„Überall referieren die Beratergockel vor dem besorgten Publikum und geben Anweisungen zum Umdenken. Sie laufen mit so hoch erhobenem Kopf durch die Gegend, als hätte jeder von ihnen den Club of Rome gegründet", kritisiert der Philosoph Peter Sloterdijk in seinem Notiz-Buch „Zeilen und Tage" (2012) Consultants und ihr Geschäft, das vor allem in den 90er Jahren boomte. Mit der schwindenden Bedeutung namhafter Beratungshäuser in den Folgejahren ist auch ein Absturz in den Rankings der beliebtesten Arbeitgeber verbunden: Boston Consulting, Roland Berger und Bain liegen inzwischen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.
Wie konnte es dazu kommen? Und weshalb werden heute vor allem kleinere und spezialisierte Beratungen von potentiellen Bewerbern vorgezogen? Weil die einstige „Elite" kaputt ist? Das Wort „Elite" tauchte im 18. Jahrhundert durch Übernahme eines entsprechenden französischen Militärterminus im Deutschen auf. Der lateinische Agrarschriftsteller Columella verbindet mit „eligere" das Entfernen von Steinen und Unkraut aus dem Acker. Nach der Auslese blieb das „Gute" übrig. Wollte sich die moderne „Elite" die Finger nicht schmutzig machen und nur selbst glänzen?
Benedikt Herles hat einen Schadensbericht über deutsche Chefetagen geschrieben. Sein erster Job als „High Potential" bei einem internationalen Consultant war für ihn eine herbe Enttäuschung, die er in seinem Buch „Die kaputte Elite" verarbeitete. Auch wenn seine Aussagen nicht immer differenziert sind, so ist sein Buch dennoch ein wichtiger und lesenswerter Beitrag, sich mit dem Wandel im Beratergeschäft im Zeitalter der Digital Natives zu beschäftigen. Denn hier zeigt sich, was ein nachhaltiges Kerngeschäft ausmacht, und dass es sich lohnt, von einer anderen Wirtschaft zu träumen: „Effizienz und Kostenmanagement allein machen nämlich noch lange keine überdurchschnittlich profitablen Firmen. Nicht wenige Vorstände und Strategieberater verwenden all ihre Energie lediglich darauf, Prozesse zu optimieren, statt systematisch auf Neues zu setzen. Langfristig gutgehen kann das nicht."
Denn wenig Geduld ist mit einem Maximum an kurzfristigem Erfolg verbunden. Dass hier grundlegend etwas falsch läuft, haben bereits vor der aktuellen Elitediskussion Business-Experten wie Hermann Scherer erkannt. In seinem Buch „Schatzfinder: Warum manche das Leben ihrer Träume suchen - und andere es längst leben" (2013) kritisiert er nämlich, dass junge Menschen, die eigentlich zu Problemlösern unserer Gesellschaft ausgebildet werden sollten, nur vermittelt bekommen, wie man angelt - nicht aber, wie eine Angel gebaut wird: „Und die Regeln, an denen entlanggelehrt wird, sind auch noch veraltet. Selbst die künftige Elite der Wirtschaft lernt immer nur die Vergangenheit kennen, nicht die Prinzipien, mit denen sie die Zukunft gestalten könnte."
Mit Benedikt Herles verbindet ihn mehr als nur diese Systemkritik. Beide haben das „Big Picture" vor Augen, das große Ganze, das sie nur sehen können, weil sie interdisziplinäre Grenzen überschreiten und den verengten Blick der Spezialisten meiden. Philipp Otto nennt diese Alternative zum Tunnelblick „digitalen Optimismus", den es braucht, um Probleme zu lösen - erst dann wird auch wirkliche Relevanz sichtbar. Unter dem Stichwort „Agile Softwareentwicklung" findet sich in Wikipedia die Eintragung: „Je mehr Du nach Plan arbeitest, umso mehr bekommst Du das, was Du geplant hast, aber nicht das, was Du brauchst."
