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Billigfleisch gibt es nur mit Gentechnik im Tierfutter

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Eine 550 Gramm Packung Hähnchenbrustfilet kostet bei Aldi derzeit 3,49 Euro, ein ein Kilogramm Hähnchenschenkel sogar nur 2,99 Euro. Vor einigen Wochen senkte Aldi erst die Preise für Eier. Jetzt geht's mit den Fleischpreisen in den Keller. Der Konkurrent Lidl zickte ein bisschen herum, zog aber nach. Hier gibt es das ganze Hähnchen (1,2 kg) für schlappe 3,47 Euro.

Die Discounter haben damit eine neue Runde im Kampf um das billigste Fleisch eingeläutet. Zuvor hat die Geflügelindustrie angekündigt, wieder gentechnisch veränderte Futterpflanzen in den Trog von Huhn und Pute zu mischen. Der Zusammenhang ist offensichtlich: Gen-Futter ist billiger und das Futter macht beim Masthähnchen fast Dreiviertel der Erzeugerkosten aus.
Fragt man in den Zentralen der deutschen Supermarktketten nach, was es mit dem Gen-Soja auf sich hat, heißt es meistens: "Da können wir nichts machen, die deutsche Geflügelwirtschaft sagt, dass sie nicht genug gentechnikfreies Soja bekommen."

Aldi und Lidl verhalten sich verantwortungslos

Zack, so schnell gibt ein Teil des Einzelhandels die Verantwortung für seine Produkte auf. Die Handelsketten beugen sich der skrupellosen Geflügelbranche und machen das dreckige Spiel um das billigste Huhn mit. Dabei könnten sie jetzt langfristig dafür sorgen, dass gentechnikfreie Soja im Futter in allen Ställen wieder zum Standard wird und zugleich die Tiere besser gehalten werden.

Wenn die Geflügelindustrie in Zukunft sagt: "Ab jetzt gibt es nur noch Chlorhähnchen", dann macht der Handel das auch mit? Wahrscheinlich. Denn weder der hohe Einsatz von Antibiotika, überzüchtete Rassen, unzumutbare Stall-Neubauten noch schlechte Haltungsbedingungen haben den Großteil der deutschen Supermärkte bisher dazu bewogen, ihre Marktmacht zu nutzen und eine für Mensch, Tier und Umwelt verantwortungsvolle Produktionsweise nicht nur einzufordern, sondern festzulegen.

Fast jeder Supermarkt bietet im Sortiment sogenannte Eigenmarken an, mit denen er sich von der Konkurrenz unterscheidet. Der deutsche Geflügelmarkt wird von einigen wenigen Großkonzernen und Schlachthofbetreibern bestimmt. Die PHW-Gruppe mit der Marke Wiesenhof und die Rothkötter-Gruppe dominieren dabei fast kartellartig die Branche und sind die Haus-Lieferanten für die Eigenmarken der Supermärkte. Der deutsche Lebensmittelhandel gehört auch zu den größten Lebensmittelherstellern des Landes und bestimmt die Produktionsbedingungen. Wer gentechnikfrei gefüttertes Geflügel will, bekommt dies auch - wie die letzten 14 Jahren bewiesen haben.

Es geht um den Preis - gentechnikfreie Futtermittel sind möglich

Gentechnikfreies Soja ist in ausreichender Menge vorhanden. Der brasilianischen Verband der Produzenten gentechnikfreier Soja (ABRANGE) sagt dazu: "Die brasilianischen Landwirte produzieren im Vergleich zur Vorsaison zehn Prozent mehr konventionelle Soja. Für den größten sojaproduzierenden Bundesstaat Mato Grosso liegen die Ernteprognosen sogar bei einer Steigerung von 50 Prozent."

Die Diskussion über die Verfügbarkeit von gentechnikfreier Soja ist vorgeschoben. Es geht um den Preis. Nur drei bis acht Cent mehr pro Hähnchen kostet es, auf gentechnisch veränderte Soja in der Fütterung zu verzichten.

Doch was macht die gentechnikfreie Soja eigentlich teurer? Der Anbau von Gentechnik! Denn um die Trennung der herkömmlichen Soja von der Gen-Soja gewährleisten zu können, müssen Tests vom Acker bis zum Futtermittel durchgeführt werden. Getreidelager, Mühlen und Transportmittel müssen gereinigt werden. Die Gentechnik-Industrie zahlt das nicht. Weder die Mehrkosten noch die Umweltschäden.

Der Anbau von Gen-Soja verursacht massive ökologische Probleme. Das Erbgut von Gen-Soja ist so verändert, dass sie das Pflanzenvernichtungsmittel "Round up" überlebt. Der Einsatz dieses Totalherbizid mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat ist seit dem Anbau von Gen-Soja rasant angestiegen. Jährlich steigt der Einsatz auf den Gentechnikfeldern in den USA, Argentinien und Brasilien um zehn Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Soja-Feldern. Nach zwei bis drei Jahren werden auch oft Wildpflanzen resistent gegen dieses Gift. Landwirte bekämpfen diese neuen "Super-Unkräuter" deshalb mit immer mehr und immer schädlicheren Spritzmitteln wie zum Beispiel 2,4 D, das im Vietnamkrieg Bestandteil des Entlaubungsmittels Agent Orange war.

Der Anbau von Gen-Soja mag für uns weit weg sein, aber die Lebensmittel- und Futtermittelhersteller sowie die Fleisch-, Eier- und Milchproduzenten tragen für die gesundheitlichen und ökologischen Folgen die Verantwortung, wenn sie weiterhin auf billige Futtermittel setzen und mit Gentechnik produzieren.

Lücke in der Kennzeichnung schließen

75 Prozent der deutschen Verbraucher wollen, dass Produkte mit dem Label "Ohne Gentechnik" gekennzeichnet werden. Die Zahlen stammen aus einer aktuellen Umfrage, die vom Bundesministerium für Landwirtschaft im Januar 2014 veröffentlicht wurde. Den Großteil des deutschen Lebensmitteleinzelhandels interessiert die Meinung der Verbraucher nicht. Der Handel hat sich bisher geweigert, seine eigenen Marken mit dem Logo zu bewerben.

Eier, Fleisch und Milch müssen nach wie vor nicht gekennzeichnet werden, wenn Gen-Pflanzen im Tierfutter landen. Damit der Verbraucher dennoch erkennen kann, wer bei konventionell erzeugten Produkten auf Gen-Futter verzichtet, gibt es das Siegel "Ohne Gentechnik". Viele Markenhersteller wie Landliebe oder Zott verwenden diese Kennzeichnung für ihre Milchprodukte.

Die Supermärkte könnten die bestehende Lücke bei der Kennzeichnung ganz einfach schließen. Entweder sie machen deutlich, wo sie bereits auf Gentechnik im Tierfutter verzichten und benutzen das Siegel "Ohne Gentechnik". Oder sie kennzeichnen endlich freiwillig, wo riskante Gen-Pflanzen in der Produktion verwendet werden. Nur dann hat der Verbraucher die Wahl.


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