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Banking ohne Banken - was versprechen die neuen Online Angebote und für wen sind sie geeignet?

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Die Europäische Zentralbank badet mittels historischer Niedrigzinsen die Banken in Liquidität, um sie zur Kreditvergabe zu animieren. Ob dieses Vorhaben der Währungshüter tatsächlich Früchte tragen wird, bleibt eher kritisch abzuwarten. Denn seit der Finanzkrise sind die Geldhäuser hauptsächlich mit sich selbst und der Ordnung der eigenen Bilanzen beschäftigt. Zu dem Nicht-Interesse der Banken an seinen Bedürfnissen stehen dem Kunden dazu noch verschärfte Regularien und eine stetig komplizierter werdende Banken-Bürokratie entgegen.

Das so entstandene Finanzvakuum hat die Branche mit dem größten Innovations- und Modernisierungstempo, die digitale Internetwirtschaft, für sich erkannt. Die Digitalisierung hat das Potenzial, den ganzen Finanzsektor zu revolutionieren - das Bankgeschäft steht am Scheideweg.

FinTech heißt das neue internationale Investitionsfeld, welches in den USA und Großbritannien seit knapp zwei Jahren die Investoren in Scharen anzieht und nun auch mit einiger Wucht nach Deutschland kommt. Denn die kritische Masse an potenziellen digitalen Finanz-Kunden scheint auch hierzulande erreicht. In Deutschland hat sich die Anzahl der Kunden, die ihre Finanzgeschäfte via Tablet und Smartphone abwickeln, seit 2011 fast vervierfacht.

Von den rund 11 Mrd. US-Dollar, die 2013 weltweit in FinTech-Firmen investiert wurden, sind deutsche FinTech Startups mit einem Anteil von 2 Prozent zwar noch recht klein im Vergleich zu Großbritannien (30 Prozent) und den USA (60 Prozent), aber der Markt nimmt jetzt auch hier enorm an Fahrt auf. Nach einer aktuellen Erhebung des FinTech Forums D-A-CH tummeln sich derzeit bereits mehr als 100 Startups mit Bezug auf Online Financing im deutschsprachigen Raum.

Diese Fintech-Startups lassen sich grob zwei Kategorien zuordnen: So genannte „Bankenhelfer" und „Bankenstürmer". Die Bankenhelfer versuchen mit neuen Lösungen, vor allem IT-gestützt, für traditionelle Banken den Anschluss an die digitale Welt wiederherzustellen.

Kritisch ist dabei allerdings: Bisher vergeben deutsche Großbanken, anders als in den USA, lieber einen Auftrag über 20 Mio. € an zum Beispiel IBM, als für 10 Mio. € ein Startup mit vergleichbarer Technologie zu kaufen. Immerhin hat sich vor diesem Hintergrund jüngst die Commerzbank entschlossen, mit dem „Main-Cubator" in Frankfurt ein neues Projekt zur Förderung junger Firmen im Finanztechnologiesektor tatsächlich zu realisieren.

Wesentlich interessanter als die Bankenhelfer sind - zumindest aus Sicht der in der Regel hochprofessionell agierenden Venture Capital Investoren aus USA und London - die Bankenstürmer, die eigene Business to Consumer (BtC) Angebote ohne Integration des Bankensektors schaffen. Hierzu zählen Konzepte wie Peer to Peer Lending, Big Data rating based Lending, und auch die Online Pfandleihe über das in Essen ansässige Portal ipfand.de.

In Deutschland geht es um ein Volumen von fast 60 Milliarden Euro - so hoch sind durchschnittlich die Erträge deutscher Banken im Privatkundengeschäft. Investitionen können sich also durchaus lohnen - allein in den letzten zwei Monaten haben deutsche Fintech-Startups, u.a. Auxmoney (Düsseldorf) und Kreditech (Hamburg), die Rekordsumme von rund 100 Mio. € an Venture Capital hauptsächlich von angelsächsischen Investoren erhalten. Finanziell können hier anscheinend nur die deutschen Samwer-Brüder (Berlin) mithalten, die selber mit den Plattformen Lendico (privat) und Zencap (business) an den Start gegangen sind.

Alle diese Angebote haben eines gemeinsam: Sie umgehen das klassische Bankensystem und bieten schnelles, unkompliziertes Geld und basieren auch wesentlich darauf, dass das Vertrauen in die Seriosität der Online Branche wächst.

Durch Käufe und Transaktionserfahrungen bei Branchenführern wie zum Beispiel Amazon lernen die Kunden eine Leistungsfähigkeit und Servicequalität zu schätzen, die es so „Offline" kaum gibt. Wenn dieses Vertrauen auch zukünftig Online Services im Finanzbereich gegeben wird, erwächst den traditionellen Banken eine sehr starke Konkurrenz.

Dass auch ganz traditionelle Finanzangebote den Sprung ins neue Zeitalter schaffen können, zeigt sich am Beispiel von ipfand.de. Das älteste Finanz-Geschäft der Welt erlebt in den Zeiten schwer zugänglicher Finanzierungsangebote der Banken eine echte Renaissance: Im Gegenzug zu überkomplizierter Bürokratie, Langsamkeit und totalem Offenlegungszwang von Schufa bis hin zu Kontenabfragen der Finanzämter, geht es beim Pfandgeschäft zurück zur Einfachheit ohne versteckte Verpflichtungen: Kreditvergabe innerhalb von 24 Stunden auf Basis vorhandener realer Sachwerte - einfach via Mausklick.

Dabei profitieren die Anbieter auch von einem mittlerweile hoch entwickelten E-Commerce-Environment zum Beispiel im Bereich der Logistik und der Existenz funktionierender digitaler Zweitmärkte auch für Luxusgüter.

Neu ist auch, dass über ein cleanes, seriöses Liquiditäts-Angebot mit bundesweit gleichem Servicelevel ganz neue Kundengruppen im mittleren und oberen Bereich angesprochen werden können. Denn auch „Reiche" können in die Lage kommen, einmal kurzfristig Geld zu benötigen. Das englische Pendant, das Portal borro.com, erhielt für die Umsetzung des Konzeptes „Pfandhaus für Reiche" im März 2014 weitere 120 Mio. US-Dollar.

Experten gehen bereits jetzt davon aus, dass in weniger als fünf Jahren das Gros der Kredite über Online Financing vergeben werden. Die sich rasant entwickelnde, vielschichtige Online Financing-Szene zeigt, wie hoch der Bedarf an innovativen Finanzierungslösungen mittlerweile ist. Nicht alle Angebote werden auf Dauer Bestand haben, aber der digitale Channel kann sich langfristig am Markt etablieren - die Prognose liegt bei bis zu 30 Prozent Marktanteil in den nächsten 10 Jahren.

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