Im Gegensatz zu vielen großen Top-Beratungen, deren Portfolio austauschbar geworden ist, stehen viele kleine und mittlere auf einem solideren Fundament, weil sie Nischen bedienen, sich spezialisiert und sich auf den Trend zu einem sinnerfülltem und ortsunabhängigen Arbeiten rechtzeitig eingestellt haben. Wer sich in solchen Unternehmen bewirbt, trifft auf keinen Vorgesetzten mehr, der Anweisungen gibt, sondern auf einen „Chef", der Teamplayer ist und Rahmenbedingungen für alle schafft, die ihre Chancen im Leben nutzen möchten. Dazu gehört es auch, früher Verantwortung zu übernehmen als ihre Vorgänger, die sich nur über Hierarchie- und Funktionsebenen „hocharbeiten" konnten. Vernetzungen haben eine solche Struktur ersetzt - Höhenunterschiede werden dadurch aufgelöst, und die Entscheidungswege sind kürzer. Damit verbunden ist auch das „neue Cool": Bodenständigkeit statt Glamour.
Ein Beispiel, das stellvertretend für viele andere und den Charme eines kleinen Unternehmens steht, ist Consileon in Karlsruhe. Gründer und geschäftsführender Geschäftsführer ist seit 2001 Dr. Joachim Schü. Er verantwortet die Weiterentwicklung und Internationalisierung des Beratungshauses, engagiert sich aber auch stark im operativen Geschäft. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Ausrichtung der IT des Klienten an dessen Unternehmensstrategie. Von 1996 bis 1999 war er in der deutschen Niederlassung einer amerikanischen Consultingfirma als Strategieberater tätig, danach bis 2001 bei einem börsennotierten Systemintegrator als Führungskraft. Er machte wie viele die Erfahrung, dass in der Strategieberatung „bereits die Behandlung des eigenen Personals den Prinzipien einer nachhaltigen Unternehmensführung zuwider läuft": überlange Arbeitszeiten, die noch immer gängige Up-or-Out-Politik. Allerdings verweist er auch darauf, dass zunehmend immer weniger Menschen bereit sind, jede Woche neunzig Stunden in eine vermeintlich attraktive Karriere zu investieren.
Das bestätigen auch aktuelle Publikationen zur Generation Y. So schreibt Ronald Hanisch in „Das Ende des Projektmanagements. Wie die Digital Natives die Führung übernehmen und Unternehmen verändern" (2013): „Wenn wir nicht mehr zuerst auf die Uhr schauen, um produktiv zu werden, sondern auf die Dynamik unserer psychischen und physischen Prozesse (Stichworte Eigenzeit, Rhythmus), hat unsere Kreativität sehr viel größere Chancen, sich zu zeigen und zu entfalten."
Das Ideal eines Unternehmens, das auch Eigenzeiten berücksichtigt, hat Joachim Schü bereits verwirklicht. Das lässt sich jedoch weniger an Kennzahlen oder anderen harten Fakten festmachen. „Bereits in den ersten Jahren nach unserer Gründung habe ich die Vision einer nachhaltigen Managementberatung formuliert - ohne mich näher mit dem Nachhaltigkeitsbegriff befasst und ohne ihn explizit verwendet zu haben", sagt er. An die weltweit einsetzbaren Beraterteams, mit denen einige Häuser werben, glaubt er nicht: „Auf dem Papier liest sich das nett, doch in der Praxis entscheidet nicht die einheitliche Methodik über den Projekterfolg, sondern die interkulturelle Empathie. Man braucht daher in erster Linie Mitarbeiter mit hohem EQ."
Er betont auch den deutlich höheren Anteil an weiblichen Beratern, die eine bessere Empathie in Projekten gewährleisten würden. Im Beirat des Unternehmens ist u. a. Petra Roth, bis Juli 2012 Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main. In dieser Funktion und als Präsidentin des Deutschen Städtetags hatte sie sich über die Grenzen Frankfurts hinaus für das Nachhaltigkeitsthema stark gemacht und setzt dies hier fort. Es lasse sich nicht verordnen, sondern müsse mit Herz und Verstand vorgelebt werden, so ihre Devise.
