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Dr. Seth Berkley, Geschäftsführer der GAVI Alliance
Der Ausbruch von Ebola in Westafrika bestimmt die Schlagzeilen auf der ganzen Welt. Warum dominiert speziell Ebola die Berichterstattung und nicht eine andere tödliche Krankheit? Diese Frage stellt Dr. Seth Berkley, Geschäftsführer der Impfallianz GAVI.
Seine Antwort: Weil Menschen in den westlichen Ländern vergessen haben, was es bedeutet, mit unheilbaren Krankheiten konfrontiert zu sein.
Die ersten Symptome ähneln denen einer Grippe: Leichtes Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen.
Binnen weniger Tage wird es dann sehr viel ernster: Erbrechen und Durchfall gefolgt von Zahnfleisch- und Nasenbluten sowie Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt.
Todesursache ist entweder Organversagen oder extrem niedriger Blutdruck, der auf den enormen Flüssigkeitsverlust zurückzuführen ist.
Derlei angsteinflößende Schilderungen kursieren momentan in den Medien. Allerdings ist der hier beschriebene Krankheitsverlauf nicht der eines Ebola-Patienten, sondern eines Patienten mit Dengue-Schock-Syndrom (DDS), einer extremen Form des Denguefiebers. Denguefieber, eine durch Mücken übertragene Krankheit, schafft es jedoch selten in die Medien.
Ohne Frage ist Ebola eine furchtbare Krankheit, aber es gibt zahlreiche andere, die weit mehr Opfer fordern. Warum also macht Ebola Schlagzeilen und andere Krankheiten nicht?
Kein Alleinstellungsmerkmal
Vielleicht weil Menschen in Afrika plötzlich sterben?
Unwahrscheinlich. Denguefieber hat zwar eine relativ geringe Sterberate, aber von den 500.000 Menschen, die sich jährlich damit infizieren, sterben gleichwohl 20.000. Das sind deutlich mehr Todesfälle als durch den bisher schlimmsten Ausbruch von Ebola und nur ein Fünftel der Menschen, die jedes Jahr durch Masern sterben.
Und wenn man den Blick auf Erreger wie Pneumokokken oder den Rotavirus richtet - Auslöser der zwei tödlichsten Krankheiten im Kindesalter, Lungenentzündung und Durchfall - erreicht die Zahl der Opfer schnell mehrere Hunderttausend.
Es stimmt, dass Ebola hochgradig ansteckend ist, was Mitarbeiter im Gesundheitswesen verständlicherweise abschreckt.
Jedoch sind andere Krankheiten viel ansteckender, beispielsweise Masern (Tröpfcheninfektion) oder Hepatitis B, welches ähnlich wie HIV übertragen wird, aber 50-mal ansteckender ist.
Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass es keine Heilungsmöglichkeit gibt und 50-90% der Infizierten unweigerlich sterben werden.
Hier sei auf die Tollwut verwiesen, die - sobald sich Symptome zeigen - zu einem fast sicheren und schmerzhaften Tod führt, außer es wird umgehend nach der Ansteckung geimpft.
Und genau das ist der springende Punkt:
Auch wenn Ebola einen schmerzhaften und einsamen Tod bedeutet, gibt es andere Krankheiten, die mindestens ebenso furchtbar sind und die wir sowohl fürchten als aus respektieren sollten; Krankheiten, die in Westafrika und darüber hinaus Angst und Schrecken verbreiten und mehrere hunderttausend Menschen in den ärmsten Ländern der Welt das Leben kosten.
Wir haben das Glück, dass wir in den reichen Ländern dank moderner Medizin viele dieser Krankheiten behandeln oder sogar heilen können, und dank Impfungen ist das oft nicht einmal erforderlich.
Dieses Glück ist der Grund dafür, dass wir schlicht und einfach die Bedrohung vergessen haben, die von solchen Krankheiten ausgeht.
Es ist also eine völlig normale Reaktion, die viele Menschen momentan zeigen. Aus unserer relativ komfortablen und weitgehend krankheitsfreien Umgebung ist es beängstigend, wenn sich eine Krankheit wie Ebola plötzlich verbreitet und sich uns sogar nähert.
Die Aufmerksamkeit nutzen
Während Ebola eine ernsthafte Gefahr in Westafrika darstellt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass sich die Krankheit hier ausbreiten würde, sollte sie jemals Europa oder Nordamerika erreichen.
Das hat zwei Gründe: Erstens sind die hiesigen Überwachungsmaßnahmen sehr viel strikter und zweitens tötet das Ebola-Virus seinen Träger (oder setzt ihn zumindest außer Gefecht), bevor dieser es wirklich weiterverbreiten kann.
