Umweltkrise und sozialen Krise. Wir können nicht warten, bis ein Retter auf weißem Ross daher geritten kommt, um uns zu helfen. Wir müssen diesen Retter im Spiegel vor uns finden und selbst die nötigen Schritte unternehmen, um Veränderungen herbeizuführen; sowohl bei uns in der Gemeinde wie am anderen Ende der Welt.

Dienen ist deshalb so wirkungsvoll, weil es zweifachen Nutzen hat. Als meine jüngste Tochter Isabella fünf Jahre alt war, wohnten wir in Washington, D.C. Einmal arbeiteten wir als Freiwillige bei Children of Mine, einem Zentrum für notleidende Kinder in Anacostia, einem Stadtviertel mit sozialen Problemen. Am Tag zuvor hatten wir Isabellas fünften Geburtstag mit einer Meerjungfrauentorte, Geschenken, Luftballons und einer Geburtstagsparty gefeiert.

Zufällig feierte an diesem Tag auch im Kinderzentrum ein kleines Mädchen seinen fünften Geburtstag. Ihre gesamte Feier bestand aus einem Schokoladenkeks mit einer Kerze darauf - der Keks war gleichzeitig ihre Geburtstagstorte und ihr einziges Geschenk. Meine Tochter sah vom anderen Ende des Zimmers aus zu und hatte Tränen in den Augen. Etwas machte "klick" in ihr, etwas, das ich ihr nicht hätte beibringen können.

Als wir nach Hause kamen, lief Isabella in ihr Zimmer, raffte alle ihre Geburtstagsgeschenke zusammen und wollte, dass ich sie dem kleinen Mädchen gebe. Natürlich war sie nicht plötzlich zu Mutter Teresa geworden - sie hat auch danach oft selbstsüchtig gehandelt. Doch trotzdem war dies ein entscheidender Moment in ihrem Leben, dessen Auswirkung stets gegenwärtig bleiben wird.

Aus diesem Grund trete ich so leidenschaftlich dafür ein, dass Familien regelmäßig freiwillige Sozialarbeit leisten sollten. Ich träume von dem Tag, an dem Familien sich ihre Wochenendplanung ansehen und sagen: "Was haben wir dieses Wochenende vor - Shopping, Kino, Ehrenamt?"

Ich träume von dem Tag, an dem freiwillige Sozialarbeit etwas ganz Selbstverständliches sein wird - nichts Besonderes, wodurch wir uns besonders edel vorkommen. Einfach etwas, das man halt macht. Etwas, das uns miteinander verbindet. Nur auf diese Weise können wir als Einzelne letztlich wirklich ein wenig verändern im Leben von Millionen obdachloser, hungriger oder in sozialen Brennpunkten lebender Kinder, für die Gewalt zum Alltag gehört.

Das kleine Mädchen in Anacostia ist eines von über 16 Millionen Kindern in den USA, die in Armut leben, unter Bedingungen, die ihrer Gesundheit, ihren schulischen Leistungen und ihren Zukunftschancen schaden.

Und das Problem wird immer größer. Der Anteil der Kinder, die in Familien mit geringem Einkommen aufwachsen, stieg in den USA zwischen 2000 und 2011 von 37567 auf 45 Prozent.

Solange, bis Mitgefühl und Großzügigkeit ein Teil unseres Alltags werden, schieben wir diese Zahlen mit melancholischen Erklärungen beiseite, die nichts besagen: „Das System bricht zusammen" oder „Die Regierung ist zu zerstritten, um wirkliche Reformen zu verabschieden." Ja, es gibt für die Regierungen noch viel zu tun, aber wir können unser Mitgefühl nicht an die Regierung delegieren und dann dabeistehen und bedauern, dass sie nicht genug tut.

Aus den Tiefen unseres Mitgefühls heraus können wir erkennen, was alles möglich ist, wenn wir unseren Ideen freien Lauf lassen. Das ist die einzige Möglichkeit, etwas gegen die unmäßige Gier und den Narzissmus zu tun, die uns umgeben. Weil die Förderung des Mitgefühls entscheidend für das Gedeihen einer Gesellschaft ist, ist es eine gute Nachricht, dass neue wissenschaftliche Studien die Behauptungen kontemplativer Traditionen bestätigen, dass man Mitgefühl durch Meditation steigern kann.