Aus der Zusammenarbeit mit externen Investoren hat Joachim Schü zu Beginn seines Berufslebens viel gelernt. Vor allem die positiven Aspekte dieser Erfahrung haben seinen Führungsstil mitgeprägt. Doch solange es allein um die kurzfristige Rendite einer Investition geht, besteht kaum eine Chance, eine langfristige und damit nachhaltige Strategie zu entwickeln: „Insbesondere als Consultant muss ich mir die Freiheit erhalten, meine Klienten auch dann in der Sache richtig zu beraten, wenn ich selbst nicht unbedingt davon profitiere. Leider haben die meisten Investoren ausschließlich den schnellen Ertrag im Blick."
Umsatz, Wachstum, Rendite. Seine Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen. Für ihn stand und steht allerdings immer der Mensch im Vordergrund. Er ist davon überzeugt, dass sich gerade deshalb bei Consileon auch ein materieller Erfolg eingestellt hat. Auf Zukunftsthemen wie Gesundheit oder Mobilität muss sich die Beratungsbranche neu einstellen. Wie Hermann Scherer und Benedikt Herles ist er der Meinung, dass sich die klassische Ausrichtung an Branchen und betrieblichen Funktionen überholen wird: „Als Consultants müssen wir die geforderte Interdisziplinarität vorleben. Dazu gehört Raum für unterschiedliche Talente. Über das Standing eines Beraters darf nicht allein die Qualität seiner Präsentationsfolien entscheiden."
Das ist einer der Hauptkritikpunkte von Herles, der als Digital Native auch für seine Generation spricht: Als innovativ empfand er die „Technokraten-Manager" nur bei der Gestaltung ihrer PowerPoint-Folien, die es aber nicht braucht, um Kunden zu begeistern. Kleine Beispiele dazu liefert auch Hermann Scherer in „Schatzfinder" - etwa, wenn er IBM-Chef Gerstner zitiert: „Wir müssen uns in Meetings unterhalten, statt Charts zu präsentieren."
Eine erfolgreiche Unternehmensstrategie ist für Joachim Schü per se nachhaltig, denn Strategien sind langfristige Pläne: „Lange bevor Nachhaltigkeit zum Schlagwort wurde, haben vor allem mittelständische, inhabergeführte Firmen solche Strategien verfolgt. Erst mit der Fixierung auf den Shareholder-Value wurde unternehmerisches Handeln kurzatmig und insofern weniger strategisch."
Der Unternehmenswert ist für ihn nicht allein am Geschäftsergebnis messbar, sondern auch an den ökonomischen, ökologischen und sozialen Langzeiteffekten des Geschäftsmodells sowie an der Adäquanz des Risikomanagements. Parallel dazu betont er, dass immer mehr Führungskräfte feststellen, dass die klassischen Strategien zur Ertragssicherung weitgehend ausgereizt sind. „Auch im Werben um die besten Mitarbeiter und externen Partner werden Firmen, deren Kerngeschäft als wenig nachhaltig gilt, das Nachsehen haben."
Dietmar Hopp und Hasso Plattner, die Gründerväter von SAP, haben für ihn Vorbildcharakter, weil für sie niemals das „Margen-Denken" im Vordergrund stand, sondern der Werterhalt des Unternehmens und das, was es stark gemacht hat: Kundenorientierung, faire Mitarbeiterbehandlung, Innovationsfreudigkeit und das Big Picture, das sie mit dem Google-Mitbegründer Larry Page verbindet, dem es darum geht, die Welt zu verändern.
Gemeinsam ist allen, die eine entbürokratisierte und innovative Unternehmenskultur teilen, dass sie selten öffentlich auftreten und dennoch ständig präsent sind durch ihre Ideen, die sie nicht durch kleine Schritte verwirklichen, sondern durch die Größe ihres Denkens. Geschichten wie diese erzeugen bei allen das positive Gefühl der Selbstwirksamkeit, das sich immer dann einstellt, wenn etwas in Bewegung gebracht wurde. Glatte Erfolgs- und Karrieregeschichten, wie sie vielfach von traditionellen Beratungsunternehmen geschrieben werden, sind so wenig interessant wie solche, deren Ende von Beginn an feststeht. Deshalb sind die Geschichten der Andersmacher besonders spannend, weil sie von der Zukunft her geschrieben sind und von der Überzeugung ausgehen, dass mit einem ausgeprägten Möglichkeitssinn alles erreicht werden kann.
