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Männer, beteiligt Euch endlich!

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Warum wir die Debatte über Karriere, Familie und Beziehungen nicht allein den Frauen überlassen dürfen

Frauen sind in Diskussionen um Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Karrierefragen oder partnerschaftliche Beziehungen inzwischen fast unter sich. Einerseits ist es natürlich sehr erfreulich, dass Frauen hier voranschreiten. Doch wie sinnvoll ist eigentlich eine Debatte, an der 50 Prozent der Bevölkerung kaum teilnimmt? (Notwendige) gesellschaftliche, politische und kulturelle Veränderungen sind nur möglich, wenn sich Frauen und Männer gleichermaßen daran beteiligen.

Ein Mann, kein Wort

Ich persönlich wundere mich seit vielen Jahren. Da ist die Debatte um weibliche Führungskräfte (durch Quote oder ganz organisch) in vollem Gange, Themen wie Vereinbarkeit oder Work-Life-Balance werden auf höchster politischer und gesellschaftlicher Ebene diskutiert und junge, großartig ausgebildete Frauen strömen mit klaren Vorstellungen von beruflicher Zukunft und Karriere auf den Arbeitsmarkt. Und die Männer?

Die Männer tauchen ab. Schlimmer noch: Manche Exemplare ätzen und trollen in den Facebook-Kommentaren einschlägiger Frauenmagazine, dreschen digital wie analog Stammtisch-Parolen aus dem patriarchalen Pleistozän oder, und das ist bei weitem der häufigere Fall, enthalten sich jeglicher Äußerungen. Schweigen. Nicht nur im Walde, sondern auf ganzer Linie.

Dabei sind all die Themen, die derzeit fast ausschließlich Frauen (be)setzen, so überaus klar im Interesse von uns allen. Und genau hier läge auch einer der Schlüssel zum gesellschaftlichen Konsens: Die Geschlechter könnten über eine wiederentdeckte gemeinsame Argumentationsrichtung echten Wandel herbeiführen.

Es geht dabei nicht nur darum, dass Männer sich zu weiblichen Standpunkten äußern oder dass sie zu den unterschiedlichsten Vorschlägen Stellung beziehen. Es geht darum, dass Männer endlich darüber nachzudenken beginnen, wie sie sich eine ganz konkrete Zukunft im Spannungsfeld Individuum, Familie und Karriere vorstellen.

Neue Debatte oder neue Männer?

Aber wie bekommt man die Männer zurück in die Debatte und hinter eine (gemeinsame) Sache? Argumentativ sind sie den Frauen häufig unterlegen, nicht zuletzt auch durch ihren selbstverschuldeten zeitlichen Rückstand. Ihre Reaktion ist leider noch zu oft: Trotz. Aber da müssen wir jetzt eben durch. Schließlich war der Weg der Frauen in eben diesen Diskurs hinein ungleich steiniger als der, der nun vor uns engagierten und reflektierten Männern liegt.

Es braucht dazu neue Podien, neue (gemischte!) Netzwerke und vor allem eine neue Tonalität. Weder ist das bereits erwähnte hormongesteuerte Stammtisch-Blabla zielführend, noch bringen uns atmosphärische Fehlleistungen wie aus der Klischee gewordenen Siebzigerjahre-Männergruppe weiter. Ein Mann bleibt ein Mann, auch und gerade wenn er sich diesen Themen öffnet. Es schadet seiner Männlichkeit nicht, ganz im Gegenteil.

Betrachtet man die aktuelle Diskussion, könnte man jedoch den Eindruck gewinnen, nur Frauen sei es daran gelegen ihre beruflichen Ansprüche mit einem ausgeglichenen Familienleben überein zu bringen. Oder als wünschten sich nur Frauen Unternehmenskulturen, die sich durch Respekt für den Einzelnen, Flexibilität bei Arbeitszeitmodellen und eine gute Balance aus Fördern und Fordern auszeichnen. Aber all diese Themen müssen im Kern doch auch im Interesse der meisten Männer liegen.

Welche Themen sollten wir also schleunigst gemeinsam angehen? Nur einige Beispiele:

  • Seit einigen Jahren besteht die Möglichkeit Elternzeit zu nehmen. Nach wie vor wird man als Mann zwar dafür gelobt, wenn man davon ein oder zwei Monate für sich beansprucht; doch geht es darum sich hier tatsächlich gleichberechtigt - also zum Beispiel eineinhalb Jahre lang - einzubringen, erntet man spätestens im Gespräch mit dem Vorgesetzten fassungslose Blicke.


  • Männer auf Spielplätzen und in Mütter(!)cafés sind nach wie vor Exoten, und so werden sie z.T. auch behandelt. Männlichkeit sieht (noch) anders aus und hat viel zu oft (noch) mit der Wahrnehmung als Vollzeit arbeitender Hauptversorger zu tun.


  • In Unternehmen herrscht Vollzeit- und Präsenz-Wahn wie vor 100 Jahren. Arbeitsteilung, Produktionsfortschritte, Flexibilisierung durch Digitalisierung zum Trotz: In den allermeisten Branchen hat sich wenig bis nichts daran geändert: Leistung(sbeurteilung) bleibt abhängig von der investierten Zeit vor Ort.


  • Beförderungen in hierarchisch organisierten Unternehmensstrukturen erfolgen noch allzu oft nach den immer gleichen Regeln. Man muss zunächst einmal funktionieren, leisten und: im System arbeiten statt am System zu verbessern. Dann erst erfolgt der nächste Karriereschritt. Individuelle Modelle oder persönliche Ansprüche? Besser nicht, die Beurteilung könnte darunter leiden.


Es gibt noch zahlreiche andere Bereiche, aber diese Beispiele verdeutlichen bereits eines: Männer und Frauen können die drängenden Themen mittelfristig nur gemeinsam angehen. Die Frage lautet jetzt: Bekommt die Debatte die Unterstützung von uns Männern, damit wir gemeinsam diejenigen Rahmenbedingungen schaffen können, innerhalb derer wir alle zukünftig leben und arbeiten wollen? Es ist höchste Zeit, dass wir Männer uns beteiligen.


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