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So wird der Kapitalismus gut

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Ist der Kapitalismus jetzt eigentlich gut oder schlecht? Vor 25 Jahren schien die Frage ein für alle mal geklärt zu sein. Jedenfalls brach damals die große Alternative zum Kapitalismus mit der Sowjetunion und ihrer Interpretation des Sozialismus endgültig zusammen. Und auch die westliche Kritik am „System" im Allgemeinen verstummte mit einem Schlag.

Mittlerweile ist die Kritik am Kapitalismus längst wieder aufgeblüht. Dabei geht es nicht nur um Monopole oder Skandale. In den Feuilletons ist schon länger wieder ganz grundsätzliche Kritik am „System" zu lesen (was genau sie damit meinen, erklären die meisten Autoren sicherheitshalber nicht genau). Aktuell wird gerade wieder die Ungleichheit zwischen Armen und Reichen breit diskutiert. Schuld ist möglicherweise: der Kapitalismus.

Egal wie vage oder unrealistisch die Ideen sind: Die Menschen wollen die Vorstellung einer Alternative zum herrschenden „System" nicht aufgeben. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass viele noch nicht mitbekommen haben, wie viel positive Veränderung mittlerweile schon innerhalb unseres Systems möglich ist. Den Rahmen setzen dabei Demokratie, Rechtstaat und soziale Marktwirtschaft. Nehmen wir zum Beispiel die Sozialunternehmer: Sie nutzen die vorhandenen Möglichkeiten des Systems, um die Welt zu verbessern. Und irgendwie ist der Kapitalismus plötzlich richtig gut. Und zwar für alle.

Für die meisten dieser Sozialunternehmen geht es nicht darum, Gewinne um jeden Preis anzuhäufen, ihre Investoren reich zu machen oder immer neue Marktanteile zu erobern. Stattdessen benutzen sie ihr Geschäftsmodell und ihren Umsatz gezielt dazu, soziale Probleme zu bekämpfen. So macht es zum Beispiel das Unternehmen Soulbottles, das stilvolle Glasflaschen verkauft und mit ihnen dazu anregt, weniger aus umwelt- und gesundheitsschädlichen Plastikflaschen zu trinken. Ein Euro aus jeder verkauften Flasche geht dabei an gemeinnützige Projekte, die Menschen weltweit Zugang zu sauberem Trinkwasser verschaffen. So wird der Kapitalismus schon gleich viel wärmer.

Ein regelrecht geniales Geschäftsmodell hat auch der Frauenarzt Frank Hoffmann mit seinem Unternehmen Discovering Hands entwickelt. Er setzt blinde Frauen zur Früherkennung von Brustkrebs ein. Mit ihrem besonders ausgeprägten Tastsinn erkennen die Frauen Knoten in der Brust oft besser und früher als Gynäkologen selbst. So tragen sie dazu bei, Brustkrebs und damit die häufigste Todesursache für Frauen zu bekämpfen. Und gleichzeitig schafft das Unternehmen Arbeitsplätze für Frauen, für die der Weg ins Berufsleben sonst sehr schwierig ist.

Selbst als Aktiengesellschaft können Sozialunternehmen extrem sozial sein: So hat der Schwarzwälder Biobauer Christian Hiss mit seiner Regionalwert AG eine Aktiengesellschaft gegründet, die es interessierten Bürgern erlaubt, in sein Modell ökologischer Landwirtschaft zu investieren. So können Bürger ihr Geld in sinnvolle Geschäfte anlegen und erhalten eine ordentliche Rendite. Gleichzeitig stellen sie dem Landwirt Hiss mit ihrer Investition genügend Kapital zur Verfügung, damit der seine Vision von nachhaltiger Landwirtschaft umsetzen kann.

Mit unserem klassischen Kapitalismus-Bild inklusive Börse und Wertpapierhandel hat das alles wenig zu tun. Es ist sicher auch nicht das, woran die Kritiker denken, wenn sie das „System" ändern wollen. Wohl aber sind diese Beispiele durch die Möglichkeiten entstanden, die der Kapitalismus bietet. Zu nennen wären noch viele Tausend weitere.

Ein ganz wesentlicher Förderer von Sozialunternehmen dieser Art ist die Organisation Ashoka: Sie stattet vielversprechende Sozialunternehmer unter anderem mit Stipendien aus, damit diese genügend Zeit und Freiraum haben, um ihre Idee in die Tat umzusetzen und am Markt zu etablieren. Schließlich ist das Ziel des Social Entrepreneurship, dass sich gute Ideen selbst tragen und nicht von der Förderung Dritter abhängig sind.

In Deutschland ist Ashoka seit 2007 aktiv, international sogar bereits seit 1980. Seitdem hat die Organisation fast 3000 Fellows in über 70 Ländern gefördert. Ihre Beispiele zeigen, wie man den Kapitalismus nutzt, um die Gesellschaft ein Stück besser zu machen. Kritik am System verliert mit ihnen an Bedeutung. Der entscheidende Wandel passiert innerhalb des Systems.



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