Das viel größere Problem, auch und gerade vor unserer Haustür, sind Krankheiten, die eigentlich schon besiegt waren und die jetzt wieder auftreten, wie Masern, Röteln und Keuchhusten.
Die Nachlässigkeit in Bezug auf Impfungen in der westlichen Welt ebnet diesen eigentlich ausgerotteten Krankheiten nicht nur den Weg zurück, sondern sorgt sogar mittlerweile dafür, dass wir sie auch in ärmere Länder exportieren.
Wieso sollten wir es hinnehmen, dass Menschen heutzutage an diesen eigentlich lange besiegten Krankheiten sterben, wenn wir sichere und effektive Impfstoffe dagegen haben? Und im selben Atemzug wird in den westlichen Ländern gefragt, wieso es keinen Ebola-Impfstoff gibt.
Schlussendlich ist es zu begrüßen, dass der Ebola-Ausbruch so viel mediale Aufmerksamkeit generiert hat. Zum einen kann es dazu beitragen, dass vielversprechende Behandlungsansätze und Impfstoffe weiterentwickelt werden, deren Entwicklung andernfalls nur zögerlich vorangeschritten wäre.
Zum anderen wird es helfen, die Notfallschutzplanung zu verbessern und dafür zu sorgen, dass derartige Krankheiten sich in Zukunft nicht so schnell und so weit ausbreiten.
Internationale Aufmerksamkeit
Für die Menschen in Westafrika, die derzeit versuchen, der Krankheit zu entkommen, wird das wenig tröstlich klingen.
Trotzdem kann es nur von Vorteil sein, wenn wir durch den Ebola-Ausbruch wieder bewusster mit Krankheitsrisiken umgehen, nicht nur in Bezug auf die hiesigen Impfraten.
Der Ausbruch erinnert uns zudem auch daran, dass Ebola keine Ausnahme, sondern eher der schreckliche Alltag ist - ein Alltag in dem tausende Männer, Frauen und Kinder an den unterschiedlichsten Krankheiten sterben. Vielleicht bewegt das die Welt dazu, mehr gegen diese Krankheiten und ihre Verbreitung zu tun.

Dr. Seth Berkley, Geschäftsführer der GAVI Alliance
Der Ausbruch von Ebola in Westafrika bestimmt die Schlagzeilen auf der ganzen Welt. Warum dominiert speziell Ebola die Berichterstattung und nicht eine andere tödliche Krankheit? Diese Frage stellt Dr. Seth Berkley, Geschäftsführer der Impfallianz GAVI.
Seine Antwort: Weil Menschen in den westlichen Ländern vergessen haben, was es bedeutet, mit unheilbaren Krankheiten konfrontiert zu sein.
Die ersten Symptome ähneln denen einer Grippe: Leichtes Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen.
Binnen weniger Tage wird es dann sehr viel ernster: Erbrechen und Durchfall gefolgt von Zahnfleisch- und Nasenbluten sowie Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt.
Todesursache ist entweder Organversagen oder extrem niedriger Blutdruck, der auf den enormen Flüssigkeitsverlust zurückzuführen ist.
Derlei angsteinflößende Schilderungen kursieren momentan in den Medien. Allerdings ist der hier beschriebene Krankheitsverlauf nicht der eines Ebola-Patienten, sondern eines Patienten mit Dengue-Schock-Syndrom (DDS), einer extremen Form des Denguefiebers. Denguefieber, eine durch Mücken übertragene Krankheit, schafft es jedoch selten in die Medien.
Ohne Frage ist Ebola eine furchtbare Krankheit, aber es gibt zahlreiche andere, die weit mehr Opfer fordern. Warum also macht Ebola Schlagzeilen und andere Krankheiten nicht?
Kein Alleinstellungsmerkmal
Vielleicht weil Menschen in Afrika plötzlich sterben?
Unwahrscheinlich. Denguefieber hat zwar eine relativ geringe Sterberate, aber von den 500.000 Menschen, die sich jährlich damit infizieren, sterben gleichwohl 20.000. Das sind deutlich mehr Todesfälle als durch den bisher schlimmsten Ausbruch von Ebola und nur ein Fünftel der Menschen, die jedes Jahr durch Masern sterben.
Und wenn man den Blick auf Erreger wie Pneumokokken oder den Rotavirus richtet - Auslöser der zwei tödlichsten Krankheiten im Kindesalter, Lungenentzündung und Durchfall - erreicht die Zahl der Opfer schnell mehrere Hunderttausend.