Wie konnte es dazu kommen? Und weshalb werden heute vor allem kleinere und spezialisierte Beratungen von potentiellen Bewerbern vorgezogen? Weil die einstige „Elite" kaputt ist? Das Wort „Elite" tauchte im 18. Jahrhundert durch Übernahme eines entsprechenden französischen Militärterminus im Deutschen auf. Der lateinische Agrarschriftsteller Columella verbindet mit „eligere" das Entfernen von Steinen und Unkraut aus dem Acker. Nach der Auslese blieb das „Gute" übrig. Wollte sich die moderne „Elite" die Finger nicht schmutzig machen und nur selbst glänzen?
Benedikt Herles hat einen Schadensbericht über deutsche Chefetagen geschrieben. Sein erster Job als „High Potential" bei einem internationalen Consultant war für ihn eine herbe Enttäuschung, die er in seinem Buch „Die kaputte Elite" verarbeitete. Auch wenn seine Aussagen nicht immer differenziert sind, so ist sein Buch dennoch ein wichtiger und lesenswerter Beitrag, sich mit dem Wandel im Beratergeschäft im Zeitalter der Digital Natives zu beschäftigen. Denn hier zeigt sich, was ein nachhaltiges Kerngeschäft ausmacht, und dass es sich lohnt, von einer anderen Wirtschaft zu träumen: „Effizienz und Kostenmanagement allein machen nämlich noch lange keine überdurchschnittlich profitablen Firmen. Nicht wenige Vorstände und Strategieberater verwenden all ihre Energie lediglich darauf, Prozesse zu optimieren, statt systematisch auf Neues zu setzen. Langfristig gutgehen kann das nicht."
Denn wenig Geduld ist mit einem Maximum an kurzfristigem Erfolg verbunden. Dass hier grundlegend etwas falsch läuft, haben bereits vor der aktuellen Elitediskussion Business-Experten wie Hermann Scherer erkannt. In seinem Buch „Schatzfinder: Warum manche das Leben ihrer Träume suchen - und andere es längst leben" (2013) kritisiert er nämlich, dass junge Menschen, die eigentlich zu Problemlösern unserer Gesellschaft ausgebildet werden sollten, nur vermittelt bekommen, wie man angelt - nicht aber, wie eine Angel gebaut wird: „Und die Regeln, an denen entlanggelehrt wird, sind auch noch veraltet. Selbst die künftige Elite der Wirtschaft lernt immer nur die Vergangenheit kennen, nicht die Prinzipien, mit denen sie die Zukunft gestalten könnte."
Mit Benedikt Herles verbindet ihn mehr als nur diese Systemkritik. Beide haben das „Big Picture" vor Augen, das große Ganze, das sie nur sehen können, weil sie interdisziplinäre Grenzen überschreiten und den verengten Blick der Spezialisten meiden. Philipp Otto nennt diese Alternative zum Tunnelblick „digitalen Optimismus", den es braucht, um Probleme zu lösen - erst dann wird auch wirkliche Relevanz sichtbar. Unter dem Stichwort „Agile Softwareentwicklung" findet sich in Wikipedia die Eintragung: „Je mehr Du nach Plan arbeitest, umso mehr bekommst Du das, was Du geplant hast, aber nicht das, was Du brauchst."