Eine Studie der University of Wisconsin von 2012 kam zu dem Schluss, Mitgefühl und Altruismus seien .trainierbare Fähigkeiten und nicht von vornherein gegeben. Forschern der Harvard University, der Northeastern University und des Massachusetts General Hospital fanden heraus, dass Meditation mitfühlende Reaktionen verstärkt., was alten buddhistischen Lehren wissenschaftliche Glaubwürdigkeit. verleihe, wonach Meditation spontanes mitfühlendes Verhalten fördert.

Wenn man diese Ergebnisse so ernst nimmt, wie man es tun sollte, werden die Auswirkungen auf die Erziehung unserer Kinder, unsere Lebensweise und die kollektive Problemlösung nichts weniger als Revolution sein.

Belege für die Kraft des Mitgefühls finden wir überall. Nach der Finanzkrise von 2008 erlebten wir, wie viele Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren hatten, eine Wandlung vollzogen und ihre Fähigkeiten und Talente anderen Notleidenden anboten. In Philadelphia zum Beispiel eröffnete Cheryl Jacobs, eine Anwältin, die von einer großen Kanzlei entlassen worden war, eine eigene Kanzlei, um Hauskäufern zu helfen, die ihre Hypothekenraten nicht mehr zahlen konnten.

Beim Dienen und großzügig sein geht es also nicht nur um Obdachlosenunterkünfte und Tafeln - so wichtig diese auch sind -, sondern auch darum, anderen unsere besonderen Fähigkeiten, Talente und Leidenschaften zur Verfügung zu stellen. Der Dienst am Nächsten kann Arbeitslosen dabei helfen, ihr Selbstvertrauen und das Gefühl, gebraucht zu werden, zurückzugewinnen.

Als eine Freundin aus Los Angeles zu Beginn der Wirtschaftskrise ihren Arbeitsplatz verlor und einen neuen suchte, schlug ich ihr vor, sie könne in dieser Zeit freiwillige Sozialarbeit leisten und sich bei A Place Called Home anmelden, einer Organisation, die unterprivilegierten Jugendlichen aus South Central Los Angeles Bildungs- und Kunstprogramme bietet.

Sie glaubte, ich hätte keine Ahnung, wie schlecht es ihr gerade ging. Ich bat sie, mir zu vertrauen und einfach während der Jobsuche jede Woche ein paar Stunden zu investieren und abzuwarten. Sie ging darauf ein und fühlte sich sofort viel besser, weil sie aus dem Nebel wieder auftauchte, in den sie eingetaucht war, als sie zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben ohne Arbeit da stand.

Außerdem lernte sie eine völlig neue Welt kennen. Diese Erfahrung teilte sie mit anderen Interessierten während eines Selbsterfahrungsseminars bei A Place Called Home. Sie saß gemeinsam mit anderen in einem Kreis und verzieh ihrer Tochter, dass sie ihren Geburtstag vergessen hatte, während die Frau neben ihr ihrer Mutter verzieh, dass sie ihren Vater erschossen hatte.

Ihr fiel auf, wie unser von unseren Mitmenschen getrenntes Leben unsere Gefangenheit in uns selbst fördert, obwohl unsere Leben eigentlich viele Parallelen haben. Sie sah mit eigenen Augen, dass man, wenn man in finanzielle Not gerät, nicht nur Geld, Lebensmittel, Kleidung und andere materielle Hilfe braucht, sondern auch das Gefühl, nicht allein zu sein.

Die Verbundenheit von Brüdern zu fühlen, schreibt Pablo Neruda, ist eine wunderbare Sache. Die Liebe von Menschen zu spüren, die wir lieben, ist ein Feuer, das unser Leben nährt. Aber Zuneigung von Menschen zu erleben, die wir nicht kennen, von völlig Unbekannten, die dennoch über unseren Schlaf und unsere Einsamkeit wachen, über unsere Gefahren und Schwächen - das ist etwas noch Großartigeres und Schöneres, weil es die Grenzen unseres Seins erweitert und alle lebenden Wesen miteinander vereint.

Das ist es nämlich, was wir eigentlich tun, wenn wir anderen helfen und freiwillige Sozialarbeit leisten - die Grenzen unseres Seins erweitern.




Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Die Neuerfindung des Erfolgs", das am 22. September 2014 erscheint.
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Riemann Verlag
ISBN: 978-3-570-50173-3

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