Es stimmt, dass Ebola hochgradig ansteckend ist, was Mitarbeiter im Gesundheitswesen verständlicherweise abschreckt.
Jedoch sind andere Krankheiten viel ansteckender, beispielsweise Masern (Tröpfcheninfektion) oder Hepatitis B, welches ähnlich wie HIV übertragen wird, aber 50-mal ansteckender ist.
Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass es keine Heilungsmöglichkeit gibt und 50-90% der Infizierten unweigerlich sterben werden.
Hier sei auf die Tollwut verwiesen, die - sobald sich Symptome zeigen - zu einem fast sicheren und schmerzhaften Tod führt, außer es wird umgehend nach der Ansteckung geimpft.
Und genau das ist der springende Punkt:
Auch wenn Ebola einen schmerzhaften und einsamen Tod bedeutet, gibt es andere Krankheiten, die mindestens ebenso furchtbar sind und die wir sowohl fürchten als aus respektieren sollten; Krankheiten, die in Westafrika und darüber hinaus Angst und Schrecken verbreiten und mehrere hunderttausend Menschen in den ärmsten Ländern der Welt das Leben kosten.
Wir haben das Glück, dass wir in den reichen Ländern dank moderner Medizin viele dieser Krankheiten behandeln oder sogar heilen können, und dank Impfungen ist das oft nicht einmal erforderlich.
Dieses Glück ist der Grund dafür, dass wir schlicht und einfach die Bedrohung vergessen haben, die von solchen Krankheiten ausgeht.
Es ist also eine völlig normale Reaktion, die viele Menschen momentan zeigen. Aus unserer relativ komfortablen und weitgehend krankheitsfreien Umgebung ist es beängstigend, wenn sich eine Krankheit wie Ebola plötzlich verbreitet und sich uns sogar nähert.
Die Aufmerksamkeit nutzen
Während Ebola eine ernsthafte Gefahr in Westafrika darstellt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass sich die Krankheit hier ausbreiten würde, sollte sie jemals Europa oder Nordamerika erreichen.
Das hat zwei Gründe: Erstens sind die hiesigen Überwachungsmaßnahmen sehr viel strikter und zweitens tötet das Ebola-Virus seinen Träger (oder setzt ihn zumindest außer Gefecht), bevor dieser es wirklich weiterverbreiten kann.
Das viel größere Problem, auch und gerade vor unserer Haustür, sind Krankheiten, die eigentlich schon besiegt waren und die jetzt wieder auftreten, wie Masern, Röteln und Keuchhusten.
Die Nachlässigkeit in Bezug auf Impfungen in der westlichen Welt ebnet diesen eigentlich ausgerotteten Krankheiten nicht nur den Weg zurück, sondern sorgt sogar mittlerweile dafür, dass wir sie auch in ärmere Länder exportieren.
Wieso sollten wir es hinnehmen, dass Menschen heutzutage an diesen eigentlich lange besiegten Krankheiten sterben, wenn wir sichere und effektive Impfstoffe dagegen haben? Und im selben Atemzug wird in den westlichen Ländern gefragt, wieso es keinen Ebola-Impfstoff gibt.
Schlussendlich ist es zu begrüßen, dass der Ebola-Ausbruch so viel mediale Aufmerksamkeit generiert hat. Zum einen kann es dazu beitragen, dass vielversprechende Behandlungsansätze und Impfstoffe weiterentwickelt werden, deren Entwicklung andernfalls nur zögerlich vorangeschritten wäre.
Zum anderen wird es helfen, die Notfallschutzplanung zu verbessern und dafür zu sorgen, dass derartige Krankheiten sich in Zukunft nicht so schnell und so weit ausbreiten.
Internationale Aufmerksamkeit
Für die Menschen in Westafrika, die derzeit versuchen, der Krankheit zu entkommen, wird das wenig tröstlich klingen.
Trotzdem kann es nur von Vorteil sein, wenn wir durch den Ebola-Ausbruch wieder bewusster mit Krankheitsrisiken umgehen, nicht nur in Bezug auf die hiesigen Impfraten.
Der Ausbruch erinnert uns zudem auch daran, dass Ebola keine Ausnahme, sondern eher der schreckliche Alltag ist - ein Alltag in dem tausende Männer, Frauen und Kinder an den unterschiedlichsten Krankheiten sterben. Vielleicht bewegt das die Welt dazu, mehr gegen diese Krankheiten und ihre Verbreitung zu tun.