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Was Publisher vom modernen Fußball lernen können - Teil 2

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Helmut Schön, der erste „Product Owner" des Weltfußballs

Trainer der alten Schule waren nicht nur Chefstrategen, Taktiker und Strippenzieher in Personalunion. Sie traten zur gleichen Zeit auch noch als Dirigenten, Einflüsterer, Motivatoren und Ansprechpartner für die Presse auf. Einer für alle und zugleich auch für alles. Als der Mauergriechen-EM-König Otto Rehhagel im Februar 2012 im reifen Alter von 73 Jahren das Traineramt bei der Berliner Hertha übernahm, verkündete er gleich in der ersten Pressekonferenz alle haben nun auf sein "Kommando" zu hören, denn er sei „das Gesetz" und ein "(demokratischer) Diktator", der "immer das letzte Wort" habe. Ich kann es kurz machen: Unter Rehhagels „Kommando" marschierte die Hertha postwendend in die zweite Liga.

Aus heutiger Sicht liegt das Problem des Fußballs vergangener Tage auf der Hand: Die Verantwortung lag auf den Schultern einer Person, die gar nicht aktiv am Geschehen beteiligt war. Und die Spieler verfolgten eine Taktik, die vorher fest abgesprochen war. Bei Umsetzungsproblemen konnte oft nur mühsam während des Spiels oder in der Pause auf den Gegner reagiert werden. Gelungene Kommunikation war eher Glückssache, und ein „Mannschaftskapitän" war folglich nicht mehr als ein Jobtitel. Eine wunderbare Parallele, die sich in dem letztes Jahr erschienenen Buch „Agiles Publishing" vertiefen lässt.

Dabei hatte es mit dem modernen Fußball eigentlich schon bei der WM 1974 angefangen. Während des Turniers begannen nämlich die mündigen und kreativen Spieler der deutschen Nationalmannschaft „ihr Spiel" plötzlich ohne Trainer zu organisieren. Die Beckenbauer zugeschriebenen Sätze..., sie hätten ‚sich selbst aufgestellt' und dazu ihres Trainers nicht bedurft, sprechen von diesem Sachverhalt. Nur sind sie zu Unrecht oft als Äußerungen gegen den damaligen Bundestrainer Helmut Schön ausgelegt worden. Schön sah vielmehr, dass seine Spieler Dinge machten, von denen die Trainer ihrer Vereine nicht einmal zu träumen wagten. Dass die Spieler weiter waren, als das allgemeine fußballerische Denken. Er ließ sie also machen, spielte nicht den autoritären Diktator. Seine größte Fähigkeit lag darin, die individuelle Beweglichkeit seiner Spieler - wo immer sie die her hatten - nicht zu bremsen.

Aus heutiger Sicht ist Helmut Schön nicht nur ein Weltmeister-Trainer, sondern vielleicht sogar der erste „Product-Owner" in der Geschichte des „agilen Fußballs". Die Einsicht von einem, das Spiel nur moderierenden Weltmeister-Trainer Schön wurde nach der Weltmeisterschaft 1974 leider zunächst einmal ausgeblendet. Und so dauerte es noch einmal ganze vier Jahre, bis die Geburtsstunde des agilen Fußballs tatsächlich schlug und der Argentinier César Luis Menotti als frischgebackener neuer Fußballweltmeister über „Ordnung und Abenteuer" und seine Auffassung einer Spielweise philosophieren konnte, die sich nicht nur am Sieg, sondern auch an Schönheit und Ästhetik orientierte.



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