Im Gegensatz zu vielen großen Top-Beratungen, deren Portfolio austauschbar geworden ist, stehen viele kleine und mittlere auf einem solideren Fundament, weil sie Nischen bedienen, sich spezialisiert und sich auf den Trend zu einem sinnerfülltem und ortsunabhängigen Arbeiten rechtzeitig eingestellt haben. Wer sich in solchen Unternehmen bewirbt, trifft auf keinen Vorgesetzten mehr, der Anweisungen gibt, sondern auf einen „Chef", der Teamplayer ist und Rahmenbedingungen für alle schafft, die ihre Chancen im Leben nutzen möchten. Dazu gehört es auch, früher Verantwortung zu übernehmen als ihre Vorgänger, die sich nur über Hierarchie- und Funktionsebenen „hocharbeiten" konnten. Vernetzungen haben eine solche Struktur ersetzt - Höhenunterschiede werden dadurch aufgelöst, und die Entscheidungswege sind kürzer. Damit verbunden ist auch das „neue Cool": Bodenständigkeit statt Glamour.
Ein Beispiel, das stellvertretend für viele andere und den Charme eines kleinen Unternehmens steht, ist Consileon in Karlsruhe. Gründer und geschäftsführender Geschäftsführer ist seit 2001 Dr. Joachim Schü. Er verantwortet die Weiterentwicklung und Internationalisierung des Beratungshauses, engagiert sich aber auch stark im operativen Geschäft. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Ausrichtung der IT des Klienten an dessen Unternehmensstrategie. Von 1996 bis 1999 war er in der deutschen Niederlassung einer amerikanischen Consultingfirma als Strategieberater tätig, danach bis 2001 bei einem börsennotierten Systemintegrator als Führungskraft. Er machte wie viele die Erfahrung, dass in der Strategieberatung „bereits die Behandlung des eigenen Personals den Prinzipien einer nachhaltigen Unternehmensführung zuwider läuft": überlange Arbeitszeiten, die noch immer gängige Up-or-Out-Politik. Allerdings verweist er auch darauf, dass zunehmend immer weniger Menschen bereit sind, jede Woche neunzig Stunden in eine vermeintlich attraktive Karriere zu investieren.
Das bestätigen auch aktuelle Publikationen zur Generation Y. So schreibt Ronald Hanisch in „Das Ende des Projektmanagements. Wie die Digital Natives die Führung übernehmen und Unternehmen verändern" (2013): „Wenn wir nicht mehr zuerst auf die Uhr schauen, um produktiv zu werden, sondern auf die Dynamik unserer psychischen und physischen Prozesse (Stichworte Eigenzeit, Rhythmus), hat unsere Kreativität sehr viel größere Chancen, sich zu zeigen und zu entfalten."
Das Ideal eines Unternehmens, das auch Eigenzeiten berücksichtigt, hat Joachim Schü bereits verwirklicht. Das lässt sich jedoch weniger an Kennzahlen oder anderen harten Fakten festmachen. „Bereits in den ersten Jahren nach unserer Gründung habe ich die Vision einer nachhaltigen Managementberatung formuliert - ohne mich näher mit dem Nachhaltigkeitsbegriff befasst und ohne ihn explizit verwendet zu haben", sagt er. An die weltweit einsetzbaren Beraterteams, mit denen einige Häuser werben, glaubt er nicht: „Auf dem Papier liest sich das nett, doch in der Praxis entscheidet nicht die einheitliche Methodik über den Projekterfolg, sondern die interkulturelle Empathie. Man braucht daher in erster Linie Mitarbeiter mit hohem EQ."
Er betont auch den deutlich höheren Anteil an weiblichen Beratern, die eine bessere Empathie in Projekten gewährleisten würden. Im Beirat des Unternehmens ist u. a. Petra Roth, bis Juli 2012 Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main. In dieser Funktion und als Präsidentin des Deutschen Städtetags hatte sie sich über die Grenzen Frankfurts hinaus für das Nachhaltigkeitsthema stark gemacht und setzt dies hier fort. Es lasse sich nicht verordnen, sondern müsse mit Herz und Verstand vorgelebt werden, so ihre Devise.
Aus der Zusammenarbeit mit externen Investoren hat Joachim Schü zu Beginn seines Berufslebens viel gelernt. Vor allem die positiven Aspekte dieser Erfahrung haben seinen Führungsstil mitgeprägt. Doch solange es allein um die kurzfristige Rendite einer Investition geht, besteht kaum eine Chance, eine langfristige und damit nachhaltige Strategie zu entwickeln: „Insbesondere als Consultant muss ich mir die Freiheit erhalten, meine Klienten auch dann in der Sache richtig zu beraten, wenn ich selbst nicht unbedingt davon profitiere. Leider haben die meisten Investoren ausschließlich den schnellen Ertrag im Blick."
Umsatz, Wachstum, Rendite. Seine Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen. Für ihn stand und steht allerdings immer der Mensch im Vordergrund. Er ist davon überzeugt, dass sich gerade deshalb bei Consileon auch ein materieller Erfolg eingestellt hat. Auf Zukunftsthemen wie Gesundheit oder Mobilität muss sich die Beratungsbranche neu einstellen. Wie Hermann Scherer und Benedikt Herles ist er der Meinung, dass sich die klassische Ausrichtung an Branchen und betrieblichen Funktionen überholen wird: „Als Consultants müssen wir die geforderte Interdisziplinarität vorleben. Dazu gehört Raum für unterschiedliche Talente. Über das Standing eines Beraters darf nicht allein die Qualität seiner Präsentationsfolien entscheiden."
Das ist einer der Hauptkritikpunkte von Herles, der als Digital Native auch für seine Generation spricht: Als innovativ empfand er die „Technokraten-Manager" nur bei der Gestaltung ihrer PowerPoint-Folien, die es aber nicht braucht, um Kunden zu begeistern. Kleine Beispiele dazu liefert auch Hermann Scherer in „Schatzfinder" - etwa, wenn er IBM-Chef Gerstner zitiert: „Wir müssen uns in Meetings unterhalten, statt Charts zu präsentieren."
Eine erfolgreiche Unternehmensstrategie ist für Joachim Schü per se nachhaltig, denn Strategien sind langfristige Pläne: „Lange bevor Nachhaltigkeit zum Schlagwort wurde, haben vor allem mittelständische, inhabergeführte Firmen solche Strategien verfolgt. Erst mit der Fixierung auf den Shareholder-Value wurde unternehmerisches Handeln kurzatmig und insofern weniger strategisch."
Der Unternehmenswert ist für ihn nicht allein am Geschäftsergebnis messbar, sondern auch an den ökonomischen, ökologischen und sozialen Langzeiteffekten des Geschäftsmodells sowie an der Adäquanz des Risikomanagements. Parallel dazu betont er, dass immer mehr Führungskräfte feststellen, dass die klassischen Strategien zur Ertragssicherung weitgehend ausgereizt sind. „Auch im Werben um die besten Mitarbeiter und externen Partner werden Firmen, deren Kerngeschäft als wenig nachhaltig gilt, das Nachsehen haben."
Dietmar Hopp und Hasso Plattner, die Gründerväter von SAP, haben für ihn Vorbildcharakter, weil für sie niemals das „Margen-Denken" im Vordergrund stand, sondern der Werterhalt des Unternehmens und das, was es stark gemacht hat: Kundenorientierung, faire Mitarbeiterbehandlung, Innovationsfreudigkeit und das Big Picture, das sie mit dem Google-Mitbegründer Larry Page verbindet, dem es darum geht, die Welt zu verändern.
Gemeinsam ist allen, die eine entbürokratisierte und innovative Unternehmenskultur teilen, dass sie selten öffentlich auftreten und dennoch ständig präsent sind durch ihre Ideen, die sie nicht durch kleine Schritte verwirklichen, sondern durch die Größe ihres Denkens. Geschichten wie diese erzeugen bei allen das positive Gefühl der Selbstwirksamkeit, das sich immer dann einstellt, wenn etwas in Bewegung gebracht wurde. Glatte Erfolgs- und Karrieregeschichten, wie sie vielfach von traditionellen Beratungsunternehmen geschrieben werden, sind so wenig interessant wie solche, deren Ende von Beginn an feststeht. Deshalb sind die Geschichten der Andersmacher besonders spannend, weil sie von der Zukunft her geschrieben sind und von der Überzeugung ausgehen, dass mit einem ausgeprägten Möglichkeitssinn alles erreicht werden kann.